Analogietendenz siehe S. 257 f.
Wenn sich für einen Aufgabentyp eine Lösung bereits bewährt hat, dann tendieren wir dazu, in ähnlichen Situationen wieder die gleiche Strategie zu verwenden. Dies oft sogar dann, wenn sich kein Erfolg damit einstellt oder wenn es einfachere erfolgreiche Vorgangsweisen gibt. Diese funktionale Gebundenheit an einen bestimmten Lösungsvorgang ergibt sich durch die Gebundenheit an eine spezielle Sichtweise der Problemsituation, bei der sich bestimmte Lösungsmethoden entweder sichtbar anbieten oder als bewährte Lösungsmethoden automatisiert sind. So beeindruckend manche Denkfehler auch sein mögen, die aus dieser Analogietendenz resultieren, so erspart doch immerhin die Bevorzugung bereits bewährter Problemlösestrategien unnötigen Aufwand und entspricht somit dem psychischen Ökonomieprinzip.
analytisch siehe S. 47
Hier ist die analytische Methode gemeint, bei der zur Aufklärung psychischer Phänomene diese in Einzelheiten zerlegt werden dürfen (z. B. Wahrnehmungen, Vorstellungen, Einstellungen, Emotionen, Motive). Es ist kaum zu bestreiten, dass mit dieser Methode in der Physik, Chemie, Biologie, aber auch in der Biologischen Psychologie, Wahrnehmungspsychologie, Lernpsychologie und Denkpsychologie bahnbrechende Leistungen erzielt wurden (s. etwa Anderson, 1996). Eine zergliedernde Forschungsmethodik scheint sich in der Psychologie immer dann zu bewähren, wenn Systeme untersucht werden, die in weitgehend autonome Untersysteme unterteilbar sind, welche miteinander entweder parallel oder seriell interagieren.
ängstlich-ambivalenter Bindungsstil siehe S. 421
Frühkindlicher Bindungsstil. In einer Labor-Testsituation nach Ende des ersten Lebensjahres – die Mutter verlässt für maximal drei Minuten den Raum, sobald eine fremde Person eintritt – wird das Verhalten des Kindes beobachtet und drei »Grundmustern« zugeordnet (Ainsworth et al., 1978). Ein Kind mit ängstlich-ambivalentem Bindungsstil (»insecure-anxious/ambivalent«) ist während der Trennung sehr verängstigt und wechselt nach Rückkehr der Mutter zwischen aggressiver Ablehnung und der Suche nach Nähe. Das Kind ist nach der Trennung ganz mit der Beziehung beschäftigt und unfrei für andere Aktivitäten (→ sicherer Bindungsstil, → vermeidender Bindungsstil).
Angststörungen siehe S. 407
Eine Angst ist dann unangemessen, wenn sie nicht situationsadäquat ist, überlange anhält, durch die betroffene Person nicht beeinflussbar ist und zu einer schweren Lebensbeeinträchtigung führt. Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Störungen, wobei etwa 50 % auf → Agoraphobien entfallen (multiple Situationsängste wie Klaustrophobie, Höhen-, Reise- und Flugängste, Angst vor Menschenansammlungen) und etwa 25 % auf → Sozialphobien (soziale Ängste, wie Angst vor bewertender Beobachtung, Konfliktoder Kontaktangst).
Ankerheuristik siehe S. 272
Heuristiken sind notwendige Instrumente unserer Denkökonomie, weil im Alltag kaum genug Information und Zeit für streng logische Urteile zur Verfügung steht. Eine viel verwendete und automatisierte Urteilsheuristik ist die Ankeroder Anpassungsheuristik (»anchoring«, »adjustment«). Wie aus der Bezeichnung hervorgeht, führt sie zu einer Anpassung von Urteilen an vorhandene Orientierungsrichtlinien. Dies mag zwar die Einschätzungsprozesse oft beschleunigen, stellt aber umgekehrt wieder eine Quelle für »kognitive Täuschungen« dar (z. B. Hell, Fiedler & Gigerenzer, 1993). Eine ankerbedingte Verfälschung von Urteilen kann mittels einer einfachen Multiplikationsrechnung demonstriert werden, sobald die Probanden nur fünf Sekunden Rechenzeit haben und ihnen nur eine grobe Schätzung des Ergebnisses möglich ist. Im diesbezüglichen Experiment von Tversky und Kahneman (1974) kamen die Versuchspersonen bei der Vorgabe von
8 × 7 × 6 × 5 × 4 × 3 × 2 × 1
auf ein mittleres Produkt von 2250 (»Median«), bei der Vorgabe der gleichen Zahlen, jedoch in ansteigender Reihenfolge
1 × 2 × 3 × 4 × 5 × 6 × 7 × 8
im Mittel nur mehr auf 512. In der ersten Bedingung bilden die Produkte der ersten Zahlen einen wesentlich größeren Anker (z. B. 8 × 7 = 56, 56 × 6 = 336 usw.) als in der zweiten Bedingung (z. B. 1 × 2 = 2, 2 × 3 = 6 usw.). Die erhebliche Unterschätzung des richtigen Ergebnisses, nämlich 40320, zeigt außerdem, dass arithmetische Reihen ähnlich wie exponentielle Funktionen in ihrer Entwicklung schlecht vorhergesagt werden können.
Annäherung siehe S. 302
Bei Panksepp (1998) steht die allgemeine emotionsbewirkte Verhaltensadaptation im Vordergrund (»Erwartungssystem«), die grundsätzlich entweder in einer Annäherung (»approach«) oder in einer Vermeidung (»avoidance«) von Umweltreizen besteht.
Anpassungsheuristik siehe S. 272
Siehe → Ankerheuristik.
Anreize siehe S. 312
Jene Signale, die auf Ziele oder Bedingungen hinweisen, die in der Umwelt angestrebt oder vermieden werden, nennt man auch positive oder negative Anreize. Wie stark sich ein Anreiz motivierend auswirkt und sich im Verhalten niederschlägt, hängt davon ab, welche Bedeutung dem angestrebten Zielzustand zugeschrieben und für wie wahrscheinlich sein Auftreten eingeschätzt wird.
Anstrengung siehe S. 323
Der Erfolg oder Misserfolg von Leistungen kann entweder personeninternen (Fähigkeit, Anstrengung) oder personenexternen Ursachen (Aufgabenschwierigkeit, Zufall) zugeschrieben werden (→ internale oder → externale Attribution).
Anthropomorphisierung siehe S. 17
Die Anthropomorphisierung bezeichnet eine Weltsicht, bei der hinter Naturereignissen Götter, Dämonen oder Geister mit menschlichen Eigenschaften vermutet werden. Sie dürfte Ängste reduziert und eine subjektive Handlungssicherheit geschaffen haben. Die Möglichkeit, sich in Götter, Geister oder auch Dämonen einzufühlen und mit ihnen auf diese Weise irgendwie zu kommunizieren, bot offenbar subjektive Chancen, ihre Unterstützung zu erflehen oder sie zu besänftigen.
Antidepressiva siehe S. 118
Antidepressiva sind Depressionsheilmittel (z. B. Lithiumcarbonat, Reboxitin, Imipramin, Fluoxetin).
Antipsychotika siehe S. 119
Antipsychotika sind Psychoseheilmittel (Neuroleptika, z. B. Chlorpromazin, Haloperidol, Phenothiazine, Clozapin).
Aposteriori-Wahrscheinlichkeit siehe S. 274
Die Wahrscheinlichkeit für eine Hypothese nach deren Revision aufgrund neuer Erfahrungen nennt man Aposteriori-Wahrscheinlichkeit p(H/D).
Apriori-Wahrscheinlichkeit siehe S. 274
Die Apriori-Wahrscheinlichkeit (Grundrate, p(H)) ist die Auftrittswahrscheinlichkeit der postulierten Gesetzmäßigkeit allgemein (z. B., dass eine Person überhaupt ein Lügner ist).
Arbeitsgedächtnis siehe S. 220 f.
In neuerer Zeit wird anstelle des Begriffs Kurzzeitgedächtnis eher das weitere Konzept Arbeitsgedächtnis (Computermetapher: Arbeitsspeicher) bevorzugt, in dem Informationen aus den Bereichen Wahrnehmung, Erinnerung, Emotion und Motivation zusammenfließen und entsprechend den aktuellen Handlungsanforderungen integrativ verarbeitet werden. Baddeley (1986) formulierte drei Komponenten des Arbeitsgedächtnisses, nämlich eine sogenannte zentrale Exekutive, die für die Kontrolle der Aufmerksamkeit (d. h. der selektiven Aktivierung bestimmter Bewusstseinsinhalte) verantwortlich ist, eine phonologische Schleife und einen visuell-räumlichen Notizblock, die Funktionen des akustischen bzw. visuellen Memorierens erfüllen (d. h. der absichtlichen Aufrechterhaltung von Bewusstseinsinhalten im Arbeitsgedächtnis).
Arbeitsmotivation siehe S.