Das Collier der Lady Ira. Mara Laue. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mara Laue
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Edinburgh-Krimi mit Glen Kincaide
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783948483500
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war immer sehr zufrieden; zumindest soweit ich weiß. Falls mal jemand unzufrieden war, habe ich das nicht mitbekommen.«

      »Wie es aussieht, wurde im Geschäft nichts gestohlen, obwohl dort eine Menge Wertsachen quasi auf dem Präsentierteller liegen«, sagte Durie. »Können Sie sich vorstellen, wer außer dem Ehemann ein Motiv haben könnte, Ihre Chefin zu töten?«

      Fiona Gall schüttelte den Kopf. »Niemanden.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wir haben auch nicht so besonders viel miteinander geredet. Ich war vorn im Laden und sie die meiste Zeit in der Werkstatt. Ab und zu saßen wir beim Tee zusammen, wenn wir Pause gemacht haben. Und da haben wir dann ein bisschen geplaudert. Aber Mrs Harrington hat außer ihrem Mann nie jemanden erwähnt, mit dem sie Ärger hatte. Aber das will ja nichts heißen.«

      In der Tat. Persönliche Probleme, sofern sie einem nicht auf der Seele brannten, besprach man nicht mit Angestellten.

      »Noch mal zurück zu dem Termin mit Mr MacDonald«, bat Durie. »Sie sind sich wirklich sicher, dass Sie den eingetragen haben?«

      »Ja.« Fiona Gall nickte nachdrücklich. »Hundertprozentig. Ich habe den Eintrag noch am Donnerstagmorgen gesehen, als ich für nächsten Mittwoch einen Beratungstermin für ein Brautpaar eingetragen habe.« Sie schlug sich die Hand vor den Mund. »Oh Gott, ich muss alle Termine absagen. Das habe ich total vergessen.«

      »Könnte es einen Grund geben, warum Mrs Harrington ihn vielleicht gelöscht hat?«, hakte Durie nach.

      Kopfschütteln. »Das hat sie nie getan. Außer wenn ein Termin abgesagt wurde. Schließlich ist der Terminkalender auch ein Nachweis ihrer Arbeit. Manchmal hat sie nicht nach dem Wert des Endprodukts abgerechnet, sondern nach Stundenhonorar für die tatsächlich geleistete Arbeit. Sie hat ihn am Jahresende immer ausgedruckt und in den Ordner mit den Jahresabschlüssen geheftet.«

      »Wann haben Sie am Donnerstag Feierabend gemacht?«, wollte Morven wissen.

      »Um sieben. Ich musste noch etwas besorgen. Und um die Zeit, noch dazu am Donnerstagabend, war sowieso selten noch was los.«

      Morven und Durie sahen einander an.

      »Wann gehen Sie gewöhnlich?«

      »Um acht oder kurz danach, je nachdem, ob es noch was aufzuräumen gibt.«

      Offenbar hatte der geheimnisvolle Mr MacDonald bewusst den späten Abholtermin gewählt, weil er dann sicher sein konnte, dass Gwyn Harrington allein im Laden war. Möglicherweise hatte er den Laden beobachtet und gesehen, dass Fiona Gall schon früher gegangen war und er freie Bahn hatte. In dem Fall hätte er zwischen dem Mord und dem Eintreffen von Ken Harrington noch genug Zeit gehabt, um nicht nur zu verschwinden und vorher die Überwachungsvideos zu löschen, sondern auch die Tatwaffe unauffindbar verschwinden zu lassen.

      Morven beugte sich leicht vor. »Hat Mrs Harrington zufällig erwähnt, ob Sie diesen John MacDonald persönlich kennt? Also, ob sie ihn schon kannte, bevor er ihr den Auftrag erteilte.«

      Fiona Gall schüttelte den Kopf. »Nein. Aber – ausgeschlossen ist das natürlich nicht.«

      »Kennt jemand außer Ihnen und Ihrer Chefin die Passwörter zum Computer, dem Sicherheitssystem, dem Safe?«

      Erneutes Kopfschütteln. »Niemand. Und Mrs Harrington hat sie meines Wissens auch nie aufgeschrieben und ich ebenfalls nicht.« Sie blickte Morven und Durie abwechselnd an. »Was wird denn nun mit dem Geschäft?«

      »Das muss am Ende Mr Harrington entscheiden«, antwortete Morven. »Er ist, falls seine Frau keine näheren erbberechtigten Verwandten hat, der Erbe. Im Moment ist das Geschäft sowieso noch ein Tatort. Also können Sie davon ausgehen, dass Sie bis auf Weiteres Urlaub haben. Und sicherlich wäre es nicht verkehrt, wenn Sie sich vorsorglich nach einem neuen Job umsehen.«

      Fiona Gall nickte. »Das ist wohl das Beste.«

      »Eine letzte Frage«, sagte Durie. »Wissen Sie noch, wann Mr MacDonald das Schmuckstück bestellt hat?«

      Kurzes Nachdenken. »Vor ungefähr sechs Wochen. Wenn ich mich recht erinnere, war das etwa Mitte Februar.« Erneutes Nachdenken. »Um den zehnten herum, glaube ich, aber bestimmt nicht später als den fünfzehnten.« Sie nickte. »Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, aber es muss wirklich ein besonderes Stück gewesen sein, denn ich glaube, schon am nächsten Tag hat Mrs Harrington fast nur noch in der Werkstatt zugebracht und Steine geschliffen.« Sie verzog das Gesicht. »Obwohl die schallgedämmt ist, hört man dieses jaulende Geräusch, das wie der Bohrer beim Zahnarzt klingt. Und nach dem Auftrag von Mr MacDonald lief das Ding fast den ganzen Tag. Also denke ich, dass sie da ausschließlich an seinem Auftrag gearbeitet hat.«

      Morven reichte ihr eine Visitenkarte. »Falls Ihnen noch etwas einfällt, auch wenn es Ihnen unwichtig erscheinen sollte, melden Sie sich bitte. Und bestimmt haben wir später noch die eine und andere Frage. Außerdem brauchen wir den Code für den Safe. Vielleicht befindet sich etwas darin, was uns einen Hinweis gibt.«

      Fiona Gall zögerte, nahm dann einen Zettel und notierte vier Zahlenreihen. »Der Erste ist für den Safe, der Zweite für den Tresor, der Dritte für den Computer und der Letzte für die Alarmanlage. Falls Sie den brauchen.«

      »Vielen Dank, Ms Gall.«

      Morven und Durie verabschiedeten sich und verließen Fiona Galls Wohnung.

      »Also hat es den geheimnisvollen Kunden tatsächlich gegeben«, resümierte Durie auf dem Weg zu ihrem Dienstwagen. »Hat er den Termin gelöscht?«

      Morven schüttelte den Kopf. »Dann müsste er das Passwort für den Computer kennen.«

      Durie schüttelte ebenfalls den Kopf. »Als wir am Tatort ankamen, war der Computer noch eingeschaltet; zwar im Stromsparmodus, aber eingeschaltet. Wenn Mrs Harrington ihn noch gar nicht ausgeschaltet hatte, wäre es für ihn kein Problem gewesen, den Termin zu löschen. Und seine Akte gleich mit.«

      »Scheiße«, murmelte Morven. »Wir sollten unbedingt nachsehen.«

      Auf dem Weg zurück ins Präsidium betete sie inständig, dass wirklich nur der Termin gelöscht worden war.

      ***

      Die »Hexe« warf Morven und Durie nur einen kurzen Blick zu, als sie deren Allerheiligstes betraten. Aber der sprach Bände und signalisierte die deutliche Warnung, sie bloß nicht zu stören.

      »Tut mir leid, Ally, aber wir können auf dein Bedürfnis nach Ungestörtheit keine Rücksicht nehmen«, antwortete Morven auf die stumme Botschaft.

      Allison Brady grunzte nur und ließ ihre Finger weiter über die Tastatur tanzen in einer Geschwindigkeit, dass Morven sich nicht zum ersten Mal fragte, wie sie überhaupt die richtigen Tasten treffen konnte, ohne ihre Finger zu verheddern. Nicht nur diese atemberaubende Geschwindigkeit im Tippen war für Allys Spitznamen verantwortlich. Sie war eine Hexenmeisterin am Computer und steckte nahezu alle Kolleginnen und Kollegen in ganz Schottland, wahrscheinlich sogar des ganzen Königreichs und etliche ausländische Koryphäen, in die Tasche.

      »Was immer ihr wollt, die Antwort ist Nein«, beschied sie den beiden.

      »Wie schade«, meinte Morven scheinheilig. »Ich wollte dich zum Essen einladen.«

      »Nein«, beharrte Ally, zwinkerte ihr zu, und beide lachten.

      Sie waren seit ihrer gemeinsamen Zeit auf dem Po­lice College befreundet. Vorübergehend hatten sich ihre Wege nach dem Abschluss getrennt, weil Ally eine Spezialausbildung zum Computercrack absolviert hatte, aber seit ein paar Jahren waren sie im selben Revier in Corstorphine und hatten ihre Freundschaft nahtlos fortgesetzt.

      »Ich weiß schon, weshalb ihr gekommen seid«, war Ally überzeugt. »Die Überwachungsaufzeichnungen vom Computer aus dem Juweliergeschäft.« Sie schüttelte den Kopf und blickte Morven an, ohne das Tippen zu unterbrechen. »Gelöscht. Aber nicht einfach nur gelöscht, sondern mehrfach überschrieben. Da war ein Profi am Werk, der oder die genau wusste, was er oder sie tun musste, damit ich die Dateien nicht wiederherstellen kann.« Sie fletschte die Zähne und knurrte. »Ich hasse so was!«