Europäische Urbanisierung (1000-2000). Dieter Schott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dieter Schott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846340257
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König gräfliche Hoheitsrechte wie das Befestigungsrecht für Städte oder die Hochgerichtsbarkeit über sie. Diese Doppelrolle der Reichsbischöfe war nach der neuen Lehre der Kirchenreform nicht mehr zulässig, denn sie bedeutete ja die wesentliche Mitwirkung weltlicher Gewalten an der Besetzung der Bischofssitze, erfüllte somit den Tatbestand der Simonie. Resultat der Kritik war ein jahrzehntelanger Machtkampf zwischen Papst und Kaiser um das Primat. Papst Gregor VII. (Papst 1073–1085) engagierte sich besonders für die Durchsetzung der Kirchenreform, woraus sich ein heftiger Konflikt mit dem deutschen König Heinrich IV. ergab. Dessen dramatischer Höhepunkt bildete der bekannte Gang nach Canossa (1077), bei dem der mit Exkommunikation belegte König um Lösung des Banns seitens des Papstes ersuchte. Für den Emanzipationsprozess der Städter eröffnete der Investiturstreit neue Handlungsspielräume, weil die konkurrierenden Akteure Kaiser und Papst jeweils nach Bündnispartnern für ihre Sache suchten und dafür bereit waren, den Städten weitreichende Zugeständnisse in der Verleihung von Selbstverwaltungsrechten zu machen.

      Eine ähnliche Situation entstand 1074 in Köln, wo es ebenfalls nach Konflikten zwischen dem Erzbischof und städtischen Eliten zu einem Bündnis zwischen den führenden Kaufleuten Kölns und dem König kam. Anfang des 12. Jahrhunderts zeigten sich Elemente einer kommunalen Selbstverwaltung in Form eines Schöffenkollegiums. Heinrich IV. gibt viri illustri, die die Kommune repräsentierten, den Auftrag, die Stadtbefestigung zu erweitern, was normalerweise ein stadtherrliches, also dem Bischof zustehendes Recht war.

      Insgesamt gewährten Stadtherren oder auch der König den aufbegehrenden Städtern in dieser Periode Rechte, die ihre Gemeinschaft stärkten. Die hofrechtlichen Vorbehaltsrechte der Grundherren, wie etwa Ehebeschränkungen zwischen den Stadtbewohnern, wurden aufgehoben, die Zahlung vom Buteil entfiel, wenn Mitglieder einer familia außerhalb dieser heirateten. Auch die existenzgefährdende Todfallabgabe wurde nicht mehr fällig. Die rechtliche Situation der Städter verbesserte sich damit erheblich, sie erhielten einen freieren Status.