nun andre geküßt, vermocht' er nimmer, den Eingang
zur Schlangenhöhle wiederzufinden, und es soll dieses
auch nach ihm keinem wieder geglückt sein.
28. Herzog Bernhard hält sein Wort
Im Dreißigjährigen Kriege kämpfte der Sachsenherzog
Bernhard von Weimar in den Gefilden des Oberrheins.
Da belagerte er das Städtchen Neuenburg,
zwischen Basel und Breisach gelegen, das noch gut
kaiserlich war und sich tapfer hielt. Der langen Belagerung
und des hartnäckigen Widerstandes der Neuenburger
äußerst müde, erzürnte sich der Sachsenherzog
und verschwur sich hoch und teuer bei Himmel
und Hölle: Komme ich in das Nest hinein, so soll
weder Hund noch Katze mit dem Leben davonkommen.
– Bald darauf mußten sich die tapfern Neuenburger,
da sie die Belagerung nicht länger aushalten
konnten, dennoch ergeben, und die Soldateska wollte
schon ihr Mütlein im Blute der Bürgerschaft kühlen
und alles ermorden. Da gereute dem Herzog sein vermessener
Eid und des vielen edeln auch zum Teil unschuldigen
Blutes, das hier vergossen werden sollte,
und er sprach: Nur was ich schwur, wird gehalten,
und nicht mehr und minder. Schont nicht Hunde, nicht
Katzen, aber bei Leib und Leben gebiet' ich, daß der
Menschen geschont werde. – Und also geschah es.
Herzog Bernhard, der große Kriegesheld, hatte auch
Breisach belagert und erobert, Freiburg eingenommen
und bei Rheinfelden das Heer der Kaiserlichen ge-
schlagen. Große Hoffnungen baute auf ihn das deutsche
Volk, auch das im Elsaß, und jubelte ihm zu und
begrüßte ihn überall als einen Retter, wie als einen
Schirmvogt gegen das treulose Nachbarland. Aber er
sprach ahnungsvoll: Ich werde des großen Schwedenkönigs
Gustav Adolf Schicksal teilen – sobald das
Volk ihn mehr ehrte als Gott, mußte er sterben. – Und
ein Jahr nach Neuenburgs Einnahme starb er alldort,
wo er menschlich gewaltet, der allgemeinen Sage
nach an Gift, und die Zeichen dieser Tat deuteten alle
nach Frankreich hinüber.
29. Vom treuen Eckart
Alte deutsche Heldenlieder singen und sagen vom
treuen Eckart, dessen Gedächtnis blieb lange bei den
Deutschen wegen seiner Ehrbarkeit und Frömmigkeit.
Er war ein Held und Herzog im alten Breisgau und
Herr im Elsaß, vom Geschlecht der Harlunge, und
war Vormund und Pfleger zweier jungen Harlungen,
welche die Bruderssöhne Kaiser Ermenrichs waren
und Vettern des berühmten Dietrich von Bern. Der
Eckart übte allezeit Treue und war schon dem Vater
der Harlunge ein treuer Ratgeber gewesen; Kaiser Ermenrich
aber hatte einen Ratgeber, der hieß Siebich,
von dem sollen alle ungetreuen Räte in die Welt gekommen
sein. Dieser verleitete den Kaiser zu bösen
Taten. Und Ermenrich erschlug die jungen Harlunge,
Eckart aber rächte sie, indem er mit anderer Helden
Hülfe den Ermenrich wieder erwürgte und um dieser
Tat willen hoch gepriesen ward. Die Harlunge hatten
einen reichen Schatz, der ward in einen Berg verzaubert,
das ist der Bürglenberg bei Breisach, und diesen
Harlungenhort hat hernachmals der Geist des treuen
Eckart gar sorgsam gehütet und jeden gewarnt, der
ihn für sich erheben wollte, denn er sollte dereinst
wieder an den rechten Erben fallen und diesen zu
einem mächtigen Herrn des Landes machen. Darum
sei im Volke das Sprüchwort entstanden: Du bist der
treue Eckart, du warnest jedermann. Ob aber das derselbe
treue Eckart sein soll, der im Thüringerlande
vor des Hörseelberges Höhle sitzt und vor dem wütenden
Heere warnend wandelt, bleibt in dem Dunkel
der alten Sagen geheimnisvoll verhüllt.
30. Der Zähringer Ursprung
Es geschah, daß ein König vertrieben war vom Reich
und entflohn mit Weib und Kindern und seinem Gesinde,
setzte sich mit ihnen auf einen Berg, richteten
sich kümmerlich ein und lebten in Armut und Kümmernis
eine gute Zeit. Endlich ließ der König ausrufen
im Lande umher, wer da wäre, der ihm Hülfe tun
wolle, sein Reich wiederzuerlangen, der solle sein,
des Kaisers, Tochtermann und zu einem Herzog gemacht
werden. Nun lebte hinter dem Berge Zähring
ein Köhler, der brannte Kohlen im Walddickicht, und
da begab es sich, daß er einstmals, als er die Meilerstätte
räumte, einen schweren Klumpen geschmolzenen
Metalles fand, und das war gutes Silber. Und als
der Köhler wiederum kohlte, geschah es wieder ebenso,
und immerfort, und war, als ob der Berg das Metall
aus sich gebäre, und gewann der Köhler einen
großen Schatz. Da er nun vernahm, was der vertriebene
König ausrufen ließ, so nahm er eine Last seines
Silbers und trat vor jenen und sprach, er wolle sein
Sohn werden, seine Tochter freien und mit seinem
Schatz ringsumher das Land sich zum Eigen erwerben,
auch ihm, dem König, so viel seines Schatzes
geben, daß er sein ganzes Reich wiedergewinnen
könne. Des war der vertriebene König sehr froh,
schlug den Köhler zum Ritter, gab ihm seine Tochter
zum Ehegemahl. Und der Köhler ließ nun das Silber
schmelzen, erbaute Zähringen, die Burg und den Ort,
und erwarb alles Land umher, und der König machte
ihn zu einem Herzog von Zähringen. Der König hat
hernachmals mit seines Eidams Gut all sein Land und
Volk wiedergewonnen, ist wieder ein mächtiger Herr
und Kaiser geworden, und der Ort und Berg, wo er
hingeflüchtet war und seinen Sitz allda genommen,
heißt noch bis auf den heutigen Tag der Kaiserstuhl.