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– | Sonstige selbständige Gebäudeteile sind Gebäudeteile, die einem anderen Zweck dienen als das übrige Gebäude. In diesem Zusammenhang wird danach unterschieden, ob der jeweilige Gebäudeteil für eigene betriebliche Zwecke, für eigene Wohnzwecke, für fremde betriebliche Zwecke oder für fremde Wohnzwecke genutzt wird. Die unterschiedlich genutzten Gebäudeteile stellen jeweils ein eigenes, unbewegliches Wirtschaftsgut dar (R 4.2 Abs. 3 S. 3 Nr 5, Abs. 4, R 7.1 Abs. 6 EStR). Beispiel: Der Einzelunternehmer E besitzt ein Grundstück mit einem Wohn- und Geschäftshaus. Im Erdgeschoss befindet sich sein eigener Betrieb. Den ersten Stock hat er an einen Meister aus seinem Unternehmen vermietet. Die zweite und dritte Etage sind an Personen vermietet, die nicht in seinem Betrieb angestellt sind. Im Dachgeschoss wohnt E selbst. Den Keller des Hauses hat er an die N-GmbH vermietet, die dort ihre Waren lagert. Zum eigenbetrieblich genutzten Gebäudeteil gehören das Erdgeschoss sowie der erste Stock, sofern für die Vermietung an den Arbeitnehmer betriebliche Gründe ausschlaggebend sind. Zu dem Gebäudeteil, der für fremde Wohnzwecke genutzt wird, zählen die zweite und dritte Etage. Der Keller wird zu fremden betrieblichen Zwecken genutzt. Das Dachgeschoss bildet einen selbständigen Gebäudeteil, der für eigene Wohnzwecke genutzt wird. |
– | Ein Gebäudeteil ist unselbständig, wenn er der eigentlichen Nutzung des Gebäudes dient und sich sein Fehlen für die Nutzung des Gebäudes negativ bemerkbar machen würde. Beispielsweise stehen Fahrstuhl-, Heizungs-, sanitäre Anlagen, Be- und Entlüftungsanlagen (Regelfall) oder die Umzäunung und Garage eines Wohngebäudes in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude (H 4.2 Abs. 5 EStH). |
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(3) Abgrenzung zwischen Gebäude und Betriebsvorrichtung: Die Abgrenzung zwischen dem Gebäude und den Betriebsvorrichtungen ist nicht nur für die Ertragsteuern sehr wichtig, sondern auch für zahlreiche weitere Steuerarten bedeutsam. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Arten von Wirtschaftsgütern erfolgt für die einzelnen Steuerarten nach den gleichen Grundsätzen. Die Einzelheiten sind in den Gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder betreffend die Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen vom 5.6.2013, BStBl. 2013 I, S. 734 (kurz: Abgrenzungsrichtlinie) geregelt.
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Ertragsteuerlich wirkt sich die Abgrenzung auf die Art und Weise der Berechnung der Absetzung für Abnutzung aus: Zu unterscheiden sind die lineare Abschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG (Gebäude) bzw die lineare Abschreibung und die Leistungsabschreibung nach § 7 Abs. 1 EStG (Betriebsvorrichtungen).[9] Bei Gebäuden ist die Abschreibungsdauer gesetzlich normiert. In Abhängigkeit von der Art der Nutzung und dem Erwerbszeitpunkt beläuft sie sich auf 33 1/3, 40 oder 50 Jahre. Bei beweglichen Wirtschaftsgütern wird die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für jedes Wirtschaftsgut individuell festgelegt. Im Regelfall liegt die Abschreibungsdauer bei beweglichen Wirtschaftsgütern deutlich unter der von Gebäuden. Bei Grundstücken kommt es im Bereich der Gewerbesteuer zu einer (pauschalen) Kürzung der darauf entfallenden Erträge (§ 9 Nr 1 GewStG). Die Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer beträgt bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern ein Viertel von 50% der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) und bei beweglichen Wirtschaftsgütern ein Viertel von 20% der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten, § 8 Nr 1 Buchst. d, e GewStG). Damit mindern bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern nur 87,50% und bei beweglichen Wirtschaftsgütern 95% der Mieten und Pachten den Gewerbeertrag des Mieters bzw Pächters.
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Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist die Abgrenzung zwischen Grundstücken und Betriebsvorrichtungen grundsätzlich nicht erforderlich, da der Wert des Unternehmens bzw Gesellschaftsanteils regelmäßig durch eine Gesamtbewertung bestimmt wird. Besonderheiten treten nur dann auf, wenn ausnahmsweise eine gesonderte Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter vorzunehmen ist. In diesem Fall ist bei Betriebsgrundstücken der Grundbesitzwert nach § 151 BewG heranzuziehen, während bei Betriebsvorrichtungen der gemeine Wert nach allgemeinen Grundsätzen bestimmt wird (§ 9 BewG). Grundstücke unterliegen der Grundsteuer und beim Verkauf der Grunderwerbsteuer, während Betriebsvorrichtungen von diesen beiden Steuerarten nicht erfasst werden (§ 2 GrStG, § 1, § 2 GrEStG). Die Veräußerung sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken sind grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Für Betriebsvorrichtungen kommen die Befreiungen nach § 4 Nr 9 Buchst. a, Nr 12 UStG nicht zur Anwendung.[10]
Abb. 15: Bedeutung der Abgrenzung zwischen Gebäude und Betriebsvorrichtung
Gebäude | Betriebsvorrichtung | |
---|---|---|
Steuerbilanz (Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbesteuer) | • lineare Abschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG | • lineare Abschreibung oder Leistungsabschreibung nach § 7 Abs. 1 EStG |
• Nutzungsdauer: gesetzlich geregelt (33 1/3, 40 oder 50 Jahre) | • Nutzungsdauer: in Abhängigkeit von der Art des Wirtschaftsguts (AfA-Tabellen) | |
Besonderheiten bei der Gewerbesteuer (Hinzurechnungen und Kürzungen) | • Hinzurechnung von 12,50% der gezahlten Mieten (Leasingraten) • (pauschale) Kürzung von Grundstückserträgen: ja | • Hinzurechnung von 5,00% der gezahlten Mieten (Leasingraten) • (pauschale) Kürzung von Grundstückserträgen: nein |
Erbschaft- und Schenkungsteuer (nur wenn getrennte Bewertung) | gemeiner Wert (eigenständiges Bewertungsverfahren) | gemeiner Wert |
Grundsteuer | ja | nein |
Grunderwerbsteuer | ja | nein |
Umsatzsteuer | • Verkauf: nein (Grundsatz) • Vermietung: nein (Grundsatz) | • Verkauf: ja • Vermietung: ja |
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Die schwierige Abgrenzungsfrage zwischen dem Gebäude und den Betriebsvorrichtungen wird mit Hilfe von zwei Grundsätzen gelöst: Zum einen wird für Betriebsvorrichtungen eine besondere Beziehung zum betreffenden Betrieb gefordert, zum anderen wird der Begriff des Gebäudes durch fünf Kriterien umschrieben.
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