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Die letztgenannte Auffassung erscheint vorzugswürdig. Da die Leitungsverantwortung der Gesellschaft beim Vorstand liegt und sich – wie dargestellt – auf den Gesamtvorstand erstreckt, ist es nur folgerichtig, dem Vorstand eine vorrangige Aufklärungspflicht zuzusprechen. Hat der Aufsichtsrat hingegen Bedenken, dass der Vorstand seiner Aufklärungspflicht nicht oder nicht ausreichend nachkommt, muss er zum Handeln verpflichtet sein. Insbesondere muss der Aufsichtsrat überprüfen, ob die vom Vorstand unternommenen Maßnahmen angemessen und ausreichend sind. Ist dies nicht der Fall, ist der Aufsichtsrat zum Einschreiten verpflichtet.
(2) Anwendbarkeit der Business Judgement Rule, § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG
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Nach § 116 S. 1 AktG gilt für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder sinngemäß § 93 AktG, mit Ausnahme des Abs. 2 S. 3. Bei Wahrnehmung seiner Kompetenzen unterliegt der Aufsichtsrat folglich dem gleichen Sorgfaltsmaßstab wie der Vorstand. So wie der Vorstand die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters walten lassen muss, schulden Aufsichtsratsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Beraters bei der Überwachung und Beratung der Geschäftsführung.[81] Auch die Business Judgement Rule aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kann dem Aufsichtsrat nach § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zugutekommen. Dies gilt allerdings auch nur im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung des Aufsichtsrats. Bei der vergangenheitsbezogenen Überwachung wird der unternehmerische Charakter, anders als bei präventiven Maßnahmen des Aufsichtsrats, allerdings grundsätzlich verneint.[82] Für die Einleitung von unternehmensinternen Untersuchungen findet die Business Judgement Rule daher wie beim Vorstand schon aus diesem Grund keine Anwendung. Bei hinreichenden Anhaltspunkten für Pflichtverletzungen des Vorstandes ist der Aufsichtsrat somit zur Aufklärung verpflichtet, ohne dass ihm hinsichtlich des „Ob“ ein Ermessenspielraum zukommt.
bb) Instrumente zur Überwachung des Vorstands
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Dem Aufsichtsrat steht im Hinblick auf die Aufklärung von vermuteten Verstößen kein Initiativ- oder gar Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand zu.[83] Der Aufsichtsrat kann dem Vorstand also nicht explizit vorschreiben, dass er Untersuchungen gegen einzelne Vorstandsmitglieder oder gar Mitarbeiter der AG durchzuführen hat. Das Gesetz gibt dem Aufsichtsrat jedoch eine Reihe von anderen Handlungsinstrumenten an die Hand, um im Falle des Verdachts auf Verstöße einzuschreiten und Informationen hierüber zu sammeln. Namentlich sind dies, die aus den §§ 90 und 111 Abs. 2 AktG resultierenden Berichtsanforderungs-, Einsichts- und Prüfungsrechte. Hierbei handelt es sich um sog. Pflichtrechte. Das bedeutet, dass der Aufsichtsrat von seinen Rechten Gebrauch machen muss, sofern Anhaltspunkte für Gesetzesverstöße durch Vorstandsmitglieder bestehen.[84] Bzgl. der Auswahl der im Einzelfall anzuwendenden Mittel zur Aufklärung von Verstößen (das „Wie“) ist dem Aufsichtsrat ebenso wie dem Vorstand jedoch ein Ermessen zuzubilligen. Hierbei handelt es sich nämlich um ein klassisches Anwendungsgebiet der Business Judgement Rule.
(1) § 90 Abs. 1 S. 3, Abs. 3 S. 2 AktG: Sonderberichtspflicht des Vorstands
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Eine Überwachung des Vorstands ist nur dann sinnvoll möglich, wenn der Aufsichtsrat Informationen über die Tätigkeit des Vorstands einholen kann. Nach § 90 Abs. 1 S. 3 AktG obliegt dem Vorstand neben den in § 90 Abs. 1 S. 1 AktG aufgezählten Fällen auch „aus sonstigen wichtigen Anlässen“ die Pflicht, dem Aufsichtsratsvorsitzenden zu berichten. Hierunter fallen z.B. Prozesse, bei denen wichtige Geschäftsinteressen auf dem Spiel stehen, oder ernsthafte Störungen in der Zusammenarbeit des Vorstands.[85] Nach § 90 Abs. 3 S. 2 AktG kann weiterhin jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied den Vorstand um einen Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft auffordern. Allerdings darf nur ein Bericht vom Vorstand an den Aufsichtsrat im Ganzen verlangt werden. Das Berichtsanforderungsrecht ist häufig jedoch nicht ausreichend, um den Aufsichtsrat mit den benötigten Informationen über eventuelle Verstöße des Vorstands zu versorgen. Insbesondere kann es problematisch sein, dass der Vorstand im Einzelfall Informationsschuldner bzgl. seiner eigenen Verstöße ist und daher häufig keine vollumfängliche Auskunft von ihm zu erwarten ist. Daher handelt es sich bei § 90 Abs. 1 S. 3 AktG um ein recht schwaches Recht, das durch die Einsicht- und Prüfungsrechte nach § 111 Abs. 2 AktG unterstützt wird.
(2) § 111 Abs. 2 AktG: Einsichts- und Prüfungsrechte
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Ein wichtiges Recht des Aufsichtsrats ist das Einsichts- und Prüfungsrecht nach § 111 Abs. 2 AktG.[86] Es baut auf der Berichtspflicht des Vorstands aus § 90 AktG auf und soll dem Aufsichtsrat eine umfassende Informationsgrundlage verschaffen. Hiernach ist der Aufsichtsrat berechtigt, die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie deren Vermögensgegenstände – aus konkretem Anlass[87] – einzusehen und zu prüfen. So kann sich der Aufsichtsrat auf eigene Initiative Informationen über den Vorstand und die Ordnungsgemäßheit der Vorstandstätigkeit beschaffen.[88]
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Der Begriff „Bücher und Schriften“ ist beispielhaft zu verstehen.[89] Es sind insbesondere auch die Einsicht in elektronische Informationssysteme sowie die Besichtigung von Geschäftsräumen und Betrieben erfasst.[90] Das Einsichts- und Prüfungsrecht gibt dem Aufsichtsrat auch das Recht, den Vorstand zu dem Gegenstand laufender Untersuchungen zu befragen bzw. um Stellungnahme zu bitten.[91] Allerdings bezieht sich das Einsichtsrecht nur auf die Bücher, Schriften und Vermögenswerte der Gesellschaft und nicht allgemein auf Vorgänge in der Gesellschaft.[92] Diesbezüglich ist der Vorstand allerdings verpflichtet, Fragen, die im Zusammenhang mit dem Thema der Einsicht und Prüfung stehen, entweder selbst zu beantworten oder durch sachkundige Angestellte beantworten zu lassen.[93] Der Aufsichtsrat ist auch befugt, Mitarbeiter im Zusammenhang mit den eingesehenen Dokumenten bzw. besichtigten Produktionsstätten zu befragen, aber nur, sofern ein enger Zusammenhang zur Besichtigung besteht.[94]
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Wie der Aufsichtsrat konkret sein Prüfungsrecht ausübt, liegt in dessen Ermessen, § 116 S. 1 AktG i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. [95] Der Aufsichtsrat kann also – im Rahmen einer Abwägung – entscheiden, welche Unterlagen er anfordert, welche Räumlichkeiten er besichtigt und wen er zu dem Gegenstand der Prüfung befragt.
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Das Einsichts- und Prüfungsrecht ist Organrecht des Aufsichtsrats und setzt daher einen Beschluss des Gesamtorgans voraus.[96] Auch eine Beauftragung einzelner Aufsichtsratsmitglieder durch Beschluss nach § 108 Abs. 1 AktG ist möglich, § 111 Abs. 2 S. 2 Fall 1 AktG. Statt einzelne Mitglieder zu beauftragen, kann der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss einsetzen,[97] allerdings ist diese Übertragung auf bestimmte Überprüfungsaspekte beschränkt. Der Prüfungsauftrag muss inhaltlich genau umrissen sein.[98] Bei Beauftragung einzelner Aufsichtsratsmitglieder wird das Prüfungs- und Einsichtsrecht im konkreten Fall vollumfänglich auf die betreffenden Personen übertragen.[99] Dem Aufsichtsrat als Ganzem steht dieses Recht dann nicht mehr zu. Hat der Aufsichtsrat einen ständigen Prüfungsausschuss eingerichtet, so ist auch dieser dazu berechtigt, im Einzelfall die Befugnisse aus § 111 Abs. 2 S. 2 AktG an einzelne Aufsichtsratsmitglieder zu übertragen.[100] Der Aufsichtsrat kann zudem externe Sachverständige, wie Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater oder