Abenteuer Spiel 2. Christoph Sonntag. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Sonntag
Издательство: Bookwire
Серия: Praktische Erlebnispädagogik
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783944708089
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      Als Agent laut brüllend einen anderen Teilnehmer zu umkreisen oder mit Stöcken ein Gummihuhn durch den Park zu schlagen, ist für die meisten Menschen äußerst ungewöhnlich und für viele in der Regel unvorstellbar. Es dennoch zu machen, bedarf einer entsprechenden Überwindung und bringt im Idealfall eine Menge Spaß. Besonders alberne Spaßspiele benötigen eine gewisse Vertrautheit innerhalb der Gruppe. Sie fördern aber gleichzeitig diese vertraute Stimmung und helfen den Teilnehmenden ein Gemeinschaftsgefühl aufzubauen. Besonders das Spielen von scheinbar sinnlosen oder albernen Spielen kann eine Gruppe im Idealfall nachhaltig zusammenschweißen und die Grundlage für ein gemeinsames Erlebnis und ausgelassenen Gesprächsstoff bilden.

      Die Spielleitung möchte mit einer Gruppe das Spiel „Parkplatzsuche“ spielen. Als sie erklärt, dass alle Anwesenden gleich laut hupend ihre Plätze tauschen sollen, reagieren einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer irritiert und sehr skeptisch. In den ersten Minuten des Spiels wechseln auch nur vereinzelt zwei Personen halbherzig die Plätze. Nachdem die Spielleitung selbst mehrfach mit Wonne durch die Kreismitte gebraust ist, trauen sich nach und nach auch die anderen Teilnehmenden aktiv mitzumachen und es entwickelt sich ein lautes und lustiges Durcheinander, bei dem alle Spaß haben.

      Im Verlauf des weiteren Programms entwickelt sich das Imitieren von Autos zu einer Art Insiderwitz und obwohl das Spiel längst vorbei ist, tauschen immer wieder mehrere Gruppenmitglieder laut hupend ihre Sitzplätze oder brausen los, wenn sie sich etwas zu trinken holen.

      Spaßspiele, die genau an der aktuellen Hemmschwelle der Spielerinnen und Spieler ansetzen und diese ein kleines Stück überschreiten, tragen dazu bei, das Vertrauen der Teilnehmenden in die Gruppe auszubauen und zu festigen. Durch die ungezwungene Spielatmosphäre und die scheinbare Bedeutungslosigkeit des Handelns ergeben sich für die Spielenden immer wieder neue spielerische Möglichkeiten, sich auszuprobieren und ein persönliches Wagnis einzugehen. Deshalb sind besonders alberne Spaßspiele in ihrer Bedeutung durchaus mit Vertrauensspielen zu vergleichen. Sie stellen die Beteiligten immer wieder vor herausfordernde Situationen und geben dem Einzelnen und der Gruppe die Gelegenheit, den aktuellen Grad des eigenen Vertrauens in die Gruppe zu erkennen und gegebenenfalls auszuweiten.

      Eine Gruppe spielt das Spiel „Samurai“. Eine Person aus der Gruppe zeigt sich in der Anfangsphase besonders zurückhaltend. Sie deutet ihre Bewegungen nur an und schafft es nicht, ihre Stimme richtig zu erheben. Die anderen aus der Gruppe haben damit keine Probleme. Sie machen lautstark mit und jeder Schrei wird von großem Gelächter der Gruppe begleitet. Von der ausgelassenen Stimmung der anderen angesteckt, traut sich diese eine Person immer mehr mitzumachen. Zunächst werden nur ihre Bewegungen ausladender, aber mit der Zeit auch ihre Schreie immer lauter. Die anderen Spielerinnen und Spieler honorieren ihr Engagement und lachen laut mit ihr, als sie einmal besonders laut zum imaginären Schwerthieb ausholt.

       Motivation und Bewegung

      Spaß und Freude unterstützen den Lernprozess und motivieren die Spielerinnen und Spieler, aktiv am Geschehen teilzunehmen. Manchmal genügt bereits ein kurzes Bewegungsspiel, um eine Gruppe zu motivieren, sich auf etwas zunächst Anstrengendes oder Unangenehmes einzulassen.

      Zu Beginn der Einheit sitzen alle Teilnehmenden noch etwas müde und unmotiviert im Stuhlkreis. Die Spielleitung bittet die Gruppe deshalb, mit den Stühlen ein Spalier zu bilden und sich in zwei Reihen gegenüber hinzusetzen. Dann erklärt sie das Spiel „Schrubberhockey“ und begrüßt alle Teilnehmenden zum „Ha-Ra-Weltmeisterschaftsfinale“. Schon kurz danach sind die Teilnehmenden voller Begeisterung dabei und liefern sich unter den Anfeuerungen ihrer Teammitglieder spannende Schrubberduelle. Nachdem das letzte Tor gefallen ist und das Gewinnerteam seinen obligatorischen Siegesbeifall bekommen hat, schauen alle Spielerinnen und Spieler erwartungsvoll zur Spielleitung.

      Durch dieses kleine Spiel wurde die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden angeregt und die ganze Gruppe hat sich bewegt. Alle sind nun viel eher bereit, sich auf das kommende Abenteuerspiel einzulassen.

       Ausgleich und Erholung

      Persönlich bedeutsames Lernen in einer Gruppe ist nicht nur sinnvoll und erstrebenswert, sondern kann mitunter auch mühsam und anstrengend sein. Die Teilnehmenden müssen sich bei jeder Aufgabe wieder aufeinander einlassen und im Rahmen einer erfolgreichen Lösung eine gemeinsame Ebene finden. Der Wechsel von anspruchsvollen Aufgaben und ausgelassenen Spaßspielen erleichtert es den Spielerinnen und Spielern, sich dauerhaft auf diesen Lernprozess einzulassen.

      Eine Gruppe war eine Dreiviertelstunde damit beschäftigt, aus mehreren Metern Entfernung eine Schatztruhe zu bergen, ohne den Boden dazwischen zu berühren oder die Waage, auf der die Kiste stand, aus dem Gleichgewicht zu bringen. Dies gelang nur, weil alle Beteiligten konzentriert dabei waren und sich immer miteinander abgestimmt haben. In der anschließenden Reflexion folgte eine intensive Diskussion über die Art und Weise der Entscheidungsfindung und den künftigen Umgang mit mehreren Vorschlägen. Am Ende der Reflexion sind alle Beteiligten richtig erschöpft. Im Anschluss an diese Aufgabe soll die Gruppe eigentlich gemeinsam das Netz überwinden, aber alle Spielerinnen und Spieler erscheinen momentan nicht die nötige Energie zu besitzen, um sich als Gruppe mit dieser Aufgabe konstruktiv auseinanderzusetzen. Deshalb spielt die Spielleitung mit der Gruppe kurz„Contacto“, eine Mischung aus Lauf- und Versteckspiel. Nachdem die Teilnehmenden sich ausgiebig ausgetobt und ein wenig gelacht haben, wirken alle wieder frisch und sind bereit für das anstehende Abenteuerspiel.

       Kooperation und Konkurrenz

      Es entspricht nur den wenigsten Menschen, sich immer gleichermaßen kooperativ und wertschätzend zu verhalten. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind es vielmehr gewohnt, sich mit anderen zu messen und die eigenen Interessen durchzusetzen. Ein Programm, das den Fokus nur auf Kooperation und Wertschätzung legt, läuft Gefahr die Spielerinnen und Spieler auf Dauer zu überfordern.

      Um von vornherein zu vermeiden, dass die Teilnehmenden die Freude an dem gemeinsamen Gruppenprozess verlieren, kann die Spielleitung ganz gezielt spielerische Konkurrenzsituationen schaffen, in denen die Spielerinnen und Spieler ihrem Wettkampfgeist freien Lauf lassen können.

      Im Rahmen einer mehrtägigen Weiterbildung wird eine Gruppe immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die anschließend reflektiert werden. Mit der Zeit sind alle Beteiligten dieses ständigen Gruppenprozesses überdrüssig geworden und niemand hat mehr Lust, sich ernsthaft mit den Gefühlen der anderen auseinanderzusetzen. Deshalb lädt die Seminarleitung spontan zu einem Teamwettstreit ein. Die Gruppe wird in zwei Kleingruppen geteilt, die beim „Zehnerhuhn“ in mehreren Durchgängen gegeneinander antreten sollen. Dem Gewinnerteam winken Ruhm und Ehre und ein zweiminütiger stehender Applaus der Verlierergruppe. Schon beim ersten Durchgang wird um jeden Huhnkontakt gerungen und die Spielerinnen und Spieler rennen einander laut zuschreiend über die Wiese.

      Nach diesem ausgelassenen Wettstreit sind alle wieder ausgeglichen und in der Lage, sich konzentriert auf einen gemeinsamen Gruppenprozess einzulassen.

      Durch das Wechselspiel von Kooperation und Konkurrenz wird der positive Aspekt eines wertschätzenden und rücksichtsvollen Umgangs untereinander hervorgehoben und behält seine positive Bedeutung für die Gruppe.

      Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Möglichkeit, sich mit all ihren Facetten zu zeigen, ohne dass dies die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe beeinträchtigen würde. Darüber hinaus bekommen alle Beteiligten einen besseren Eindruck von ihrem Gegenüber und sind in der Lage, sich ein klareres Bild von der Gesamtgruppe zu machen.

      Eine Gruppe spielt gegeneinander „Planen-Rennen“. Das gesamte Spiel wird von Sprüchen in Richtung gegnerisches Team begleitet und einige Spielerinnen und Spieler genießen es regelrecht, sich gegenseitig zu messen und sich einmal nicht wertschätzend zu verhalten. Bei einer der anschließenden Gesprächsrunden kommt die Gruppe zufällig auf diese Sprüche zu sprechen. In der sich daraus ergebenden Diskussion über den Umgangston innerhalb der Gruppe betonen einige Personen, dass es ihnen ein Anliegen ist, auch einmal einen blöden Spruch machen zu dürfen. Sie empfinden diese Art von Humor als nett und sehen es eher als positiv an, wenn dies im Rahmen der weiteren Zusammenarbeit