Interessen an der Kommunikation
Wo wird Kommunikation zu einem Thema? Das Thema Kommunikation interessiert den Einzelnen genauso wie Organisationen und Institutionen und zwar unter dem Aspekt, wie Aufgaben im persönlichen Alltag, Beruf und in der Gesellschaft kommunikativ möglichst optimal gelöst werden können. Ärzte zum Beispiel lernen in Kursen, wie sie mit ihren Patienten in der Sprechstunde umzugehen haben: Die Patienten sollen sich ernst genommen fühlen und vom Arzt das erfahren, was sie über ihre Krankheit wissen müssen. Verkaufseinrichtungen schulen ihr Personal darin, das Interesse von Kunden zu wecken und sie an das Unternehmen zu binden. In Verkaufsschulungen werden Verkäufer trainiert, wie Kunden angesprochen werden sollten, um ihnen ein Produkt nahe zu bringen und sie zum Kauf zu motivieren. Sogar der Umgang mit Kundschaft an Supermarktkassen ist ein Übungsfeld für die Kassiererinnen. In eigens dafür eingerichteten Kursen werden mit ihnen Verhaltensregeln eingeübt. Themen wie Freundlichkeit, Höflichkeit und Geduld gehören in das Repertoire solcher Übungen. In Betrieben wird das Leitungspersonal auf Schulungen geschickt, um zu lernen, wie sie mit ihren Mitarbeitern möglichst konfliktfrei zusammenarbeiten können.
Für die Bildung spielt Kommunikation eine zentrale Rolle, weil Unterrichten und Lehren zunehmend als dialogisches Handeln gesehen wird. Erhofft wird, dass die Lernenden zum Vermittelten leichter einen Zugang finden und selbst in die Lage versetzt werden, das nicht Verstandene dem Lehrenden anzeigen zu können. Der Einzelne erfährt in seinem Alltag, dass Kommunikationsfähigkeit eine Schlüsselfunktion hat. Ständig wird er mit Situationen konfrontiert, die er kommunikativ lösen muss. Das geschieht nicht nur mündlich, sondern bedingt durch die elektronischen Medien in gleichem Maße auch schriftlich. Ihm werden entsprechend zahlreiche Bildungsangebote gemacht, wie er sich richtig im Umgang mit Anderen verhalten kann, die angemessenen Themen findet und die richtige Argumentation wählt. Wichtig erscheinen der Umgang mit Konflikten und das Finden einer kommunikativen Lösung. Ebenso kann er lernen, wie er sich im Internet effektiv darzustellen kann und einen Freundeskreis findet und pflegt.
Das Fach KommunikationswissenschaftKommunikationswissenschaftFach
Kommunikationswissenschaft zu studieren, ist ein beliebter Studienwunsch, aber was bedeutet eigentlich Kommunikation, wenn sich Wissenschaft ihr zuwendet? Schmidt und Zurstiege (Schmidt und Zurstiege 2000b, S. 9–57) Schmidt, Siegfried J.Zurstiege, Guido sprechen in der Einleitung ihrer Einführung zur Kommunikationswissenschaft davon, dass sich diese Wissenschaft mit etwas ganz Faszinierendem im Leben eines jeden beschäftige und sie charakterisieren dieses als den Stoff, aus dem Lebenswelt, Gesellschaft und Kultur bestehen. Alle möglichen Lebensbereiche weisen engste Verbindungen zur Kommunikation auf und erwecken so den Eindruck, alles sei Kommunikation. Dieser offenen Lesart steht ein Verständnis gegenüber, das Kommunikation auf Schlüsselbegriffe wie Sprecher und Hörer, Kanal und Medium, Botschaften, die gesendet und empfangen werden, verengt.
Siegfried J. Schmidt (*1949)
Germanist, Professor für Kommunikationstheorie und Medienkultur, Schwerpunkte: empirische Literaturwissenschaft, Texttheorie und Kommunikationswissenschaft
Guido Zurstiege (*1968)
Professor für Medienwirtschaft, Schwerpunkte: Empirische Medienforschung, Kommunikationstheorie sowie Rezeptions- und Wirkungsforschung
Bild in der ÖffentlichkeitKommunikationswissenschaft wird in der Öffentlichkeit nicht vorrangig mit den genannten Aspekten identifiziert. Schmidt und Zurstiege (2000a, S. 11) knüpfen an Diskussionen über die Medien- und Kommunikations- oder Informations- und Kommunikationsgesellschaft an. Wenn wir uns im Freundeskreis als Kommunikationswissenschaftler zu erkennen geben, kommt es zu Kommentaren wie „Ach, Sie machen Fernsehen!“ oder „Machen Sie uns mal einen Flyer!“ bzw. „Schauen Sie sich mal unseren Webauftritt an! Wie könnten wir ihn besser machen.“ Gleichzeitig spricht derselbe Kreis vom Axiom des „Nicht-nicht-Kommunizieren-Könnens“ des Watzlawick (1969, S. 4–26) Watzlawick, Paulund der Beziehungskommunikation eines Schulz von Thun (1982) und wie wichtig sie diese für ihren Alltag halten.
Paul Watzlawick (1921–2007)
Österreichisch-amerikanischer Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut und Soziologe, Mitbegründer der Palo Alto Schule
Friedemann Schulz von Thun (*1944)
Psychologe und Kommunikationswissenschaftler
In den sich daran anschließenden Gesprächen wird offenkundig, dass wenig Wissen darüber besteht, womit sich Kommunikationswissenschaft beschäftigt. Wer Kommunikationswissenschaft beispielsweise mit der Medienrezeptionsforschung verbindet, sieht darin Befragungen über Medienverhalten und rückt das Fach in die Nähe der Meinungsforschung. Im Fall einer psychologischen Orientierung wird an das viel zitierte „Vier-Ohren-Modell“ Schulz von Thun (1982, S. 13–15) Schulz von Thun, Friedemanngedacht und es finden sich Kommentare wie, man sei ein Typ, der eher beziehungsorientiert und weniger sachorientiert kommuniziere. Kommunikationswissenschaft ist keine klassische Disziplin. Sie kann sich nicht wie etwa die Physik, Biologie oder Mathematik auf eine lange Tradition in der Entwicklung von Theorien und Methoden beziehen. Sie wird auch nicht automatisch mit einer Geisteswissenschaft wie der Germanistik, Philosophie oder Soziologie gleichgesetzt. Am ehesten gibt es im öffentlichen Bewusstsein Verknüpfungen zur Psychologie und in den letzten Jahren zur Medienforschung.
Erklärung
Das Fach hat viele Gesichter. Wenn Kommunikation den Stoff bietet, aus dem sich Lebenswelt, Gesellschaft und Kultur speisen, dann verwundert es nicht, dass sich eine Kommunikationswissenschaft vielfältigen und sehr unterschiedlichen Bereichen zuwendet. Entsprechend verschiedenartig sind die Gegenstände der Beobachtung und das Forschungsinteresse, das dem Verhalten von Personen gilt, dem Erscheinungsbild von Druckerzeugnissen oder Bildproduktionen gewidmet wird oder sich mit bestimmten thematischen Feldern wie Politik und Kultur auseinandersetzt. Damit verbunden sind ganz spezielle Methoden, die sich teilweise sehr deutlich voneinander unterscheiden. Kommunikationswissenschaft ist ein Sammelbegriff für Programme, die sich darin unterscheiden, wie sie das Thema der Kommunikation wissenschaftlich aufnehmen und behandeln.
Kommunikation wird in der gegenwärtigen Gesellschaft als fundamentale Bezugsgröße wahrgenommen. Daher überrascht es nicht, dass 2007 der deutsche WissenschaftsratWissenschaftsrat (Wissenschaftsrat 21.05.2007) die gesellschaftliche Bedeutung der Kommunikationswissenschaft betont hat und glaubt, dass von ihr „wesentliche Impulse für kulturelle, ökonomische und technische Entwicklungen“ ausgehen werden und „eine enorme Nachfrage“ zu erwarten sei. Vorgeschlagen wird, die Kommunikationswissenschaft in eine sozialwissenschaftlich orientierte Kommunikationswissenschaft, eine kulturwissenschaftliche Medialitätsforschung und in eine an der Informatik ausgerichtete Medientechnologie zu unterteilen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass in Deutschland, im Gegensatz zu den USA, die Teilbereiche kaum vernetzt sind. Dem wird gegenwärtig versucht, durch eine