Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Gottfried Herder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066398903
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Körper, Geister geben keine Figur, das Vollkommenste hat kein Bild. Hr. Kl. wende nicht ein:6 »Gott schreibe sich ja selbst Hände, Hals, Füße, Nase zu.« Bekannt! aber jedes von diesen Theilweise, nichts mit dem andern zusammenhangend, daß es ein Ganzes bilden sollte, jedes Glied als ein sinnliches Bild Einer seiner Eigenschaften. Die ganze Anthropomorphie Gottes im alten Bunde ist also nicht bildend, sondern andeutend, symbolisch: und in weitem Verstande der Alten also, Allegorie. Dazu ist diese Allegorie nur Poetisch: das sichtbare Bild wird von dem geistigen Glanze, den es bedeuten soll, verschlungen; es verschwindet mit dem Worte, und die Idee, die zurück bleibt, ist eine Eigenschaft der Gottheit.

      Wenn kann nun der Künstler die Beschreibung der Bibel für eine Erlaubniß halten, Gott nachzubilden? Wenn er seine Bildung der Gottheit in jedem Gliede derselben auch so andeutend, so Allegorisch machen kann, daß das Zeichen verschwindet, und nichts als der bezeichnete Begriff zurückbleibt – in keinem andern Falle sehe ich Erlaubniß. Kann ich Gott so zeichnen, daß mir bei seiner Hand der Allmächtige einfällt, der Welten wägt, und Erden anrühret, daß sie vergehen; außer dieser Bedeutung der Allmacht aber das Zeichen, die Hand selbst, nichts sey: kann ich Gottes Ohr und Auge blos als Sinnbilder seiner Allwissenheit darstellen, daß sie weiter keinen Eindruck lassen: Gottes Fuß nicht an sich, sondern als den, dessen Schemel der Erdball ist, nicht als den Theil eines Menschlichen Körpers – kann ich so den Geist malen und bilden, daß der Körper nichts, als Sinnbild des Geistes, und zwar des vollkommensten Geistes, ist: so kann ich ein Bildniß des Höchsten machen aus Autorität der Schrift.

      Da dies nicht ist: so lasse ich ihr Beispiel weg, und vergleiche blos Foderung der Religion und Bedürfniß der Kunst – und siehe! fast überall Gegensatz. Gott der Unmäßliche – das Wesen der Kunst im Großen und Schönen sind Schranken. Gott der Ewige, und siehe einen erzeugten Körper. Gott der Allmächtige, der da will und es geschieht; die Kunst kann keine Macht ausdrücken ohne Ankündigung einer Bewegung. Gott der Würksame;. die Kunst kennt keine Würksamkeit ohne Bewegung: Gott der Unwandelbare, und siehe! jeder Ausdruck der Kunst wandelbar und wegeilend! Wer kann ihn fassen? wer kann ihn bilden?

      Der einzige würdige Ausdruck für ihn wäre die seligste, allgnugsame Ruhe; allein auch da erscheint er nur als der seligste, allgnugsame Mensch: und weil die Menschliche Ruhe nur bei einer Feier von transitiven Handlungen möglich ist; so ist auch alsdenn bei der gebildeten Gottheit der Begrif von Unwürksamkeit beinahe unvermeidlich: der Begrif von Allmacht, Allwissenheit, Allweisheit, Einwürkung wird in seinen Ausdruck der Ruhe verschlungen, das Bild ist kein Gott mehr. Raphaels schaffender Gott steht mit gesenktem Auge, mit zeigendem Finger:

      Kann der bewundern, Er, der die Sterne gemacht hat?

      Raphaels ewiger Vater steht wie ein grauer Greis: ist das der Gott, der da bleibet, wie er ist? Gott sehe z.E. auf die Erde herab: ist das der Allwissende, was siehet er ewig auf die Kugel herunter? Siehst er auch was neben ihm ist? Gott wäge die Erde: sie hat ein Maaß gegen Gott, und muß dazu ein proportionirtes Maaß haben: was hat das Bild für einen Ball in der Hand, um damit zu spielen? – Nun setze man noch gar unwürdigere Vorstellungen: einen Klotzischen Postillon mit einem Brande in einer Hand auf einen Wagen – Blasphemien! »Wie wollet ihr mich bilden? und wem wollet ihr mich vergleichen?« spricht Jehovah.

      Wer hat dich, Pandur,

      in Angst gesetzt, in Flucht gebracht?

      Gott, der auf Wolken fuhr.

      Ist Kleist kein Christ? –

      Groß ist der Herr! Die Himmel ohne Zahl

      sind seine Wohnungen,

      sein Wagen sind die donnernde Gewölk,

      und Blitze sein Gespann;

      und wie der prächtige Ton weiter das Bild malet. Cramer kein Christ? –

      Wenn nun dein Wagen, Gott der Götter,

      Messias, donnert, und im Wetter

      Dahin fährt – –

      Ramler bei der Krippe Jesu kein Christ? –

      Jehovah fähret durch den Himmel,

      und sieht sein seliges Geschlecht.

      Wir sehen Majestät! – –

      Und so glaube ich, denn ich habe aus dem Gedächtnisse geschrieben, so Wieland, Bodmer und jeder Christliche Poet; ich kenne kein bekannteres Bild des donnernden Gottes. Nur Klopstock, wenn ich mich recht erinnere, braucht dies Bild nicht: sein Gott steigt herunter, den Meßias zu richten: er rollt nicht auf einem Donnerwagen, er ist selbst zu erhaben, um zu donnern. Sein Seraph Eloa schon kann tausend Donner fassen, und auch der steht nur auf einer Wolke. Ohne Zweifel schien Klopstocken das Bild zu niedrig selbst in der Poesie, für den –

      Der Welten geheim und still den Untergang zuwinkt –

      und Klotz darfs sehr vornehm für die Kunst empfehlen? So ists nach jenem Gemälde Galatons: was Homer ausspiee, war den andern Ambrosia!

      IX.

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