Zur Studien-, Ausbildungs- und Berufsbefähigung trägt dieser Kompetenzbereich Wesentliches bei, indem er die Lernenden mit der Schriftlichkeit vertraut macht und ihnen Textsorten näherbringt, die einerseits zur Kommunikation in Alltag und Beruf (z.B. sachlicher Brief, Protokoll), andererseits zum eigenen Wissenserwerb (z.B. Zusammenfassung, Exzerpt) gebraucht werden (ebd.).
Die Kompetenzbereiche Mit Medien umgehen sowie Schreiben und Lesen sind eng miteinander verknüpft. Das Schreiben am PC fordert und fördert das wiederholte Lesen. Texte in digitalen Medien, wie z.B. SMS, E-Mails, Chats oder Texte in sozialen Netzwerken, sind Teil der Medienvielfalt im Deutschunterricht geworden und aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken (Abraham & Frederking, 2017:64).
Geschrieben wird in fast jedem Fach und die im Fach Deutsch erlernten Kompetenzen können und müssen in anderen Fächern als Transferkompetenz genutzt werden, z.B. in Form der kommunikativen oder der erkenntniserweiternden Funktion (heuristisch-epistemisch). Somit ist der Schreibkompetenzerwerb nicht nur Aufgabe des Deutschunterrichts, auch wenn dieser dort zielgerichtet gefördert wird.
Die Deutschdidaktik als ‚Wiege des Deutschunterrichts‘ ist einem ständigen gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt. Das Fach Deutsch war erstmalig 1812 ein Abiturfach (Abraham & Frederking, 2017:53). In den 1970er Jahren folgte die Teilung in Literatur- und Sprachdidaktik. Noch 1984 wurde die Schreibdidaktik als fehlend und „weißer Fleck“ (Koch & Pielow, 1984:1) bezeichnet. Mitunter wurde die Schreibdidaktik kritisiert:
Schreiben kann, wie viele Beispiele zeigen, eine solche produktive, humane, soziale, demokratische, mit einem Wort kulturrevolutionäre Kraft sein – wenn es nur wirklich produktives Schreiben ist und nicht theoretisch und praktisch sogleich wieder in Schemata gepreßt wird, die es herrschenden ökonomischen, politischen, wissenschaftlichen Mächten verfügbar machen (Koch & Pielow, 1984:2).
Das Internet mit seinen Möglichkeiten erweiterte die oben angeführte Zweiteilung um die Mediendidaktik. Fortan wird im Deutschunterricht von „sprachlicher, literarischer und medialer Bildung“ (Abraham & Frederking, 2017:54) gesprochen. Die Innovation der Neuen Medien integrierte nun auch Hörbücher, Filme, PC-Recherche sowie das „Schreiben und Lesen am PC“ in das Fach (KMK, 2004). Heute sind die vier Kompetenzbereiche „Sprechen und Zuhören“ (ebd.), „Schreiben“ (ebd.), „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“ (ebd.) sowie „Lesen – mit Texten und Medien umgehen“ (ebd.) für den Mittleren Bildungsabschluss und damit für alle Schüler in Deutschland Gegenstand des Deutschunterrichts. Die Schreibdidaktik ist u.a. mit den Disziplinen Psychologie, Sprachdidaktik sowie Linguistik vernetzt und erfordert sowohl Forschungsnetzwerke als auch Schreibstudien von der Primarstufe bis zum Schreiben am Arbeitsplatz (ebd.). Der dazugehörige Forschungsbereich Writing at Work hat sich erst seit den 1980er Jahren etabliert, und zwar überwiegend im angloamerikanischen Sprachraum (Jakobs, 2005:13).
Die Forschungsrichtung Writing at Work gewinnt mit dem prognostizierten Übergang von der Informationsgesellschaft zur Wissens- und Service- sowie – weiter gefasst – zur Health-Care-Gesellschaft an Bedeutung. Jede der drei Entwicklungstendenzen verlangt von den Berufsausübenden erhebliche kommunikative Fähigkeiten (Jakobs, 2005:15).
Für die Deutschdidaktiker sowie für Wissenschaftler mit dem Untersuchungsfokus auf den Schreibprozess ist einerseits die Erhebung der Schreibkompetenz mit berufsnahen Textsorten am PC und andererseits die Evaluation des Schreibprojekts als Intervention bereichernd, da seitens der Deutschdidaktik authentische Deutschstunden mit ganzen Klassen sowie die Auswertung dieser mithilfe verschiedener Testinstrumente wie Schreibaufgaben, Fragebogen, Tonband- und Videoaufnahmen sowie Aufnahmen des Tastaturschreibens gefordert werden, denn die „[…] empirische Schreibdidaktik im deutschsprachigen Raum ist eine junge Interdisziplin, die sich dem Schreibenlernen und Schreibenlehren widmet“ (Steinhoff et al., 2017:9).
Jede Privatperson setzt sich in ihrem Leben mit Bewerbungsanschreiben im Rahmen einer Bewerbung auseinander. Auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich die Tendenz, dass für einen Arbeitnehmer, im Vergleich zu der Zeit vor 100 Jahren, heute ein erhöhter beruflicher Wechsel ansteht. Der klassische Verlauf, nach der Schule in einem Betrieb eine Ausbildung zu machen, übernommen zu werden und bis zur Rente dort zu arbeiten, ist in der heutigen schnelllebigen Berufswelt längst Vergangenheit. Bewerbungen schreibt fast jeder Bürger des Landes, sie werden von Betrieben schon während des Schülerpraktikums verlangt. Sie sind im Rahmenlehrplan des Faches Deutsch verankert, und dennoch finden sie im deutschdidaktischen Forschungsfeld bisher kaum Beachtung. Das Bewerbungsanschreiben wird mit Eintritt in den beruflichen Werdegang verlangt. Es ist eine Briefform, die einerseits der DIN-Norm 5008 und damit einem hohen Grad an Normierung unterliegt und dennoch nach einem persönlichen Stil und einer genauen Adressatenorientierung verlangt (Grün, 2013) – eine Gratwanderung, die aus textlinguistischer Perspektive ein höchst interessanter Untersuchungsgegenstand ist. Deutschlehrer, Eltern, Berufsberater und Wirtschaftslehrer fragen nicht nur nach Erkenntnissen zu diesem Untersuchungsgegenstand, sondern ebenso nach der Vermittlung: Wie können Bewerbungsanschreiben unterrichtet werden? Dabei stellt sich eine spannende Herausforderung: die Frage der Didaktik und Methodik. Dafür sollte der Deutschlehrer an Schulen zunächst einmal der richtige Ansprechpartner zu solchen Fragen sein. In Deutsch- und Wirtschaftsbüchern finden wir zahlreiche Übungsmöglichkeiten dafür, welche Elemente in ein Bewerbungsanschreiben hineingehören, z.B. werden Musterbriefe abgebildet – doch das reicht nicht aus. Das Verfassen von Bewerbungsanschreiben erfordert eine Kompetenz, die im Laufe der Jahre selbstständig weiterentwickelt werden muss, da sich auch Bewerbungsformate ändern. Wurde früher noch der Beginn einer neuen Arbeit per Handschlag ausgemacht, ist es heutzutage rechtlich verpflichtend, dass Betriebe zumindest das Bewerbungsanschreiben für jeden Bewerber archivieren, falls arbeitsrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden.
Angebote werden auch heute noch überwiegend mündlich getätigt. Ob im Supermarkt oder in einer Bäckerei – das Angebot ist rechtlich gesehen die erste Willenserklärung. Als Verbraucher können wir die zweite Willenserklärung und damit einen Vertragsabschluss abgeben, indem wir an der Kasse einkaufen oder das Geschäft verlassen. Die zunehmende E-Mail-Flut versteckt jedoch Willenserklärungen. Verbraucher klicken aus Versehen auf eine Bestätigungstaste und geben oft eine zweite Willenserklärung ab, ohne dies zu ahnen. Gerade Jugendliche sind für diese Art von Verträgen leichte Opfer und haben nicht selten immense Handyrechnungen. Die Kenntnis, dass es sich um ein unverlangtes Angebot handelt, ist vielen Jugendlichen noch nicht bewusst, da erst auf der Berufsschule der rechtliche Hintergrund von Verträgen Unterrichtsgegenstand ist. An Schulen in der Sekundarstufe I wird dies bisher noch nicht behandelt (Nds. KM 2006a-e). Im späteren Alltag erhalten die Verbraucher nicht nur über das Internet als E-Mail, sondern auch per Post unverlangte Angebote. Hier ist es wichtig, eine curriculare Lücke zu schließen.
Gerade Briefe nach DIN-Norm, vor allem Bewerbungsanschreiben und unverlangte Angebote, werden aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen oft schriftlich verfasst. In der späteren beruflichen Praxis erstellen viele Arbeitnehmer, vor allem in kaufmännischen Berufen im Dienstleistungssektor, unverlangte Angebote, um mehr Kunden für eine Dienstleistung oder ein Produkt zu gewinnen und damit den Umsatz zu steigern. Jeder Unternehmer, egal in welcher Branche, muss sich dieser Schreibherausforderung stellen.
Als Deutschlehrer ist nicht nur die Theorie zu vermitteln, sondern das Schreiben von Briefsorten mit Schülern am PC ab dem achten oder spätestens neunten Schuljahr zu üben. Es wird nach einem Deutschlehrer verlangt, der nicht nur die briefrelevanten Inhalte vermittelt, sondern sich auch mit Textverarbeitungsprogrammen auskennt und nicht nur einen Schüler, sondern eine ganze Klasse unterrichten kann. Neben dem textlinguistischen und computerbasierten Know-how ist eine weitere Lehrqualität gefragt: Es gilt den Schreibprozess im Auge zu behalten. Dieser kann mithilfe des PCs und Beamers für die Schüler visuell unterstützt werden. Des Weiteren sollten den Schülern aufgrund der heterogenen Schülerschaft mehrere Lernzugänge zu diesem Thema zur Verfügung gestellt werden – quasi mit allen Sinnen (Akoun & Pailleau, 2014:40). Aus diesem Grunde ist ein Methodenprofi gefragt, der verschiedene Sozialformen mit Unterrichtsmethoden