10.12.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte) | ||||
20.12.01: Rohstoffe | 200 000 € | an | Bank | 200 000 € |
erfolgsneutraler Beschaffungsvorgang
31.12.01: Aufwand | 10 000 € | an | Rohstoffe | 10 000 € |
Imparitätsprinzip der Höhe nach (Niederstwertprinzip): Aufwandsantizipation durch außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Stichtagswert.
Der Unterschied zwischen den beiden Formen des Imparitätsprinzips besteht darin, dass sich das Niederstwertprinzip (als eine Unterform des Imparitätsprinzips der Höhe nach) auf abgeschlossene Geschäfte bezieht, während das Imparitätsprinzip dem Grunde nach bei schwebenden Geschäften zu beachten ist. Den beiden Prinzipien ist gemeinsam, dass entstandene, aber noch nicht realisierte negative Erfolgsbeiträge erfasst werden. Bei Beschaffungsgeschäften bedeutet dies, dass in dem Fall, in dem der Tageswert des erworbenen Wirtschaftsguts unter den vereinbarten Einkaufspreis sinkt, der Wertverlust den Gewinn der abgelaufenen Periode mindert. Das Imparitätsprinzip kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob die erworbenen Wirtschaftsgüter am Abschlussstichtag bereits ausgeliefert wurden (außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Tageswert nach dem Niederstwertprinzip) oder ob die Wirtschaftsgüter erst im nächsten Wirtschaftsjahr in den Verfügungsbereich des Bilanzierenden gelangen (Aufwandsverrechnung durch Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften).
Handelsrechtlich wird durch das Nebeneinander von Niederstwertprinzip und Imparitätsprinzip dem Grunde nach ein geschlossenes Konzept verwirklicht. Demgegenüber kommt es in der Steuerbilanz zu Widersprüchen: Das Imparitätsprinzip dem Grunde nach wird nicht beachtet, aber das Imparitätsprinzip der Höhe nach wird berücksichtigt. Bei abgeschlossenen Beschaffungsgeschäften sind über das Niederstwertprinzip entstandene, aber noch nicht realisierte Wertverluste durch eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Stichtagswert aufwandswirksam zu erfassen, während bei eingeleiteten, aber noch nicht ausgeführten Beschaffungsgeschäften der Wertverlust aufgrund des Verbots eines Ansatzes von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften noch nicht gewinnmindernd verbucht werden kann. Das steuerbilanzielle Passivierungsverbot für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nach § 5 Abs. 4a S. 1 EStG führt zum einen zu einer Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips (Fall 2b). Zum anderen werden in der Steuerbilanz wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt. Die Höhe des steuerpflichtigen Gewinns hängt beispielsweise davon ab, ob die eingekauften Wirtschaftsgüter kurz vor dem Abschlussstichtag ausgeliefert werden (Gewinnminderung durch Verrechnung einer außerplanmäßigen Abschreibung) oder kurz danach (keine Berücksichtigung der Wertminderung aufgrund des Bilanzierungsverbots für Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften).
Abb. 11: Anwendungsbereich des Imparitätsprinzips bei Beschaffungsgeschäften
Handelsrecht | Steuerbilanz | |
---|---|---|
Imparitätsprinzip dem Grunde nach(schwebendes Geschäft) | Drohverlustrückstellung:Pflicht § 249 Abs. 1 S. 1 HGB | Drohverlustrückstellung:Ansatzverbot § 5 Abs. 4a S. 1 EStG |
Imparitätsprinzip der Höhe nach (abgeschlossenes Geschäft) | Abwertung auf den (niedrigeren) Stichtagswert | |
§ 253 Abs. 3, 4 HGB | § 6 Abs. 1 Nr 1, 2 EStG |
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(b) Eine Unterform des Niederstwertprinzips bildet der Grundsatz der verlustfreien Bewertung. Nach diesem für Absatzgeschäfte geltenden Prinzip bestimmt sich der Stichtagswert eines Wirtschaftsguts danach, dass aus dem zu erwartenden Veräußerungserlös sowohl die aktivierten Werte (bereits angefallene Aufwendungen) als auch die bis zum Verkauf voraussichtlich noch anfallenden Aufwendungen gedeckt werden können:
voraussichtlicher Nettoveräußerungserlös | |
– | bis zum Verkauf voraussichtlich noch anfallende Aufwendungen |
= | Stichtagswert nach dem Grundsatz der verlustfreien Bewertung |
Durch den Grundsatz der verlustfreien Bewertung soll verhindert werden, dass bei einer späteren Veräußerung des Wirtschaftsguts ein Verlust entsteht. Um die entstandene, aber noch nicht am Markt bestätigte Minderung des Reinvermögens auszuweisen, wird der negative Erfolgsbeitrag durch eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Stichtagswert erfasst.
Beispiel:
Die Bau-KG vereinbart in einem am 8.10.01 abgeschlossenen Werkvertrag, bis zum 31.3.02 eine Eigentumswohnung zu einem Festpreis von 300 000 € zu erstellen. Mit dem Bauvorhaben wurde bis zum Abschlussstichtag bereits begonnen.[3] Bislang fielen Aufwendungen von 140 000 € an. Bis zur endgültigen Fertigstellung ist mit weiteren Aufwendungen von 180 000 € zu rechnen.
In der Summe übersteigen die Aufwendungen (= 320 000 € = 140 000 € + 180 000 €) die zu erwartende Gegenleistung (= 300 000 €) um voraussichtlich 20 000 €. Der aus dem Bau der Eigentumswohnung zu erwartende Verlust von 20 000 € ist bereits im Jahr 01 durch eine Abwertung der aktivierten Werte zu erfassen. Das unfertige Gebäude wird deshalb nicht mit seinen Herstellungskosten (im Jahr 01 angefallene Aufwendungen) von 140 000 € bewertet, sondern mit seinem niedrigeren Stichtagswert von 120 000 €. Der Grundsatz der verlustfreien Bewertung bewirkt, dass im Jahr der Fertigstellung und Übergabe der Eigentumswohnung – im Jahr 02 – das Gesamtergebnis ausgeglichen („verlustfrei“) ist. Der am 31.12.01 aktivierte Wert von 120 000 € addiert sich zusammen mit den im Jahr 02 noch anfallenden Aufwendungen von 180 000 € auf 300 000 €, dh auf den mit dem Kunden vereinbarten Festpreis.
8.10.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte) Oktober bis Dezember 01 (Beginn des Bauvorhabens): | ||||
diverse Aufwendungen | an | diverse Bestände | ||
(Material, Löhne, …) | 140 000 € | (Bank, Rohstoffe, …) | 140 000 € | |
Erzeugnisse | 140 000 € | an | Bestandserhöhungen | |
(Ertragskonto) |
140 000 €
|