Schattenspringer auf Kreuzfahrt. Kurt Rose. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kurt Rose
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783903861923
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fernöstlichen Provinz der DDR. Das wurde mir nicht nur einmal unmissverständlich zu verstehen gegeben. Daher konnte, durfte oder musste ich nach ihrem Verständnis erst nach der Wende aus dem Schattendasein des Ostens ins Sonnenlicht des Westens springen und konnte, durfte oder sollte mich ergeben und dankbar zu ihnen in den sonnigen Westen gesellen. Anfangs war ich diesem Sprung in eine Gesellschaft mit nicht wenigen sich besser dünkenden Bewohnern gar nicht gewachsen.

      Wollte ich diesen gepriesenen sonnigen Westen eigentlich ganz so vorbehaltlos?

      Zweifel für meine Bedenken und mein daraus resultierendes zurückhaltendes Auftreten ergaben sich zum Teil aus einer gewissen Schüchternheit meinerseits, meiner Empathie, manchmal auch aus Naivität, am häufigsten jedoch aus mangelnder Konfrontationsfähigkeit. Bisher hatte ich Erfolge mehr durch Fleiß und Disziplin erzielt als durch privilegierte Herkunft, überhöhte Selbstdarstellung und Ellenbogen.

      Sicher ist die Erzählweise der einen oder anderen Episode zum Beispiel in der Geschichte

      Vom Schatten ins Licht springen

      aus dieser Sicht geschrieben und zu verstehen. Es ist die Sicht eines manchmal vielleicht zu nachdenklichen und empfindlichen, aber niemals wehleidigen oder zu Dank verpflichteten Ostlers.

      Im Verlauf der Jahre hat sich meine Sichtweise teilweise verändert und außerdem sieht man nach jeder Reise und mit gewissem Abstand vieles sowieso ganz anders. Da halte ich es mit dem französischen Schriftsteller Stendhal: „Was ich am Reisen am meisten liebe, ist das Erstaunen bei der Rückkehr. Es verklärt die albernsten Menschen und die nichtigsten Dinge.“

      In einem solchen Rückblick werden fast unbemerkt die unangenehmste Auseinandersetzung zur lehrreichsten Erfahrung, die peinlichste Situation zur albernen Lachnummer und das zärtlichste Rendezvous zur banalen Tragödie. Vielleicht sind Reiseerlebnisse gerade deshalb so erzählenswert und werden interessiert aufgenommen.

      Sowohl rosege als auch stachlige Verklärungen und Fiktionen, sogar kleine Eulenspiegeleien sind in meinen folgenden Geschichten dabei mit Sicherheit nicht auszuschließen:

      Wenn sich zum Beispiel Träume vom Aufenthalt an den Südseestränden in der Geschichte:

      Aloha– Oahu – Kauai

      Hawaii – ich komme

      für einen Schattenspringer endlich zu verwirklichen scheinen, jedoch urplötzlich wie eine Blase zerplatzen,

      wenn ein erfahrener Kreuzfahrer in der Geschichte

      Alter Falter sucht wohlhabende Blüte

      einem schüchternen Neuling an Bord schmunzelnd seine Tricks zur Eroberung wohlhabender Blüten verrät,

      wenn bei Wendediskussionen unterschiedliche Meinungen und Verhaltensweisen von Ostlern und Westlern an Bord in der Geschichte

      Vom schattigen Osten in den sonnigen Westen springen

      kontrovers aufeinandertreffen

      oder

      wenn ein „Superweib“ in

      Schriftstellerin mutiert zum Passagierschreck

      unbeabsichtigt einen schüchternen Passagier verschreckt,

      wenn zwei verzweifelte Passagiere in

      Abenteuer Brasilien & Geheimnisvolles Amazonien

      bedeutsame Erinnerungsstücke am Amazonas heimlich über Bord gehen lassen,

      wenn eine Kreuzfahrt überraschend mit

      Pleiten, Pech und Pannen

      auf dem Mittelmeer

      endet

      bzw.

      wenn ein Virus den Reiseverlauf einer langersehnten Kreuzfahrt total durcheinanderbringt und alles nur in die eine Frage mündet:

      Wohin soll denn die Reise geh’n?

      Diese und weitere Kreuzfahrtgeschichten erzähle ich vorrangig aus der Perspektive des definierten Schattenspringers. Dazu gehört auch, dass es durchaus schon mal vorkommen kann, dass ich bereits in Vorbereitung auf die Reise über meinen eigenen Schatten springen muss, wenn es z. B. darum geht, den überzogen wirkenden Preis für eine Luxuskreuzfahrt plus Aufschlag für Alleinreisende zu berappen. Das empfinde ich ebenso, wenn ich bei Nachfrage von meinen ostdeutschen Freunden und Bekannten zum Preis der Reise lieber nicht darüber reden möchte. Es könnte ja als Angabe oder Protzgehabe wirken. Diese und auch die folgenden Sprünge beim Überwinden von Grenzen kennen sicher viele Kreuzfahrer.

      Ich muss bei Kreuzfahrten häufig über meinen eigenen Schatten springen, um das Gehabe und die Allüren aufdringlicher und unbequemer Passagiere, das Auftreten überheblichen Personals – ja, das gibt es auch auf Kreuzfahrten, insbesondere bei den Kontrollbehörden in den Häfen – tolerieren zu können und ein solches Verhalten dennoch mit einem typisch „rosegen“ Schmunzeln oder Lächeln zu bedenken.

      Vielmehr in Erinnerung bleiben oft Erlebnisse, bei denen man sich persönlich überwinden muss, zuvor nicht zugetraute Hürden zu überspringen.

      Wer kennt nicht das glückstrahlende Gefühl, wenn man sich trotz gesundheitlicher Bedenken dazu hinreißen lässt, an einem spektakulären Ausflug oder Programm teilzunehmen, und anschließend die eigene Courage bewundert.

      Die Aufmerksamkeit einer interessanten oder prominenten Person an Bord zu erringen oder etwas zu tun, was man zu Hause in der Öffentlichkeit nie tun würde, können ebenso dazu führen.

      Dieses sich anschließende beglückende Gefühl, über den eigenen Schatten gesprungen zu sein und dabei den inneren Schweinehund überwunden zu haben, kennt wohl jeder und viele werden sich vielleicht an ähnliche Situationen gern erinnern.

      Begleiten Sie den Schattenspringer also in seinen Kreuzfahrtgeschichten bei solchen Gefühlsmomenten.

      Vielleicht erkennen Sie sich selbst in einer der folgenden Geschichten wieder. Es kann ja sein, dass wir uns tatsächlich auf einer Kreuzfahrt begegnet sind und Sie die Vorlage für eine der beobachteten Personen bilden.

      Bei den als äußerst angenehm empfundenen rosigen Begegnungen sind Sie es garantiert.

      In den unliebsamen stachligen Auftritten und Darstellungen, die man besser vergessen hätte, irren Sie sich bestimmt. Da sind nicht Sie gemeint. Achtung, jetzt antwortet der Deutschlehrer aus voller Überzeugung mit Veronas schelmischen Worten:

      „Das kann ich Sie versichern.“

      Da stimmt doch nicht einmal der Name. Vorsicht Sprachspiel!

      Oder aber Sie haben ähnliche Begebenheiten an Bord selbst erlebt und Sie kommen ins Grübeln:

      Wie war das bloß?

      Erste Kreuzfahrterfahrungen

      Gemeinsam mit langjährigen Freunden, einige Male auch mit meiner Mutter, unternahm ich vor und nach der Wende mehrere Schiffsreisen.

      Mit der sowjetischen MS „Fjodor Scheljapin“ kreuzten wir Anfang der Achtzigerjahre auf dem Schwarzen Meer.

      Es war meine erste Hochseekreuzfahrt. Ich war fasziniert von der ungezwungenen freundlichen Atmosphäre auf