Albert de Menier - Exposition Universelle Die Gotteskinder von Paris. Benjamin Klunzinger Karl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benjamin Klunzinger Karl
Издательство: Bookwire
Серия: Albert de Menier
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738064827
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verstaue bitte das Handgepäck, ich werde den Fensterplatz nehmen.“ „Sehr wohl Fräulein Schubert“, antwortet diese. Ein Glück sitzt auch der Pastor mit im Abteil, da dieser weiter zu reden beginnt, hat der verlegene Kommissar Zeit sich zu sammeln. Der Pastor stellt dem jungen Fräulein auch solche Fragen die Albert de Menier interessieren. Es würde sich nicht geziemen, wenn er das junge Fräulein selbst ausfragen würde, aber ein Mann Gottes darf so etwas.

      „Darf ich fragen, wo eine junge Dame wie Sie und ihre Begleitung hinwollen?“ fragt der Pastor. „Nun, mein Vater stellt auf der Ausstellung in Paris aus und ich nehme die Gelegenheit wahr übermorgen an der großen Eröffnungsfeier teilzunehmen. Das ist eines der größten Ereignisse des neuen Jahrhunderts. Da kommt bestimmt auch der französische Präsident Loubet und alle anderen wichtigen Persönlichkeiten, die in Frankreich Rang und Namen haben.“ „Präsident Loubet? Ich finde es eigenartig, dass ein gewählter Präsident ein Land regiert.“ stellt Albert de Menier fest. „Wieso? Finden Sie?“ wundert sich Pastor Koch. „Nun ja, ein König hat es schließlich von klein auf gelernt und weiß was zu tun ist. In Frankreich oder den USA könnte sogar ein Schuhputzer das Land regieren, ich bezweifle, dass dies gut gehen kann. Wenn Sie ein paar Schuhe kaufen wollen, gehen Sie schließlich nicht zum Metzger, man geht zum Fachmann.“ Pastor Koch schaut Albert de Menier erstaunt an und erwidert: „Ich finde dieses demokratische System eigentlich sehr einfallsreich, wenn man die Geschichte betrachtet, hat sich leider nicht jeder König oder Kaiser bewährt, man siehe nur Nero der das alte Rom niederbrannte. Wenn sich ein Präsident als unfähig erweist, wird er in der nächsten Wahl nicht mehr gewählt. Wenn ein König Misswirtschaft treibt, bleibt nur ein Aufstand und dann rollen Köpfe, das hat man damals bei der großen Revolution in Frankreich gesehen.“ „Schon klar, aber wie entscheiden Sie, wer bei der Wahl zum Präsidenten der richtige ist, sie kennen die Kandidaten nicht persönlich...“

      Während dieser Diskussion, aus der sich Fräulein Schubert und ihre Zofe Sophie heraushalten, ertönt ein schriller Pfiff und man hört, wie die Türen geschlossen werden. Das ist preußische Pünktlichkeit, genau um 13:25 Uhr setzt sich der Zug mit kurzem rütteln in Bewegung und man hört bei geöffnetem Fenster das schnauben des Dampfrosses, welches sich abmüht den ganzen Tross hinter sich herzuziehen. Die Reisenden schließen noch schnell das Fenster, da sonst der ganze Qualm ins Abteil strömt.

      Der Zug fährt zwischen den Fassaden der großen Mietshäuser Berlins hindurch, ab und zu befindet sich ein karges Gelände zwischen den Gebäuden, auf denen Anwohner ihr Gemüse anbauen. In der Entfernung sieht man den Rauch der Fabriken emporsteigen, wobei auch der Rauch des Zuges durch den Fahrtwind am Fenster des Abteils vorüber geweht wird. Da merken die Reisenden erst, wie schnell doch der Zug ist, das müssen immerhin 50 bis 60 km/h sein, damit dürften sie die Großstadt bald hinter sich haben.

      Nachdem die Reise nun begonnen hat, versucht Albert die junge hübsche Dame in das vorherige Gespräch mit einzubeziehen. „Wie denken Sie darüber Fräulein Schubert? Könnten Sie mit einem Präsidenten als Oberhaupt leben?“ „Ich denke, ich könnte auch einen Präsidenten akzeptieren. Bisher kenne ich noch keinen Präsidenten, nur unseren Kaiser. Allerdings muss ich sagen, unser Kaiser ist ein toller Mann, von der Kaiserin kaum zu schweigen. Sie verstehen es Feste zu feiern, außerdem ist unser Kaiser immer so elegant gekleidet. Ob der französische Präsident auch so eine Ausstrahlung hat, werde ich hoffentlich bald erfahren.“ „Waren Sie etwa auch schon mal bei Hofe in Berlin?“ „Aber natürlich, das ist ein Muss! Ich habe kaum einen Ball im Stadtschloss ausgelassen und kann es kaum erwarten, wenn der nächste ansteht. Ich bin dort mittlerweile ein alter Hase.

      Vor 4 Jahren bei meiner Einführung am Hofe, war alles noch so ungewohnt und neu. Ich weiß noch, als wäre es gestern gewesen. Ach, war das ein Spaß! Ich bekam dafür extra ein neues Kleid geschneidert und konnte es kaum erwarten das Ballkleid anzuprobieren. Ich war fast täglich beim Schneider, um nachzuschauen wie weit es schon ist. Als ich es schließlich das erste Mal trug, war ich hin und weg. Das schwierigste war, dann noch die richtigen Accessoires zu finden, die Schuhe, den Fächer und nicht zu vergessen den richtigen Schmuck. Wenn man bei Hofe eingeführt wird, muss man einen perfekten Eindruck hinterlassen, kaum auszudenken, wenn man da etwas Peinliches macht. In der Nacht davor konnte ich kein Auge schließen. Die Fahrt zum Stadtschloss schien eine Ewigkeit zu dauern und die Kutschen stauten sich. Als endlich meine Kutsche an der Reihe war und ich ausstieg, nahm ich den Duft des Schlosses wahr, ein ganz spezielles Parfum, das nur für das Schloss kreiert wurde. Man riecht es beim Betreten des Berliner Stadtschlosses. Wenn ich meine Augen schließe, kann ich den Geruch immer noch wahrnehmen. Am Eingang wurde man schließlich den anwesenden Persönlichkeiten vorgestellt und schon hier musste man aufpassen, sich keinen Fauxpas zu leisten. Herren und Damen warteten ungeduldig, dass es endlich losging. Ha! Und das Beste war, dass diese dumme Gans - Konstanze von Trapnitz - sich übergeben musste. Sie hatte ihr Korsett anscheinend zu eng geschnürt. Das kommt davon, wenn man die anderen immer übertreffen muss. Sie wäre wohl am liebsten im Erdboden verschwunden. Das geschieht ihr aber auch recht, sie denkt immer, sie wäre etwas Besseres und versucht mich jedes Mal zu übertreffen. Kaum habe ich ein schönes Kleid gefunden, kommt sie mit einem das 3-mal so teuer war, oder ich unterhalte mich auf einem Ball mit einem netten jungen Mann, kommt sie und erzählt Unsinn über mich und zieht sein Interesse auf sich. Ich könnte Sie manchmal erwürgen! Wenigstens war der Abend für sie dann gelaufen.“ Nachdem sich Isabell wieder beruhigt hat, erzählt sie weiter. „Aber egal, ich behielt natürlich meine Fassung, selbst als es dann losging und man den Kammerherrn mit seinem großen Stab auf den Boden klopfen hörte. Das Klopfen auf den Boden ließ meinen Herzschlag in die Höhe eilen, gleich werde ich dem Kaiser gegenüberstehen, denn das war nun das Zeichen, dass das Kaiserpaar eingetroffen war. Es breitete sich eine Stille aus, nicht einen Ton konnte man hören. Zuerst kamen die höheren Damen an die Reihe. Sie betraten nacheinander den Saal und wurden durch den Hofmeister erst der Kaiserin mit Namen vorgestellt, dabei mussten diese mit ihrem „Kompliment“- einer tiefen Verbeugung - ihren Respekt bezeugen. Ich habe das Kompliment tagelang geübt, kaum vorzustellen, wenn man aus dem Gleichgewicht gekommen und vor dem Kaiser und der Kaiserin gestürzt wäre, man hätte sich im Schloss nie wieder blicken lassen können. Nach dem Kompliment vor der Kaiserin folgte natürlich auch das vor dem Kaiser – dieser war wieder toll gekleidet, von so einem stattlichen Mann träumt jede Frau. Ich kam schließlich am Ende dran. Es war einfach wundervoll, diese Aura, die das Kaiserpaar ausstrahlte, ich bin immer noch begeistert, wenn ich nur daran denke. Als der Cours vorüber war, verschwand das Kaiserpaar wieder schnell und man konnte sich bei einem aufgebauten Buffet stärken und sich mit den anderen austauschen. Ich schwebte eine ganze Woche auf Wolke Sieben. Es war der schönste Tag in meinem Leben.“

      „Ein Buffet?“ unterbricht Pastor Koch das junge Fräulein, „Was gab es denn Leckeres am Buffet? Ich wette am Hofe gibt es nur gute Sachen.“

      „Sie sind wohl Experte, was gutes Essen betrifft?“ fragt Albert den Pastor mit leicht ironischem Unterton. „Nicht nur gutes Essen, einem guten Wein kann ich auch nicht widerstehen. Ach wie habe ich das alles auf meinen Reisen vermisst, aber der liebe Gott prüft uns ständig. Es gab Zeiten, da habe ich mich nur von Reis und Bohnen ernährt. Wie habe ich da von gebratenen Hühnchen, ein bisschen Schinken oder gar Austern geträumt. Austern! Haben Sie schon mal Austern gegessen? Also das müssen Sie mal probieren. Sie müssen frisches Rindermark mit gehacktem Fasanenfleisch und Gänseleber vermischen. Dann mit grünem Pfeffer und Meeressalz würzen, anschließend noch frischgehobelte piemonter Trüffel und kleingeschnittene englische Austern beifügen. Diese Masse füllt man dann in Taschen aus Nudelteig und lässt sie in heißem Wasser garen, dazu serviert man eine leichte Steinpilzsoße. Ein Gedicht sage ich ihnen.“ Der Kommissar versucht es sich vorzustellen, allerdings würde ihm so ein Mahl einen Monatslohn kosten. „Wie können Sie sich als Pastor so ein teures Essen leisten?“ fragt er den Mann Gottes.

      „Der liebe Gott hat es bisher ganz gut mit mir gemeint, ein guter Freund und Gönner, der jetzt in Paris lebt, hat sich meiner angenommen. Er ist ebenfalls ein Gourmet. Wenn ich bei ihm vorbeischaue, teilt er die Gaumenfreuden mit mir. Mein Förderer ist derjenige, der es mir auch ermöglicht hat, die Welt zu bereisen und die armen Ungläubigen zu bekehren. Er ist ein großer Wohltäter, wäre er nicht reich, wäre er wahrscheinlich Pastor wie ich geworden, aber so kann er mit seinem Geld