Eben jene Lippen, von denen sie noch genau wusste, wie sie sich anfühlten. Ein Mund, dessen Geschmack sich bis in die hinterste Ecke ihres Verstandes geschlichen hatte.
So gern würde sie ihn jetzt küssen. Dabei würde es bestimmt nicht bleiben, aber genau das war es ja, was sie wollte.
Aber er? Was wollte Brandon von ihr? In Momenten wie diesen könnte sie schwören, dass er genauso scharf auf sie war wie sie auf ihn.
Also eine 20 auf einer Skala von 1 bis 10. Wenn sie sich sicher wäre, dass er das Gleiche wollte, würde sie ihm hier und jetzt die Kleider vom Leib reißen und sich nehmen, was sie brauchte.
Aber sicher war sie sich einfach nicht. Jedes Mal, wenn sie sich körperlich näher gekommen waren, hatte er eine 180 Grad Wende hingelegt und Abstand zwischen sie gebracht. Was also sollte sie von diesem Mann halten?
"Kommst du mit auf den Markt, Al?", riss Sky sie aus ihren Gedanken.
Verwirrt blinzelnd löste sie ihren Blick aus Brandons. Maya und Sky standen am Ende des Lagers und schienen bereits abmarschbereit.
Maya diskutierte mit Shane darüber, ob Benson sie begleiten sollte oder nicht. Alexa verstand Mayas Argument, dass Carry dann auch mitgehen würde und sie auf diese Gesellschaft verzichten konnte, nur allzu gut.
Wenn sie schon erstaunt darüber war, dass Ty und Nina so gut zusammen passten, so schien die Freundschaft zwischen Nina und Carry wie aus einem anderen Universum.
Alexa nickte zustimmend. Ein wenig Abstand würde ihr gut tun. Langsam löste sie sich aus Brans Griff, dessen Gesichtsausdruck irgendwie missbilligend wirkte.
Sie ignorierte ihn. Sie war im Moment so sehr mit ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen beschäftigt, dass sie absolut keine Zeit hatte, sich mit seinen zu befassen.
Mit wackligen Knien ging sie zu Sky hinüber.
"Kompromiss!", rief Jack aus dem Versorgungszelt. "Ich gehe als Aufpasser mit!"
Shanes Gesichtsausdruck war ein wenig zweifelnd. Aber schließlich nickte er. Zu viert machten sie sich auf den Weg zum Marktplatz, auf dem die Händler ihre Waren anboten.
Jack legte ihr wie so oft einen Arm um die Schultern.
"Seit wann ist Shane eigentlich so übervorsichtig?", fragte Alexa, nachdem sie außer Hörweite des Lagers waren.
"Das bleibt aber noch unter uns, ja?", sagte Maya, atmete einmal tief durch und fuhr dann fort: "Ich bin schwanger!"
Das Quieken, das aus Skys Mund kam, war definitiv im ganzen Lager zu hören, so sehr schien sie sich zu freuen.
Für Alexa? Scheiße, was für eine grauenvolle Vorstellung! Es war für Alexa unverständlich, wie man sich über so eine Karrierebremse freuen konnte. Mit vor Grauen verzogenem Gesicht wandte sie sich Jack zu ... der genau den selben Gesichtsausdruck trug.
Als Jack und ihr Blick sich trafen, fingen beide zu grinsen an, weil sie wieder einmal die gleichen Gedanken hatten. Maya und Sky schnatterten bereits aufgeregt. Dann drehte Maya sich mit erwartungsvollem Blick zu ihr.
"Glückwunsch?", fragte Jack und Alexa lächelte einfach nur unsicher in der Hoffnung, eine angemessene Reaktion zu zeigen. Maya verdrehte theatralisch die Augen.
"Bei Menschen wie euch ist es ein Wunder, dass sich die menschliche Rasse überhaupt noch fortpflanzt!", sagte Maya dann, ehe sie sich zurück an Sky wandte.
"Ich will es noch nicht an die große Glocke hängen. Es ist erst die siebte Woche und wer weiß, was noch alles passiert", plapperte sie aufgeregt weiter.
Lächelnd zuckten Alexa und ihr bester Freund die Schultern. Dann liefen sie alle gemeinsam weiter zum Markt.
BRANDON
Es passte ihm überhaupt nicht, dass seine Traumfrau ihn schon wieder alleingelassen hatte. Und es passte ihm vor allem noch viel weniger, dass sie Arm in Arm mit Jack davon spaziert war.
Waren die beiden etwa doch mehr als nur gute Freunde?
"Alles klar, Bran?", sprach Ryan ihn an, während er sich neben ihn auf den Strohballen fallen ließ. Auf den Platz, auf dem Alexa bis gerade eben noch gesessen hatte. Wo sie noch sitzen sollte, würde es nach ihm gehen.
"Mhm", antwortete er, immer noch in Gedanken.
"Du machst dir umsonst Gedanken. Da läuft nichts", fuhr er fort. Das brachte Bran zum Lächeln. Ryan war ein guter Freund, obwohl Bran so viel Stress mit Shane gehabt hatte und Ryan und Shane beste Freunde waren.
"Danke", antwortete er und schenkte Ryan ein ehrliches Lächeln.
"Shane, was ist los, Bro'", fragte Jason, weil Shane beinahe ununterbrochen auf den Wall starrte.
"Ich sag euch jetzt was, aber wehe, Maya erfährt, dass ich es euch gesagt habe! Sie bringt mich um! Sie behauptet eh schon immer, ich sei ein Klatschweib!"
"Jetzt sag schon endlich!", drängelte Mat, der sich vor lauter Neugier schon weiter nach vorn gelehnt hatte.
"Sie ist schwanger!", sagte er im Verschwörerton.
"Wer?", fragte Dave, der gerade erst dazu gestoßen war. Irgendwie hatte er einen Riecher für Geheimnisse, denn er tauchte stets auf, wenn jemand etwas enthüllte.
"Maya", flüsterte Shane.
"Oh Gott, das ist mein Todesurteil!", rief Carry von einer Liege ziemlich weit hinten im Lager. Diese Frau hatte Ohren wie ein Luchs!
"Von wem?", fragte Jason und kassierte dafür einen Schlag auf seinen Hinterkopf.
"Von mir natürlich, du Idiot!", blaffte Shane.
"Warum ist es dann ein Geheimnis?", fragte Jason ehrlich verwirrt zurück und rieb sich dabei die schmerzende Stelle.
"Was weiß ich, irgend so ein Aberglauben-Ding. Wie auch immer. Passt mir gut auf sie auf! Und sagt es ihr ja nicht!", antwortete Shane eindringlich.
Die Runde nickte ernst, nur Carry brummte irgendetwas hinter Darios Hand, die er grinsend auf ihren Mund presste.
Wieder einmal beneidete Bran seinen Freund. Wie konnte ein Playboy wie Shane es nur vor ihm zu einer Familie bringen? Der Stachel saß aber nicht mehr ganz so tief, nachdem seine Traumfrau in greifbarer Nähe und vor allem ungebunden war.
Gemeinsam schlenderten sie dann ebenfalls zum Markplatz. In nicht ganz einer Stunde würden sie sowieso auftreten und Shane war deutlich anzusehen, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als endlich wieder bei seiner Frau zu sein.
Sie trafen die kleine Gruppe kurz vor dem Bühnenbereich.
"Na, wart ihr fleißig shoppen?", fragte Ryan und zog Sky in seine Arme.
Bran freute sich auf den Tag, an dem er das mit Alexa genauso selbstverständlich tun konnte. Momentan fühlte er sich noch ein wenig unsicher. Er wollte sie nicht überfordern oder verschrecken. Also lächelte er sie nur an und bekam zum Dank eines dieser wunderschönen Lächeln zurück.
Er gesellte sich zu ihr und versuchte angestrengt, Jack zu ignorieren. Es klappte ganz gut, solange dieser die Klappe hielt und nicht gerade Brans Traumfrau betatschte. Kurzerhand verwickelte Bran sie in ein Gespräch über die Pois, mit denen man das Jonglieren trainieren konnte.
"So kann ich die Tricks erst einmal ohne Feuer üben und wer weiß, vielleicht stehle ich euch im nächsten Jahr die Show?", schloss sie lachend, als sie an den Tischen ankamen.
"Das glaub ich gern. So fit wie du bist, kannst du dann bei uns einsteigen", antwortete Bran lachend, obwohl ihm der Gedanke, dass Alexa auch mit dem Feuer spielen könnte, überhaupt nicht gefiel.
Dass es nicht immer so harmlos war, wie seine Freunde es sich gern vorgaukelten, sah man an Chris Verletzungen.
Seit