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In der Literatur ist es einhellige Meinung, dass die Gesellschafterversammlung im Rahmen ihres Rechts die Geschäftsführung nach § 46 Nr. 6 GmbHG überwachen und auch eine Sonderprüfung einleiten kann.[201] Dieses Recht kann dazu dienen, die aus dem Informationsrecht nach § 51a GmbHG gewonnene Informationsbasis zu erweitern und zu vertiefen.[202] Wie die Aktionäre der AG können also auch die Gesellschafter der GmbH einen Sonderprüfer beauftragen. Die Sonderprüfung ist – anders als bei der AG – nicht auf Maßnahmen der Geschäftsführung beschränkt, sondern kann zu beliebigen Themen eingeleitet werden.[203] Es können also nicht nur Bedenken gegen die Geschäftsführer selbst geprüft werden, sondern auch andere Vorgänge in der Gesellschaft, wie z.B. ein etwaiges Fehlverhalten von Mitarbeitern.[204] Hierzu können auch Betriebsangehörige neben den Geschäftsführern befragt werden.[205]
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Auf die Formalia einer solchen Prüfung, wie etwa die Anforderungen an den Sonderprüfer, sind die Rechtsgedanken des § 142 AktG entsprechend anzuwenden.[206] Der Sonderprüfer muss also z.B. eine unparteiische und neutrale Person sein.
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Ein Minderheitenrecht wie § 142 Abs. 2 AktG kennt das GmbHG jedoch nicht. Ein Minderheitenantrag hat jedoch trotzdem häufig Erfolg, da betroffene Gesellschafter infolge eines Stimmverbotes nicht an der Abstimmung teilnehmen dürfen.[207] Wird die in der Sonderprüfung zu behandelnde Fragestellung also in einer Weise formuliert, dass eventuelle Gegner einer solchen Prüfung von dem Stimmverbot erfasst sind, so kann auch eine Minderheit i.d.R. ihren Wunsch nach einer Sonderprüfung erfüllen.[208] Werden somit die voraussichtlich in ein Fehlverhalten involvierten Gesellschafter von der Fragestellung erfasst, so kann der Antrag erfolgreich sein, auch wenn die Mehrheit der Gesellschafter den Antrag ablehnt. Die erforderliche Stimmenmehrheit setzt sich in diesem Fall nur aus den nicht ausgeschlossenen Gesellschaftern zusammen. Gesellschafter-Geschäftsführer sind von der Abstimmung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn Gegenstand der Abstimmung in der Vergangenheit liegende Sachverhalte sind.[209] Bei einer Abstimmung über die Einleitung von internen Untersuchungen ist dies immer der Fall, da deren Gegenstand nur in der Vergangenheit liegende Vorgänge sein können.
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Die Satzung der GmbH kann schließlich auch einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte vorsehen, sodass die Geschäftsführer im Innenverhältnis verpflichtet sind, für die darin genannten Maßnahmen die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen.[210] Dies ist ebenfalls eine mögliche Maßregel zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung nach § 46 Nr. 6 GmbHG.[211]Allerdings hilft dies natürlich nicht, wenn die Gesellschafter selbst eine unternehmensinterne Untersuchung einleiten wollen.
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In Bezug auf unternehmensinterne Untersuchungen gibt § 46 Nr. 6 GmbHG den Gesellschaftern somit ein starkes Recht, da sie die Geschäftsführung mit verschiedenen Mitteln überwachen können. Sofern die Satzung nicht selbst schon solche Rechte für die Gesellschafter vorsieht, kann also hierauf zurückgegriffen werden.
cc) Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG
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Schärfstes Schwert der Gesellschafter ist das Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung nach § 37 Abs. 1 GmbHG – auch in der Gesamtschau mit den §§ 6 Abs. 3, 38 Abs. 1, 46 Nr. 5 und 6 GmbHG.[212] Der Geschäftsführung der GmbH obliegt, anders als dem Vorstand der AG, kein gesetzlich garantierter Bereich eigenständiger, d.h. weisungsunabhängiger Leitungsautonomie.[213] Die Geschäftsführung unterliegt vielmehr der Kompetenzordnung der Satzung, des § 46 GmbHG und dem Weisungsrecht der Gesellschafter. Die Geschäftsführer sind verpflichtet, die von den Gesellschaftern rechtmäßig gefassten Beschlüsse auch umzusetzen.[214] Dies bringt auch § 37 Abs. 1 GmbHG zum Ausdruck, der die Geschäftsführer dazu verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, die durch die Beschlüsse der Gesellschafter (oder durch den Gesellschaftsvertrag) festgesetzt sind. Die Weisungen können sehr konkret und detailliert sein.[215] Mit diesen Weisungen können die Gesellschafter nicht nur Aktivitäten der Geschäftsführung per Verbot begrenzen, sondern auch die Vornahme bestimmter Maßnahmen positiv durch ein Gebot vorgeben.[216] Weisungen entbinden die einzelnen Geschäftsführer jedoch nicht von der Überwachung der anderen Geschäftsführer, daher kann die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführern die ihnen hierfür gesetzlich zugestandenen Informationsrechte nicht entziehen.[217]
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Weist die Gesellschafterversammlung die Geschäftsführer also an, eine Untersuchung aufgrund von Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten in der Gesellschaft vorzunehmen, so haben die Geschäftsführer dieser Weisung Folge zu leisten. Die Gesellschafterversammlung muss über solche Weisungen einen Beschluss mit einfacher Mehrheit fassen.[218] Über ihr Weisungsrecht aus § 37 Abs. 1 GmbHG können die Gesellschafter also maßgeblich interne Untersuchungen vorantreiben oder sogar veranlassen. Die Gesellschafter können die Geschäftsführung auch anweisen, externe Sachverständige oder Berater mit der Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen zu beauftragen. Dies scheint insbesondere dann sinnvoll zu sein, wenn gegen die Geschäftsführung selbst ermittelt werden soll.[219]
4. Die GmbH & Co. KG
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Viele Familienunternehmen und mittelständische Unternehmen sind in der Rechtsform der GmbH & Co. KG organisiert. Auch bei der GmbH & Co. KG können unternehmensinterne Untersuchungen zur Aufklärung möglicher Compliance-Verstöße notwendig sein. Bei der GmbH & Co. KG ist die Kommanditgesellschaft Trägerin des Unternehmens. Die einzige Aufgabe der Komplementär-GmbH ist in aller Regel die Übernahme der Geschäftsführung bei der Kommanditgesellschaft. Üblicherweise ist die Komplementär-GmbH neben ihrer Geschäftsführungstätigkeit nicht selbst operativ tätig. Unternehmensinterne Untersuchungen finden somit stets auf der Ebene der Kommanditgesellschaft und nicht auf der Ebene der Komplementär-GmbH statt.
a) Geschäftsführung der GmbH & Co. KG
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Bei der sog. „echten“ GmbH & Co. KG ist regelmäßig die einzige persönlich haftende Gesellschafterin, die Komplementär-GmbH, zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Die Komplementär-GmbH wiederum wird vertreten durch ihre Organe, die Geschäftsführer. Diese üben somit mittelbar für die Komplementär-GmbH die Geschäftsführungsbefugnis bei der GmbH & Co. KG aus.[220] Hingegen sind die Kommanditisten von der Geschäftsführung ausgeschlossen, § 164 HGB. Somit ist grundsätzlich die Komplementär-GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführer, zur Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen bei der GmbH & Co. KG berechtigt und verpflichtet.
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Zu beachten ist jedoch, dass die Geschäftsführung vielfach nicht ohne Zustimmung der Kommanditisten handeln darf. Im Zusammenhang mit der Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen in der GmbH & Co. KG sind daher stets die Kompetenzen der Geschäftsführung sowie der Kommanditisten zu überprüfen. In vielen GmbH & Co. KGs sind weitreichende Befugnisse zudem auf einen Beirat oder Aufsichtsrat übertragen.
aa) § 708 BGB, § 43 Abs. 1 GmbHG: Sorgfaltspflicht der Geschäftsführer
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Das Recht und die Pflicht zur Durchführung unternehmensinterner Untersuchungen ergibt sich bei der GmbH & Co. KG wie bei der GmbH grundsätzlich aus