Erklärung
Kommunikationswissenschaft ist eine dynamische und im Grundverständnis interdisziplinär angelegte Fachdisziplin, deren Stärke in ihrer Interessensbreite liegt und die damit eigentlich auf Kooperation mit anderen Fächern angelegt ist. Sie ist eine Wissenschaft, die in Abhängigkeit von der Konfiguration ihrer wissenschaftlichen Umgebung sehr unterschiedliche Ausprägungen zulässt. Kommunikation ist immer Teil des allgemeinen Handelns. Insofern ist es kaum vorstellbar, über Kommunikation wissenschaftlich nachzudenken und zu reden, ohne sie im Verhältnis zu Theorien über das Handeln zu verorten. In Abhängigkeit zu dem, wie Handeln erklärt wird, lässt sich Kommunikation als eine Praxis im gesellschaftlichen Alltag verorten, zu der es noch viele unbeantwortete Fragen gibt.
Erkenntnisse aus verschiedenen DisziplinenGrundsätzlich gilt für eine Kommunikationswissenschaft, dass sie sich als Grundlagenwissenschaft mit der Semiotik als Bezugswissenschaft auseinandersetzen muss. Denn diese versucht zu erklären, wie und warum es mithilfe von Zeichen gelingt, das Miteinander von Individuen und Institutionen zu organisieren. Von der Kommunikationswissenschaft kann erwartet werden, Aussagen darüber zu machen wann und warum es in den verschiedenen gesellschaftlichen Zusammenhängen zum Austausch von Zeichen kommt und unter welchen Bedingungen dieser als erfolgreich eingeschätzt wird. SemiotikBeobachtet werden muss im Rahmen kommunikationswissenschaftlichen Arbeitens, was den Einzelnen zum kommunikativen Handeln mit den realen oder nur vorgestellten Anderen motiviert. Diese agieren nicht als isolierte Individuen, sondern sind Teil umfassender gesellschaftlicher Verhältnisse. Hierbei kann eine Kommunikationswissenschaft auf Diskussionen und Erkenntnisse in der Soziologie zurückgreifen. Denn diese geht Fragen nach, ob und wie auf der Basis von Kommunikation Gesellschaft überhaupt ermöglicht wird.
PsychologieAls fundamental werden die Einsichten in die Kommunikation eingeschätzt, die aus den Arbeiten der Psychologie hervorgegangen sind. Ein zentraler Fokus lag dabei auf dem Einzelnen und seinem Verhältnis zu seinen persönlichen Umwelten. Diese haben sich in medialen Bereichen stark verändert, sodass die Entwicklung in der Medientechnologie weiße Flecken bedingt hat, auf die eine kommunikationspsychologische Forschung Antworten finden will.
Hans Strohner (1945–2006), Professor an der Universität Bielefeld, Schwerpunkte: Text-, Kognitions- und Psycholinguistik
Kommunikationswissenschaft kann zu Erkenntnissen gelangen, bei denen Strohner (2006, 15–16; 467) Strohner, Hansbetont, dass ihre Verbreitung über die Wissenschaft hinaus von Bedeutung sein kann und ein Missbrauch nicht ausgeschlossen ist. Sie muss sich deshalb auch der Verantwortung dafür bewusst sein. Bei der Werbung und in der Politik sind Einsichten vorstellbar, die nicht nur zum Vorteil des Anderen genutzt werden können. Das Problem ist aus Diskussionen in der Medizin bekannt. Auch die Kommunikationswissenschaft braucht einen ethischen Diskurs.
Sich einer Kommunikationswissenschaft annähern
Nachdem Kommunikationswissenschaft kein Fach ist, das sich durch nur eine Theorie und eine Methodik erschließt, ist eine Einführung nur als Hinführung bzw. als eine wissenschaftliche Annäherung an das Themenfeld Kommunikation möglich. Das kann nicht ohne eine subjektive Perspektivenverkürzung geschehen. Man muss das nicht als Einschränkung sehen, wenn bewusst bleibt, dass der Weg zum Verstehen von Kommunikation verschlungener ist, als das mit dieser Annäherung erfasst werden kann. Sie folgt der Spur, Kommunikation im Handlungsfeld zu erfahren.
AkteureWer kommuniziert, setzt voraus, dass es zumindest einen Anderen gibt, der mit ihm in Verbindung tritt, wie auch immer das geschieht und was es konkret bedeuten kann. Die Frage nach dem Anderen lässt sich aber sehr unterschiedlich stellen. Die interpersonelle Kommunikation blickt anders darauf als die massenmedial organisierte. Erstere fragt, was der Andere will und wie mit ihm kooperiert werden könnte. Die massenmediale Kommunikation bedingt ein Nachdenken darüber, wie Ideen von Individuen, die gar nicht oder nur bedingt bekannt sind, so angesprochen werden können, dass sie sich auf das Geäußerte einlassen. Das Medium der Vermittlung funktioniert anders als bei einer Face to Face Begegnung. Der Raum der Öffentlichkeit erzeugt eigene Bezugsrahmen und unterscheidet sich von der privaten und persönlichen Umgebung. Die Perspektive auf den Einzelnen ändert sich, wenn wir betrachten, wie das Individuum in einer Organisation seinen Part wahrnimmt bzw. wie sie mit ihm als Teil derselben agiert. Er steht einem „abstrakten“ Partner gegenüber, wenn ihm in einem Schreiben von seinem Rathaus mitgeteilt wird, er habe sich ordnungsgemäß in dieser Kommune anzumelden. Wer der Einzelne ist, darüber wird wieder anders nachgedacht, wenn ich mich in einem Online Chat als Partner eines mir Unbekannten wahrnehme.
FormateKommunikation setzt etwas gegenseitig Erwartbares voraus. Das können formale Eigenschaften sein, die immer wieder auftreten. In einem institutionellen Kontext weisen sich die Interaktanten regelmäßig Rollen zu. Eine Gerichtsverhandlung folgt einer festgelegten Ordnung. Die Handlungen des Einzelnen sind nicht frei wählbar, sondern erfolgen in Abhängigkeit zu der jeweils zugewiesenen Rolle als Richter, Staatsanwalt, Verteidiger und Angeklagter. Der kommunikative Ablauf entspricht einer gesetzlich vorgegebenen Ordnung, von der nicht ohne weiteres abgewichen werden darf. Auch in religiösen Kontexten ist dies deutlich sichtbar, z.B. in Gottesdiensten. In der Alltagskommunikation erscheinen solche Regeln offener. Gespräche lassen sich in Abhängigkeit zu Stimmungen auf die eine oder andere Weise führen. Allerdings fällt auch hier auf, dass sie in Abhängigkeit zu der aktuellen Situation vom Angesprochenen unterschiedlich angenommen werden können und keineswegs gesichert ist, dass die gewählte Form beim Angesprochenen gut ankommt. Kommunikatives Handeln erzeugt eigenmächtige Wirkungen.
WirkzusammenhängeSeit der Antike beschäftigen sich Gesellschaften mit der Frage nach der Wirkung öffentlicher Reden. Daraus ist ein eigenständiges Fach entstanden, die Rhetorik. Sie hat Formen entwickelt, wie vor Gericht oder in politischen Versammlungen geredet werden sollte, um akzeptiert zu werden und die Meinung der Anwesenden für sein Anliegen zu gewinnen. Die Erfindung des Radios hat bei Politikern das Interesse geweckt, mehr darüber zu erfahren, wie sie durch dieses Medium ihre Wähler ansprechen und für ihre Anliegen gewinnen können. Die Ausweitung des Mediums durch den Film und das Fernsehen hat die Aufmerksamkeit der Wirtschaft geweckt, weil sie mithilfe von Werbung Käufer zu gewinnen hofft. Knape (2005) Knape, Joachim lässt darüber diskutieren, welche Handlungsformen sprechen in welchem der Medien die Rezipienten an. Das setzt Wirkungsforschung voraus. In der Neuzeit vornehmlich seit den 1960er Jahren hat die Psychologie die Wirkweisen kommunikativen Verhaltens in den Bereich des Privaten, der Zweierbeziehung, der Familie oder kleiner Gruppen zu beobachten begonnen und sich gefragt, welche Verhaltensformen unerwünschte Wirkungen auf die Anderen auslösen und zu Konflikten führen. Für Überraschung sorgen die sozialen Netzwerke in der Gesellschaft. Sie lösen Effekte aus, die im privaten und öffentlichen Raum immer wieder für Unruhe sorgen und über deren Wirkweisen noch wenig bekannt ist.
Joachim Knape (*1950)
Deutscher Literaturwissenschaftler, Schwerpunkte: Rhetorikgeschichte und Rhetoriktheorie
MediatisierungMediatisierungKommunikation wirft immer die Frage auf, wie eine Nachricht weiter gegeben wird. Was geschieht mit dem, was an jemanden gesendet wird und wie muss es arrangiert worden sein, damit er daraus das erschließt, was der Sendende sich wünscht? Missverständnisse sind dabei nicht zu verhindern, das gilt nicht nur für den persönlichen Bereich, sondern ist auch in öffentlichen Kontexten ein Problem. Eine Nachricht verändert sich auf ihrem Weg zum Anderen und verfehlt unter Umständen ihr Ziel oder sie wird bei der Übermittlung durch