Das Collier der Lady Ira. Mara Laue. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mara Laue
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Edinburgh-Krimi mit Glen Kincaide
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783948483500
Скачать книгу
und nahezu nichts deutete mehr darauf hin, dass sich in diesem Raum ein Safe befand. Er wandte sich Craig zu. »Ich würde mal sagen: Ihr Safeinhalt ist sicher, solange Sie niemandem die Kombination für das Schloss verraten.«

      Craig hob abwehrend die Hände. »Ich werde mich hüten!«

      »Aber Ihnen ist klar, dass gewiefte Diebe mit elektronischen Codeknackern arbeiten, die in wenigen Minuten alle Kombinationsmöglichkeiten ausprobiert haben und die richtige finden.«

      Craig lächelte. »Bei normalen Schlössern, ja. Aber Ihnen ist sicherlich aufgefallen, dass die Tastatur nicht nur Ziffern, sondern auch Buchstaben und Sonderzeichen enthält. Darauf habe ich damals bestanden und mich im Vorfeld erkundigt, wie ich ein Passwort generieren muss, bestehend aus Ziffern, Sonderzeichen und Buchstaben. Mein Code ist elfstellig. Den knackt auch ein elektronischer Dietrich nicht so schnell.« Er winkte ab. »Und etwaige Diebe müssen das Ding erst mal finden. Wie Sie selbst sagten, ist der auch für die Profis gut genug versteckt. Also, haben Sie vielen Dank für Ihre Bemühungen. Ich werde Ihre Versicherung gerne weiterempfehlen. Und wenn ich das mit der Touristenattraktion realisiere, komme ich wieder auf Sie zu wegen einer Haftpflicht- und Unfallversicherung für die Touristen.«

      »Jederzeit gerne, Sir. Auf Wiedersehen.«

      Craig begleitete ihn hinaus. Als er die Tür hinter ihm schloss, hatte Glen das Gefühl, dass der Mann sehr erleichtert war, ihn los zu sein. Aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Seit er die Narben im Gesicht trug, war er in manchen Dingen ein bisschen empfindlich. Er ließ Shade sich noch einmal erleichtern und fuhr ins Büro.

      3.

      Detective Inspector Morven Boyd hätte an einen verfrühten makabren Aprilscherz geglaubt, wäre die Leiche im Laden von Harrington’s Fine Jewellery nicht echt gewesen. Gwyn Harrington, die Inhaberin, lag erdrosselt in ihrem Büro. Der Ehemann, der sie gestern Abend gefunden hatte, hockte weinend auf einem Stuhl und hatte die behandschuhten Hände vors Gesicht geschlagen. Seit Morven und ihr Team eingetroffen waren, weinte er fast ununterbrochen, weshalb sie darauf verzichtet hatte, ihn zu befragen. Kaum hatte er sich mal für fünf Minuten beruhigt, ging das Schluchzen wieder los. Sie konnte ihn aber auch nicht nach Hause schicken, obwohl nicht nur ihr sein Jammern mittlerweile gewaltig auf die Nerven ging. Solange nicht feststand, ob er etwas mit dem Mord an seiner Frau zu tun hatte, hätte er zu Hause Beweise beseitigen können. Da er aber offensichtlich entschlossen war, noch endlos weiterzuheulen, und ein Beruhigungsmittel des Notarztes abgelehnt hatte, reichte es ihr.

      Sie trat zu ihm. »Sir, mein aufrichtiges Beileid zu Ihrem Verlust«, versicherte sie erneut. »Ich weiß, wie schlimm die Situation für Sie sein muss. Aber fühlen Sie sich trotzdem in der Lage, mir ein paar Fragen zu beantworten?«

      Er nickte und nahm die Hände vom Gesicht. »Fragen Sie«, schluchzte er und wischte sich die Tränen mit dem Ärmel seiner Jacke aus dem Gesicht. Seine Augen waren mittlerweile blutunterlaufen und geschwollen.

      Morven zückte ihren Notizblock und einen Stift. »Wann genau haben Sie Ihre Frau gefunden?«

      Er schüttelte den Kopf. »Weiß nicht. Muss so um halb zehn gewesen sein. Gwyn schließt den Laden immer um acht. Dann ist sie ungefähr um halb neun zu Hause. Heute – eh, gestern – hat sie gesagt, dass es später werden könnte, weil ein Kunde kurz vor Schluss noch was abholen wollte. Aber Abholen dauert doch nicht so lange.«

      Täuschte Morven sich oder hörte sie tatsächlich Eifersucht in Ken Harringtons Stimme? »Kam das öfter vor?«, wollte sie wissen.

      »Nein. Darum war ich ja so – beunruhigt, als sie auf meine Anrufe nicht geantwortet hat.«

      Diesmal war die Eifersucht klar herauszuhören. Und die kurze Pause vor »beunruhigt« – bestimmt hatte er ein anderes Wort gebrauchen wollen, das seinen wahren Gefühlen näherkam: misstrauisch.

      »Und dann?«, hakte Morven nach.

      »Als sie um neun noch nicht da war, bin ich hergefahren. Im Verkaufsraum war alles dunkel, aber an der Vordertür war das Gitter nicht runtergelassen.« Er machte eine fahrige Geste zur Tür hin. »Als ich die Klinke runterdrückte, war die Tür nicht abgeschlossen. Ich bin rein, habe nach Gwyn gerufen, aber sie antwortete nicht. Ich bin hier ins Büro, habe das Licht eingeschaltet – und da lag sie! Tot!« Er deutete auf den Paravent des Tatortteams, hinter dem die Leiche lag, und fing wieder an zu weinen. »Ich habe noch ihren Puls gefühlt, aber sie war tot!«, heulte er.

      Morven blickte sich um. Sie konnte keine Kampfspuren erkennen mit Ausnahme von Abriebspuren auf dem Fußboden, wo Gwyn Harrington vermutlich mit den Füßen gestrampelt hatte in dem Versuch, die Schlin­ge um ihren Hals zu lockern. Falls dabei etwas umgefallen war, hatte der Täter es wieder an seinen Platz gestellt. Aber würde eine Juwelierin, die Schmuck im Wert von zig Tausenden Pfund im Geschäft hatte, sich relativ spät am Abend allein mit einem Kunden treffen? Die mangelnden Kampfspuren deuteten darauf hin, dass sie ihren Mörder gekannt und ihm genug vertraut hatte, um ihm den Rücken zuzudrehen, denn sie war von hinten erdrosselt worden. Vermutlich mit einem Strick, aber der fehlte.

      Etwas anderes fehlte auch: Einbruchspuren. Und wie es aussah, war auch nichts gestohlen worden. Sowohl der Tresor als auch der kleinere Safe im Büro waren unberührt. Zumindest gab es keine sichtbaren Spuren, dass jemand sich gewaltsam daran zu schaffen gemacht hätte. Aber das wollte nichts heißen.

      »Mr Harrington, kennen Sie die Kombination zum Safe und zum Tresor?«

      Harrington schüttelte den Kopf. »Das Geschäft gehört meiner Frau. Ich arbeite in einer Bank.«

      War das ein Grund, dem Ehemann nicht die Kombinationen zu nennen, damit er in einem Notfall Zugriff auf den Inhalt hatte? Oder gab es einen anderen Grund für Gwyn Harrington, die Nummern für sich zu behalten?

      »Ma’am!« Detective Sergeant Nathan Durie deutete auf den Computerbildschirm, vor dem er saß.

      Sie ging zu ihm und blickte auf den Schirm. »Der Terminkalender der Toten, Ma’am. Wie Sie sehen, ist für gestern Abend kein Termin notiert. Der Letzte war gestern Nachmittag um drei für ein Paar, das Trauringe aussuchen wollte. Und sehen Sie hier.« Durie deutete auf den seitlich neben dem Computer stehenden Bildschirm, der offensichtlich zum Überwachungsequipment des Ladens gehörte. »Gemäß dem Timecode sind die Kameras um acht Uhr zwei ausgeschaltet worden. Der letzte Kunde hat das Geschäft um sieben Uhr siebzehn verlassen. Danach ist keiner mehr gekommen.«

      Was bedeutete, dass der Täter nach acht Uhr zwei das Geschäft betreten haben musste.

      »Ich habe noch etwas gefunden.« Durie hielt Morven sein Smartphone hin, mit dem er offensichtlich eine polizeiliche Abfrage zu den Harringtons gemacht hatte.

      Morven zog die Augenbrauen hoch und warf einen Blick auf Harrington. Also hatte sie vorhin richtig gelegen mit der Eifersucht, die sie in seiner Stimme gehört zu haben glaubte. Seine Frau hatte mehrfach die Polizei gerufen wegen häuslicher Gewalt. In der Akte, die Durie aufgerufen hatte, war auch eine Drohung von Harrington dokumentiert, die den Mord in einem ganz anderen Licht erscheinen ließ.

      »Mr Harrington.« Morven nahm Duries Smartphone und hielt es ihm hin. »Sie sind schon mehrfach wegen Gewalt gegen Ihre Frau aufgefallen. Beim letzten Mal, als die Kollegen Sie aus dem Haus entfernen mussten, haben Sie vor Zeugen gedroht, Ihre Frau ›kaltzumachen‹, sie ›abzustechen‹ und«, sie blickte ihn scharf an, »ihr ›die Lebensluft abzuschnüren‹.« Sie warf einen Blick auf die Leiche. »Haben Sie die Drohung gestern Abend in die Tat umgesetzt?«

      Der Mann starrte sie sekundenlang mit halb offenem Mund an. »Sind Sie komplett verrückt geworden?« Er sprang auf und ballte die Fäuste. »Ich habe Gwyn geliebt!«

      Morven legte vorsorglich die Hand an die Waffe. »Ja, so sehr, dass Sie sie mehrfach geschlagen, bedroht und einmal so übel zugerichtet haben, dass sie ins Krankenhaus musste. Wenn das Liebe ist, möchte ich nicht wissen, wie Sie Menschen behandeln, die Sie hassen.«

      »Sie sind ja verrückt!«, schnauzte er.

      »Das wird sich zeigen. Sie sind jedenfalls vorläufig festgenommen