Mit Kommissarin Minou ist jederzeit zu rechnen. Helene Kneip. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Helene Kneip
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783961361250
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das geringste Anzeichen von Angst war erkennbar. Eher Triumph. Er hatte den unverschämten Kerlen gezeigt, dass er das wahr macht, was er sagt. Chapeau. Das ist Französisch und bedeutet so viel wie: Hut ab, ein Zeichen der Ehrerbietung.

      Die zwei Kerle spurteten zu ihren Rädern, die an eine defekte Straßenlaterne gelehnt waren, schwangen sich darauf und rasten mit heftigem Treten in die Pedale davon, nicht ohne in Richtung des Nachbarn den Stinkefinger zu zeigen. Das war offensichtlich ihre bevorzugte Kommunikatzion. Ich hörte noch ein wütendes: „Das wirst du noch bereuen, alter Mann.“ Dann waren die Kerle verschwunden.

      Während die Polizeisirenen sich näherten, öffnete Sophia die Haustür. Sie ist sehr mutig, muss ich sagen. Hinter ihr steckte Johann den Kopf zur Tür heraus. Sophia erblickte den Nachbarn im Fenster und rief: „Was war das für ein Krach, Herr Schmitz?“ Ja, den Namen hatte ich schon mal gehört, aber wie die meisten Namen gleich wieder vergessen. Jetzt würde ich versuchen ihn mir zu merken. Außerdem hieß er noch Egon. So hatte ihn seine Frau genannt.

      Egon Schmitz war ein mutiger Mann. Der ließ sich nicht unterkriegen. Das gefiel mir. In ihm verbarg sich eine wahre unbeugsame Katzennatur.

      „Hast du das denn nicht gehört? Bei euch hat jemand immer wieder auf die Tür eingedroschen und gerufen, ihr solltet öffnen. Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, weil deine Eltern doch nicht da sind. Bist du allein?“ Er hatte Johann wohl noch nicht gesehen.

      „Nein“, meldete sich Johann zaghaft. „Wir sind heute aus dem Urlaub zurückgekommen. Weil es so spät war, bin ich hiergeblieben.“

      Nun kam er aus Sophias Schatten heraus und präsentierte sich in der vollen Türesbreite.

      Männer können ja so feige sein. Ich weiß schon, warum ich mir keinen Kater anschaffe. Ich brauche meine Liberté und keinen ängstlichen Klotz an meinen wunderschön gestreiften Pfoten. Da spürte ich wieder das grellrote Band an meinem Hals. Aber jetzt hatte ich dafür keine Zeit. Ich musste hören, was die Menschen sagten.

      „Das ist gut so“, antwortete der Nachbar. Man höre und staune. Der Zweck heiligt wohl die Mittel, wie die Menschen häufig sagen, wenn sie sich untreu werden.

      Ich hätte ja gedacht, dass er die Gegenwart Johanns nicht gutheißen würde. Ich erinnere nur daran: „Die Welt wird immer schlechter.“ Das oder etwas in dieser Richtung hatte er den beiden Typen noch zugerufen, bevor er das Fenster geschlossen hatte. Eigentlich sagt diese Aussage alles. Oder? Na ja, nicht mein Problem. Außerdem hatte er Stärke bewiesen.

      Bei den letzten Worten des Nachbarn hielt ein Polizeiwagen mit zwei Polizisten vor Sophias Haus.

      „Was ist denn los?“, fragte einer der beiden Polizisten. Beide blieben im Auto sitzen und hatten nur die Wagenfenster runtergelassen.

      „Da haben sich zwei Burschen an der Haustür der beiden zu schaffen gemacht“, brüllte Herr Schmitz bzw. Egon den Polizisten zu.

      „Was wollten die denn?“ Der Polizist schrie dies laut in die Nacht.

      Da öffnete sich ein Fenster bei den Menschen, die mich Laila nennen.

      „Ruhe! Bei diesem Lärm kann man nicht schlafen.“ Das war der alte Mann. Als er die Polizei sah, verstummte er sofort und schloss eilig das Fenster.

      „Was war das denn?“ Einer der Polizisten schaute fragend auf das nun geschlossene Fenster. Er machte einen etwas verärgerten Eindruck, weil der alte Mann sie alle zur Ruhe aufgefordert hatte.

      Eine leichte Bewegung der Gardine verriet mir, dass der alte Mann die Straße und insbesondere das Haus von Sophias Eltern beobachtete. Ob die Polizisten das ebenfalls bemerkten, weiß ich nicht. Dass einer der Polizisten in Richtung des alten Mannes winkte, ließ allerdings darauf schließen.

      „Ich komme mal runter“, rief Herr Schmitz in seiner resoluten Art. „Wir müssen ja nicht die ganze Straße aufwecken.“

      Geräuschvoll wurde das Fenster geschlossen und noch ehe eine Minute vergangen war, stand er bei den Polizisten, die sich endlich aus ihrem Wagen bequemt hatten. Er hatte sich nicht einmal einen Morgenmantel übergezogen, sondern stand da in seinem Schlafanzug. Die Hosenbeine gingen nur bis zum Knie.

      Sophia und Johann waren ebenfalls aus dem Haus getreten und unterhielten sich bereits mit den Polizisten, als Herr Schmitz hinzukam. Ich schlich mich so nahe wie möglich an die fünf Menschen heran, um alles verstehen zu können.

      „Es waren zwei Burschen“, erklärte Herr Schmitz, der sofort das Wort übernahm.

      „Wie sahen die denn aus? Können Sie die Männer beschreiben?“

      „Leider nein“, musste der alte Mann zugeben. „Es war viel zu dunkel. Und die Straßenlaterne …“ – er deutete mit dem Kopf nach oben – „ist mal wieder kaputt. Das kann man so oft melden, wie man will. Die Stadt tut nichts. Aber wenn die was von uns will, ist sie sofort da. Da gibt es kein Pardon. Zum Beispiel die Zigarettenschachteln …“

      „Ja, ja“, unterbrach einer der Polizisten Herrn Schmitz. Er wusste sicher aus Erfahrung mit anderen älteren Menschen, was nun noch alles kommen würde, und dass es ewig dauern würde, bis Herr Schmitz zum entscheidenden Punkt kommen würde oder auch nicht. Daher wandte er sich an Sophia und Johann.

      „Was haben Sie denn gesehen?“

      „Nichts, rein gar nichts“, antwortete Johann.

      „Sie waren auf Rädern“, schaltete sich Herr Schmitz wieder ein. Er ließ sich von den Polizisten nicht mundtot machen. „Die Räder lehnten an der defekten Laterne. Und beide Kerle waren groß und kräftig. Mehr kann ich leider nicht sagen“, ergänzte der Nachbar und schüttelte bedauernd seinen Kopf.

      „Am Abend bzw. am späten Nachmittag, als wir hier …“, begann nun Sophia und wollte wohl von dem Rucksackklau erzählen. Ein kurzer Stups Johanns in die Seite brachte sie zum Schweigen.

      Ich hätte heulen können vor Wut. Dieser Ignorant. Das einzig Richtige in diesem Moment wäre gewesen, von dem Diebstahl zu erzählen. Und was macht der feine Herr? Katze darf überhaupt nicht drüber nachdenken.

      „Was war am Abend bzw. am späten Nachmittag?“, fragte einer der Polizisten.

      Hurra, er hatte es mitbekommen. Er war hellhörig geworden. Großkatze sei Dank. Mein Katzenherz jubelte.

      „Ach, eigentlich nichts. Ich bin ein wenig durch den Wind“, gab meine ansonsten so selbstbewusste Sophia von sich. Ich glaubte es einfach nicht. So viel zum Thema Frauenpower. Ich hätte mir das nicht von einem Kater bieten lassen. So weit käme es noch. Sie musste doch merken, dass sich etwas über uns zusammenbraute.

      „Sind Sie sicher?“, hakte einer der Polizisten zweifelnd nach.

      „Ja, klar, absolut“, kam eine knappe Antwort von Sophia. Dabei lächelte sie den Polizisten an und nickte bestätigend mit ihrem Kopf. So kann nur Sophia lächeln.

      „Dann können wir im Moment nichts machen“, beendeten die Polizisten ihren Kurzbesuch und fuhren von dannen. Herr Schmitz schloss sich an, zumal ihm seine Frau vom Fenster her Zeichen gab, er solle zurückkommen. Vorher schaute er aber noch Sophia eindringlich an.

      „Wolltest du eben nicht doch etwas Wichtiges sagen, Sophia? Denkt mal drüber nach.“ Mit diesen Worten warf Egon Schmitz gleichzeitig einen fragenden Blick auf Johann.

      „Nein, nein, eigentlich nicht“, schüttelte sie ihren Kopf. „Vielen Dank dafür, dass Sie die Polizei gerufen haben, Herr Schmitz. Gott sei Dank ist nichts passiert.“

      „Noch nicht“, grummelte der Nachbar, „noch nicht. Die Welt wird immer schlechter. Gute Nacht, ihr beiden. Wenn etwas sein sollte, ruft mich an. Ich habe nur einen leichten Schlaf.“

      Ich merkte deutlich, dass er an Sophias Worten zweifelte. Ich an seiner Stelle hätte noch einmal nachgehakt. Aber ich war nicht an seiner Stelle. Außerdem hatte Herr Schmitz nicht das mitbekommen, was ich am späten Nachmittag erlebt hatte. Er drehte sich um und ging hinüber zu seinem Haus. Dabei hörte ich noch, wie er in seinen