Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Gottfried Herder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066398903
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vollstimmige Individua. Nicht kann ich es aus einer willkührlichen Idee errathen, wie hier und da Jupiter und Juno, und Minerva handeln werden, weil sie Einkleidungen dieser Idee sind. Alle seine Götter sind erdichtete Personen; aber Personen, mit vollständig bestimmter Denkart, mit Schwachheiten und Stärke, mit Fehlern und Tugenden, mit allem, was zu einem daseyenden Wesen gehört. Sie zeigen nicht blos Gedanken, Worte, Handlungen; sondern ich sehe auch aus der Art, aus dem Zusammenhange dieser Gedanken, Worte, Handlungen, daß sie aus dem Innersten eines Individuums fließen: der Poet bezaubert mich, daß, so lange ich lese, ich ein solches Wesen glaube. Ihr Herren Allegoristen, ihr Namenschöpfer von Maschinen, ihr Ideenbildhauer der Epischen Dichtkunst – das thut ihr nicht! ihr malet, ihr schildert; und so lese ich euch auch, als Maler, als Schilderer; nicht als Dichter, nicht als zweite Prometheus, nicht als Schöpfer unsterblicher Götter und sterblicher Menschen.

      Hier Winkelmanns Werk von der Allegorie: ich bleibe aber bei zween andern Gefährten auf dem Wege: wie der Künstler den Dichter, insonderheit der griechische Künstler Homer nachahmen könne? Diese Gefährten sind Caylus und Leßing.

      XIII.

       Inhaltsverzeichnis

      Mit dem Unterschiede, den Hr. L. angiebt, bin ich zufrieden; nur der Grund des Unterschiedes, den er angiebt, ist nicht der meine.

      Wozu soll die Wolke bei dem Dichter und Maler? zur Verhüllung. Wo sie also nicht verhüllen kann, da ist sie nicht Wolke mehr, da bleibe sie weg. So bei dem Maler. Sie soll verhüllen, und verhüllet nicht: sie läßt den verhüllten Helden noch sichtbar: er steht hinter einer spanischen Wand, und rufft uns zu: »ich bin unsichtbar, ich soll nicht gesehen werden: ich bin nicht zu Hause.« Diese Ursache, dünkt mich, ist die wahre.

      Aber die, daß die Wolke aus einem Dichter entlehnt, bei ihm nichts als eine Poetische Redensart, bei dem Künstler hingegen eine wirkliche Wolke, und also ein Poetischer Ausdruck auf eine befremdende Weise realisirt sey; die Ursache scheint minder Stich zu halten.