Formale, inhaltliche und zeitliche Vorgaben für die Einreichung von Schriftsätzen ergeben sich auch aus Rule 38 und v.a. der vom Gerichtspräsidenten erlassenen Practice Direction Written Pleadings (PD-W)[7]. Entspricht ein bei der Kanzlei eingehender Schriftsatz nicht den formalen und inhaltlichen Vorgaben, wie sie sich aus den Rules und insbesondere der PD-W ergeben, so kann er vom Gerichtshof als formwidrig behandelt werden, mit der Folge, dass er nicht zur Verfahrensakte genommen wird (Rule 38 Abs. 1; § 23 PD-W). Der Kammerpräsident kann die betreffende Partei aber auch zur erneuten Eingabe des Schriftsatzes auffordern (§ 22 PD-W), wenn bestimmte formale oder inhaltliche Vorgaben nicht eingehalten werden.
a) Formale Anforderungen
280
Sämtliche Schriftsätze, Erklärungen und Stellungnahmen sind per Post in dreifacher Ausfertigung (das gilt auch für die dazugehörigen Anlagen) an die Kanzlei zu senden (§ 3 PD-W).[8] Die Einreichung per E-Mail ist unzulässig (§ 4 PD-W). Vertrauliche Unterlagen sollten als Einschreiben aufgegeben werden (§ 5 PD-W). Unaufgefordert zugesandte Unterlagen werden nur mit Zustimmung des Kammerpräsidenten zur Verfahrensakte genommen (§ 6 PD-W).
281
Um den Unterzeichner (bzw. Verfasser) eines per Fax übermittelten Schriftsatzes identifizieren zu können, muss dessen Name auf dem betreffenden Schriftstück gedruckt bzw. ausgeschrieben sein (§ 8 PD-W). Jeder Schriftsatz sollte nach §§ 10 ff. PD-W außerdem
• | die Registernummer sowie den Namen, unter dem die Beschwerde geführt wird, enthalten, |
• | eine Überschrift besitzen, die Art und Inhalt des Schriftsatzes beschreibt[9], |
• | auf DIN A4 Seiten geschrieben sein (Seitenrand mindestens 3,5 cm), |
• | deutlich lesbar und – vorzugsweise – in Schriftgröße 12, bzw. 10 für Fußnoten gedruckt sein, bei einem Zeilenabstand von 1,5 Zeilen, |
• | Zahlen und Nummern als Zahlenangabe (0-9) enthalten, |
• | eine durchgehende Seitennummerierung aufweisen, |
• | in durchnummerierte Absätze unterteilt sein, |
• | in Abschnitte gegliedert sein, die in Form und Abfolge dem Aufbau der Entscheidungen und Urteile des Gerichtshofs entsprechen: Sachverhalt (Facts); nationales Recht und Praxis (Domestic law and practice); Beschwerden (Complaints); Rechtslage (Law); der Abschnitt zur Rechtslage sollte wie folgt unterteilt sein: Aspekte zur Zulässigkeit der Beschwerde (Preliminary objection on […]); Verletzung von Artikel […] (Alleged violation of Article […]), |
• | jede Antwort auf eine Frage des Gerichtshofs oder Erwiderung auf eine Stellungnahme eines anderen Verfahrensbeteiligten in einem separaten Abschnitt mit entsprechender Überschrift abhandeln, |
• | einen Verweis auf jedes in Bezug genommene und in der Anlage beigefügte Dokument enthalten, |
• | eine Kurzzusammenfassung enthalten, wenn sein Umfang 30 Seiten übersteigt sowie |
• | mit einer Unterschrift versehen sein, |
• | auf nur einseitig bedrucktem Papier per Post geschickt werden, wobei Anlagen zwar zusammengeheftet sein sollen, allerdings nur so, dass sie leicht getrennt werden können (keine Heftklammern, etc.). |
282
Wird in einem Schriftsatz auf Dokumente oder andere Unterlagen Bezug genommen, die dem Gerichtshof auch vorgelegt werden, so müssen diese in einem separaten Anhang aufgeführt werden.
283
Üblicherweise erfolgt die erste Korrespondenz mit der Kanzlei in der Sprache, in der auch die Beschwerde eingereicht worden ist. Zur weiteren Sprachenregelung siehe Rn. 223.
b) Inhaltliche Vorgaben
284
Die nach Erhebung der Beschwerde beim Gerichtshof eingehenden Schriftsätze sollten nach § 14 PD-W):
• | Angaben zum Sachverhalt enthalten, soweit der Bf. diese vorbringen möchte (§ 14 lit. a PD-W), |
Hinweis
Werden die von der Kanzlei des Gerichtshofs zusammengetragenen Angaben zum Sachverhalt (statement of facts prepared by the Registry) ganz oder teilweise nicht bestritten, sollte der Bf. eine kurze diesbezügliche Erklärung abgeben. Bestrittene Tatsachen oder etwaige Ergänzungen sollten unmissverständlich benannt bzw. als solche gekennzeichnet werden; die Ausführungen sollten auf sie beschränkt werden.
285
• | rechtliche Ausführungen enthalten, in einem ersten Abschnitt zur Zulässigkeit der Beschwerde und in einem zweiten Abschnitt zur materiellen Rechtslage, d.h. den behaupteten Konventionsverstößen (§ 14 lit. b PD-W). |
Hinweis
Bittet das Gericht um die Erläuterung eines bestimmten rechtlichen Gesichtspunktes, sollte sich der Bf. in seinen Erklärungen konkret auf diese spezielle Frage beziehen. In einer Stellungnahme zu Ausführungen des beklagten Vertragsstaates sollte der Bf. konkret auf die dort vorgebrachten Argumente eingehen.
286
Nach der Entscheidung über die Zulässigkeit, falls eine solche überhaupt noch separat erfolgt (siehe Rn. 303), sollen nach § 15 PD-W die Schriftsätze
• | eine Zusammenfassung des Standpunkts der Partei zum Tatbestand, wie er in der Zulässigkeitsentscheidung durch das Gericht festgestellt worden ist, |
• | Rechtsausführungen zur Begründetheit, und |
• | Antworten auf Fragen des Gerichtshofs zum Sachverhalt oder zu rechtlichen Gesichtspunkten beinhalten. |
287
Hinweis
Ein förmlicher Antrag auf Gewährung einer gerechten Entschädigung (claim for just satisfaction; Art. 41 EMRK) sollte grundsätzlich innerhalb der für die Einreichung von Schriftsätzen in Bezug auf die Begründetheit gesetzten Frist gestellt werden, aber nachdem der Gerichtshof die Beschwerde für zulässig erklärt hat (Rule 60 Abs. 2). Erfolgt keine separate Entscheidung über die Zulässigkeit (vgl. Rule 54A) kann der Antrag auch schon früher eingereicht werden. Eine kurze, vorläufige