Grundzüge des Rechts. Thomas Trenczek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Trenczek
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846387269
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insb. durch Pfändung (entweder Forderungsüberweisung oder Beschlagnahme von beweglichen Sachen, sichtbar durch den „Kuckuck“ als Pfandsiegel) durchführen.

      Zur Gewährleistung eines Existenzminimums hat der Gesetzgeber sog. Pfändungsfreigrenzen bestimmt, die sich nach dem Nettoeinkommen und der Zahl der unterhaltspflichtigen Personen richten (§§ 850 ff. ZPO). Sie betragen derzeit für eine Einzelperson 1049,99 €, bei einer unterhaltspflichtigen Person 1439,99 € sowie zusätzlich 220 € für jede weitere unterhaltspflichtige Person (wenn der Schuldner den Unterhalt auch tatsächlich zahlt). Vom Einkommen, welches über die Pfändungsfreigrenzen hinausgeht, verbleibt ein Teil ebenfalls beim Schuldner. Allerdings sind bestimmte Einkommensbestandteile (z. B. Aufwandsentschädigungen, Gefahrenzulagen, Erziehungsgelder und Studienbeihilfen) sowie unterschiedliche Formen von Renten- und Unterstützungsleistungen der Pfändung nicht oder nur bedingt unterworfen (§§ 850a, 850b ZPO). Im Fall der Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen gelten die in § 850c ZPO bezeichneten Pfändungsgrenzen nicht (§ 850d ZPO). Besonderheiten gelten für die Pfändung von Girokonten: Seit dem 01.07.2010 können Kontoinhaber ihr Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto (sog. P-Konto) umwandeln lassen, bei dem der Schuldner ohne gerichtliches Verfahren einen automatischen Basis-Pfändungsschutz in Höhe des unpfändbaren Freibetrags erhält (§ 850k ZPO). Die Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen führt gleichzeitig zur Erhöhung des Sockelpfändungsschutzes beim P-Konto.

      Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

      Mit freiwilliger Gerichtsbarkeit bezeichnet man eine Reihe ganz unterschiedlicher Angelegenheiten, die von den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit, z. T. auch von Notaren und Behörden, nach dem zum 01.09.2009 in Kraft getretenen „Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“ (FamFG) wahrgenommen werden und sich gerade dadurch – unabhängig von ihrem höchst unterschiedlichen Themenkreis – von den streitigen Verfahren nach der ZPO abgrenzen (ausführlich Jurgeleit 2010; Meysen 2014). Neben den Familiensachen (§§ 111 ff. FamFG), für die das FamFG eine bereichsspezifische Verfahrensordnung darstellt (hierzu ausführlich II-2.1 u. II-2.4.6), gehören nach § 23a GVG zu den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit insb.

      ■ Betreuungssachen (§§ 271 ff. FamFG),

      ■ Unterbringungssachen (§§ 312 ff. FamFG),

      ■ betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen (§§ 340 f. FamFG),

      ■ Nachlass- und Teilungssachen (§§ 342 ff. FamFG),

      ■ Registersachen und unternehmensrechtliche Verfahren (§§ 374 ff. FamFG),

      ■ Verfahren in Freiheitsentziehungssachen (§§ 415 ff. FamFG),

      ■ Aufgebotsverfahren (§§ 433 ff. FamFG),

      ■ Grundbuchsachen (§ 23a Abs. 2 Nr. 8 GVG),

      ■ sonstige Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit sie durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind (§ 23a Abs. 2 Nr. 11 GVG; §§ 410 ff. FamFG).

      Zum Teil (z. B. Beurkundungen, Grundbuchsachen) handelt es sich um Rechtspflegeakte, die auch als verwaltungsähnliche Tätigkeit qualifiziert und deshalb Rechtspflegern übertragen werden. Einige sog. Unterhalts- und Güterrechtskonflikte gelten als sog. Familienstreitsachen (§§ 112 f. FamFG), weshalb insoweit auch einige Regelungen der ZPO entsprechende Anwendung finden.

      Untersuchungsgrundsatz

      In den Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit spricht man nicht von Klage (und damit auch nicht von Kläger und Beklagtem), vielmehr wird das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag tätig. Man spricht deshalb vom Antragsteller und den Beteiligten. Das Verfahren endet i. d. R. nicht mit einem Urteil, sondern durch Beschluss (§§ 38 ff., 95 Abs. 2 FamFG), wogegen das Rechtsmittel der Beschwerde (nicht Berufung) eingelegt werden kann (§§ 58 ff. FamFG). In vielen Angelegenheiten besteht kein Anwaltszwang (Ausnahme teilweise in Familiensachen, § 113 FamFG). Anders als in den streitigen Zivilprozessen gilt in der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatz, d. h. das Gericht entscheidet selbst, welche Ermittlungen es anstellt und welche Beweismittel es heranzieht. Die Verhandlungen sind meist nicht öffentlich (§ 170 Abs. 1 GVG) oder werden oft ohne mündliche Verhandlung nach Aktenlage entschieden.

      5.3.3 Kostenrisiken

      Prozesskostenhilfe

      Nach §§ 114 ff. ZPO (die nach § 76 FamFG für die Verfahrenskostenhilfe mangels anderslautender Regelung entsprechend gelten) kann PKH in Anspruch genommen werden, wenn die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine PKH beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände davon absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (§ 114 Abs. 2 ZPO; vgl. § 1 Abs. 3 BerHG; 4.1). Im Rahmen der PKH wird die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit. Im Übrigen trägt der Staat die Kosten der Prozessführung falls notwendig zunächst ganz oder teilweise oder räumt eine Ratenzahlung ein (§§ 120, 122 ZPO). Doch das Prozessrisiko bleibt. Zwar werden bei der Prüfung des PKH-Anspruchs summarisch (d. h. relativ grob „im Überschlag“) auch die Erfolgsaussichten geprüft (z. B. ob die Klage in sich schlüssig und die Rechtsansicht zumindest vertretbar ist oder die höchstrichterliche Rechtsprechung gefestigt dagegen steht), schwierige Rechtsfragen und die Beweisaufnahme werden aber ebenso wenig vorweggenommen wie die spätere Entscheidung. Verliert ein PKH-Empfänger ein Gerichtsverfahren, muss er neben den eigenen auch noch die Anwaltskosten der Gegenpartei sowie ggf. die Gerichtskosten tragen (§ 123 ZPO). Die PKH ist keine Rechtsschutzversicherung.

      PKH erhalten nur Parteien, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können (§ 114 ZPO). Die Berechnung des maßgeblichen Einkommens richtet sich nach § 82 SGB XII (§ 115 ZPO). PKH ohne eigene Kostenbeteiligung können Personen erhalten, die einen Anspruch auf Beratungshilfe nach dem BerHG haben (hierzu 4.2; vgl. http://www.pkh-fix.de, 27.06.2017). PKH erhalten aber auch Personen, deren zu berücksichtigendes Einkommen die Grenzen der Beratungshilfe übersteigt.

      Eine Reform des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts trat zum 01.01.2014 in Kraft. Entgegen anderslautender Meldungen wurden die Freibeträge (siehe 4.2) weder gekürzt noch die Ratenzahlungshöchstdauer verlängert. Allerdings wurde die ehemals in § 115 Abs. 2 ZPO gelistete Gebührentabelle abgeschafft. Nach der neuen Regelung wird rechtsuchenden Personen, deren einzusetzenden Einkünfte mindestens 20 € betragen, das Recht eingeräumt, die anfallenden Prozesskosten