Lexikon der Gewebe. Thomas Meyer zur Capellen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Meyer zur Capellen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783866415034
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größten Steigerungen werden in China mit voraussichtlich 13 % auf 7,2 Mio. t erwartet, Indien mit + 9 % auf 6,0 Mio. t und in Pakistan mit + 19 % auf 2,3 Mio. t. Der Baumwollverbrauch wird für 2011/12 auf 24,7 Mio. t geschätzt; ein Zuwachs um 1,5 % gegenüber der Vorsaison. Der Baumwollverbrauch wird durch die zunehmende Verfügbarkeit von Baumwolle gefördert, jedoch durch die immer noch recht hohen Baumwollpreise und den Wettbewerb mit der Chemiefaser gebremst werden. Die größten Verbrauchsländer sind China mit 9,7 Mio. t, Indien mit 4,5 Mio. t und Pakistan mit 2,2 Mio. t jährlich.

      Der durchschnittliche Baumwollertrag beträgt je nach Anbauland zwischen 300 und 1.700 kg/ha. (Aus 1 kg Baumwolle gewinnt man ca. 300 g Fasern.) Im Vergleich beläuft sich der Leinenertrag (Flachs) auf 1.300–1.700 kg/ha und der Hanfertrag auf 2.500–3.300 kg/ha. Einsatz der Baumwolle:

      – Verspinnbare Baumwollfasern: Bekleidung: Oberbekleidung für Sport, Freizeit und Beruf, mit Ausrüstung auch für Regen- und Spezialkleidung, Unterwäsche, Strümpfe, Accessoires. Heimtextilien: Bett- und Tischwäsche, Hand- und Badetücher, Teppiche, Läufer, Bodenbeläge, Deko-, Gardinen- und Möbelstoffe, Wandtapeten. Medizinische Verwendung: Mull und medizinische Watte. Industrie: Gummi-, Schuh- und lederverarbeitende Industrie und Polierscheiben. Weitere Verwendung: Planen, Zelte, Markisenstoffe, Segel, Netze, Säcke, Isolier- und Klebeband, Industriewatte, Polstervlies, Staubfilter, Tücher jeglicher Art, Handstrickgarne, Industriezwirne

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      Abb. 1: Faserquerschnitt Baumwolle, nierenförmig

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      Abb. 2: Baumwollfaser 2.000fach vergrößerte Längsansicht, korkenzieherartige Verdrehung der Faser (Aufnahme mit Raster-Elektronenmikroskop „Stereoscan“)

      – Rohlinters: Rohverarbeitung: Matratzenvliese, Polstermaterial, Filze. Cellulose-Reinverarbeitung (chemisch umgewandelte Reinlinters): Cupro (früher bekannt unter dem Begriff Kupferkunstseide), Hohlfasern für die Dialyse, Acetat, Triacetat, z. T. Viskosefasern, Viskosewursthaut, Cellulose-Acetat für Spritzgussartikel, Fotofilme, Lacke. Faserige Cellulose: feine Druck- und Briefpapiere, Banknoten und Dokumentenpapiere, Künstlerpapiere, Labor- und diagnostische Papiere, Vliese

      – Baumwollsamen: raffiniertes Öl: Margarine, Backfett, Salat- und Speisemayonnaise. Raffinierrückstände: Seife, Pharmazeutika, Kosmetika, Fettsäuren, Gummi und Kunststoffe, Insektizide, Imprägnierungen, Beschichtung von Leder, Papier und Textilien. Ölkuchen: Schrot, Viehfutter und Dünger

      – Samenschalen: Viehfutter, Dünger, Verpackungen und Kleie sowie synthetisches Gummi.

      Quelle: www.baumwollboerse.de

      Baumwollrohgewebe,→ Grey cotton,→ Nessel.

      Bazin,→ Basin.

      Bedford Cord, benannt nach der engl. Stadt Bedford, einer Industriestadt in der Nähe von London; engl. Bezeichnung für einen Cord, ein Flachgewebe in Hohlschuss- oder Cordbindung. Überwiegend wird dieses Cordgewebe als Stückfärber mit Pflegeleichtausrüstung angeboten. Nicht verwechseln mit → Cordsamt.

      Einsatz: Reit- und Arbeitshosen, Sportanzüge, Modevarianten in DOB und HAKA als leichte Blusen- und Hemdenstoffe.

      Behördentuch (Lieferungstuch), engl. = civilian uniforms, military cloth; alle tuchartigen Qualitäten für Behörden, Polizei, Bahn, Bundeswehr usw. Je nach Einsatz gibt es genaue Vorschriften und Qualitätsrichtlinien, welche auch eng kalkuliert werden. Sehr oft sind es Mischungen aus Streichgarn und Kammgarn, überwiegend aus Wolle, aber auch immer häufiger mit Polyesteranteilen (Pflege, Gewicht, Preis) versetzt; → Trikotgewebe, → Trikotine, → Gabardine.

      Beiderwand, engl. = tied double cloth, two-sided stuff; ein aus dem Gebrauch gekommenes, typisch ländliches Doppelgewebe in Leinwandbindung, das ausschließlich in zwei Farben gewebt wurde. Die Wahl der Farben war vom Anlass abhängig, z. B. rotweißes Gewebe für die Hochzeit, schwarzweißes zur Trauer. Stark verbreitet war das in Dänemark auch als „Bettgardinen“ bezeichnete Gewebe im deutsch- und dänischsprachigen Schleswig-Holstein des 17. und 18. Jahrhundert, aber es findet bereits im 14. Jahrhundert in Westfalen Erwähnung. Als Garne wurden Leinen und Wolle verwendet. Das Gewebe besteht aus einer Grund- und einer Bindekette, im Aufbau gleicht es einem Doppelgewebe. Das Verhältnis von Kette und Schuss ist bei der klassischen Beiderwand 4:1. Das Muster ist ein freies Doppelgewebe, während die zwei Gewebelagen des Grundes durch regelmäßige Abbindungen verbunden sind. Dadurch entsteht auf der Rückseite ein Negativbild mit den charakteristischen Vertikalrippen. Die Motive sind z. T. sehr schlicht, z. T. aber auch von der Reichhaltigkeit der Damaste (floral, figürlich, geometrisch) beeinflusst, jedoch in der Ausführung einfacher, bedingt durch die verwendeten groben Garne. Noch Anfang des 20. Jahrhundert war Beiderwand auch ein typisches Gewebe für grobe, halbwollene Rockstoffe der Bauersfrauen und Mägde.

      Einsatz: Bettvorhänge, Dielenausschmückung, Trachten, Röcke und Schürzen.

      Literatur: Vokabular der Textiltechniken Deutsch, Centre International d’Étude des Textiles Anciens (C. I. E. T. A.) 34, Rue de la Charité 2e, 1971.

      Bekleidungssystem, engl. = clothing system; Abstimmung der kombinierten Kleidungsstücke unter Berücksichtigung der spezifischen Eigenschaften der Materialien, orientiert am Kenntnisstand der Textilchemie, Bekleidungsphysiologie, Textiltechnik und der Schnitt- und Fertigungstechnik. Beispiel für ein optimales Bekleidungssystem:

      1. Funktionsunterwäsche als leitende Schicht: Sie wird direkt auf der Haut getragen und besteht aus Funktionsfasern (z. B. Polypropylen), die im Gegensatz zur Baumwolle keine Feuchtigkeit speichern, sondern die Feuchtigkeit von der Haut weg zur nächsten Schicht transportieren.

      2. Die Zwischenschicht bezeichnet man als Isolationsschicht; sie wird über der leitenden Schicht getragen. Sie kann aus verschiedenen Materialien bestehen, wobei synthetische Fasern (z. B. Polyestervlies) in modernen Bekleidungssystemen bevorzugt werden, da ihre Isolationsfähigkeit auch im nassen Zustand weitgehend erhalten bleibt und sie zudem bis zu viermal schneller trocknen als Baumwolle.

      3. Die Außenschicht ist die schützende Schicht. Sie wird je nach Wetterbedingung über der leitenden und/oder über der isolierenden Schicht getragen und entscheidet über das Wohlbefinden des Trägers. Nasse Bekleidung beschleunigt den Wärmeverlust und führt damit zu einem unangenehmen Tragegefühl. Dies kann man durch eine wind- und wasserdichte Außenschicht und ein hohes Maß an → Wasserdampfdurchlässigkeit (Atmungsaktivität) gegen einen Hitzestau verhindern.

      Quelle: Gore-Tex®-Technologie, Putzbrunn.

      Einsatz: Bekleidung (Indoor/Outdoor), Möbelstoffe, Accessoires.

      Abb.: Belima X: Ultrafeine Mikrofaser aus 30 % Polyamid (Matrix) und 70 % Polyester (dreieckige Fibrillen)