Bei den Ertragsteuern entspricht der Veranlagungszeitraum dem Kalenderjahr (§ 2 Abs. 7 EStG, § 7 Abs. 3 KStG, § 14 GewStG). Im Regelfall stimmen also sowohl der Gewinnermittlungszeitraum als auch der Veranlagungszeitraum mit dem Kalenderjahr überein. Gewerbetreibende mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr erfassen den Gewinn in dem Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 EStG, § 7 Abs. 4 KStG, § 10 Abs. 2 GewStG).
Beispiel:
Erstreckt sich bei einem Gewerbetreibenden das Wirtschaftsjahr vom 1.5. bis zum 30.4., hat er den Gewinn aus dem Zeitraum 1.5.01 bis 30.4.02 in voller Höhe im Jahr 02 zu versteuern.
Die Umstellung eines Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist nur wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem Finanzamt vorgenommen wird (§ 4a Abs. 1 Nr 2 S. 2 EStG).
Anmerkungen
Im Handelsrecht wird von „Geschäftsjahr“ gesprochen. Im Steuerrecht wird der Begriff „Wirtschaftsjahr“ verwendet.
Erster Teil Steuerliche Gewinnermittlung › Erster Abschnitt Konzeption der Steuerbilanz › C. Maßgeblichkeitsprinzip als Bindeglied zwischen der Handelsbilanz und der steuerlichen Rechnungslegung
I. Begründungen für das Maßgeblichkeitsprinzip
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Ein wesentliches Merkmal der Gewinnermittlung durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG ist, dass über das Maßgeblichkeitsprinzip die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) in das Ertragsteuerrecht übertragen werden. Die GoB bilden nicht nur die Grundlage für die handelsrechtliche Rechnungslegung, sondern gleichzeitig den Rahmen für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die in der Handelsbilanz getroffenen Bilanzierungs- und Bewertungsentscheidungen gelten prinzipiell auch für die Steuerbilanz. Die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen der Handelsbilanz und der Steuerbilanz führt zu einer Reduzierung der Arbeitsbelastung, da mit der Erfüllung der handelsrechtlichen Rechnungslegungsverpflichtungen gleichzeitig die steuerrechtlichen Buchführungspflichten erfüllt sind.
Bei Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer zum Ende des 19. Jahrhunderts bestanden noch keine konkreten Vorstellungen, wie der steuerliche Gewinn zu ermitteln ist.[1] Die Anknüpfung an die handelsrechtliche Rechnungslegung beruht auf der Idee, dass ein Gewinn, den der Kaufmann als ausschüttungsfähig ansieht, auch als Grundlage für die Besteuerung herangezogen werden kann. Über das Maßgeblichkeitsprinzip wird der Staat als gleichberechtigter (stiller) Teilhaber angesehen, dessen Recht auf Beteiligung am Gewinn des Unternehmens über die Ertragsteuern auf die gleiche Stufe gestellt wird wie die Ausschüttungsansprüche der Anteilseigner. Dieser Zusammenhang wird als Teilhabergedanke bezeichnet.[2]
Als weiteres Argument zugunsten des Maßgeblichkeitsprinzips wird angeführt, dass durch die Anknüpfung der steuerlichen Gewinnermittlung an die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung die für die Ermittlung der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage geltenden Regeln weitgehend vorgegeben sind, sodass die Steuerpflichtigen vor einer „extensiven“ Erhöhung der steuerlichen Bemessungsgrundlage geschützt sind.[3]
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Bei den Argumenten zugunsten des Maßgeblichkeitsprinzips wird in erster Linie auf die Zahlungsbemessungsfunktion (Kapitalerhaltungsfunktion) der Handelsbilanz abgestellt, dh darauf, dass die handelsrechtliche Rechnungslegung sowie die steuerrechtliche Gewinnermittlung die Grundlage für gewinnabhängige Zahlungen bilden. Der in der Handelsbilanz ermittelte Gewinn bildet die Basis zur Ermittlung der Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner sowie anderer gewinnabhängiger Zahlungen, wie die Gewinnbeteiligungen der Geschäftsleiter, Arbeitnehmer oder stillen Gesellschafter. Der steuerbilanzielle Gewinn stellt die Ausgangsgröße zur Ermittlung der Einkommen- bzw Körperschaftsteuer sowie der Gewerbesteuer dar.
Während der Teilhabergedanke davon ausgeht, dass der primäre Zweck einer Handelsbilanz in der Zahlungsbemessungsfunktion zu sehen ist, wird in der handelsrechtlichen Rechnungslegung in den letzten Jahren die Informationsfunktion immer stärker betont. Damit kann es zu einem Zielkonflikt kommen, der sich stark vereinfacht wie folgt beschreiben lässt: Die Zahlungsbemessungsfunktion beruht auf der im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschafteten Vermögensmehrung, während nach der Informationsfunktion eher Angaben über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens benötigt werden.
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Das Maßgeblichkeitsprinzip knüpft an den handelsrechtlichen Einzelabschluss an, der nach den im HGB vorgegebenen Regeln aufgestellt wird. Unter dem Begriff „Handelsbilanz“ wird in diesem Buch der HGB-Einzelabschluss verstanden.
Für die Steuerbilanz nicht maßgeblich sind:
– | Konzernabschluss nach HGB |
– | Einzelabschluss nach IFRS |
– | Konzernabschluss nach IFRS. |
Abb. 2:
Zusammenhang zwischen der Steuerbilanz und der handelsrechtlichen Rechnungslegung
Beim (handelsrechtlichen) Konzernabschluss handelt es sich um ein Informationsinstrument, mit dem rechtlich keine Zahlungsverpflichtungen verbunden sind. Dies gilt nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch für die Besteuerung. Die Besteuerung knüpft über das Maßgeblichkeitsprinzip an den HGB-Einzelabschluss des jeweiligen Steuerpflichtigen an. Eine Konzernsteuerbilanz wird nicht aufgestellt. Die Bildung von Konzernen wird ertragsteuerlich durch die (körperschaft- und gewerbesteuerliche) Organschaft (§ 14 – § 19 KStG, § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) berücksichtigt. Kennzeichen einer Organschaft ist, dass im ersten Schritt die beteiligten Unternehmen ihren Gewinn so ermitteln, als ob keine Organschaft bestehen würde, und im zweiten Schritt die getrennt ermittelten Bemessungsgrundlagen auf Ebene des Mutterunternehmens addiert werden. Im Gegensatz zum Handelsrecht findet ertragsteuerlich keine Konsolidierung statt, dh konzerninterne Geschäftsvorgänge werden für Zwecke der Besteuerung nicht heraus gerechnet, sondern in gleicher Weise behandelt wie Geschäftsbeziehungen mit Außenstehenden.[4]
Die Internationalisierung der Kapitalmärkte hat gezeigt, dass die Marktteilnehmer internationalen Rechnungslegungsregeln (insbesondere den IFRS) eine höhere Aussagekraft hinsichtlich der Einschätzung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens beimessen als einem Jahresabschluss, der nach dem deutschen Handelsgesetzbuch aufgestellt wird. Bei einem nach den IFRS aufgestellten Einzel- oder Konzernabschluss wird ausschließlich auf die Informationsfunktion abgestellt. In § 5 Abs. 1 S. 1 EStG wird ausdrücklich an die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und damit an das deutsche HGB angeknüpft. Der Einzelabschluss nach IFRS sowie der Konzernabschluss nach IFRS sind deshalb für die Steuerbilanz nicht (direkt) maßgebend. Die IFRS sind aber für die steuerliche Gewinnermittlung insoweit relevant, als diese internationalen Rechnungslegungsregeln die für den HGB-Einzelabschluss relevanten Bilanzierungs-