Im Mittelpunkt des praktisch-theologischen Beitrags von Christian Albrecht steht die gegenläufige Doppelthese, dass die Freiheit nur ein Randthema in der Praktischen Theologie darstellt und doch zugleich als ihr Grundthema zu gelten hat. Auf der einen Seite fungiert der Freiheitsbegriff in praktisch-theologischen Zusammenhängen lediglich als affirmativ besetzte Globalchiffre, um ebenso gezielt wie unbestimmt das protestantische Freiheitspathos aufzurufen. Seine inhaltlichen Konturen bleiben daher zumeist unscharf; eine selbständige praktisch-theologische Aufnahme und Aneignung findet nicht statt. Bei näherem Hinsehen lassen sich gleichwohl mehrere Verwendungskontexte des Freiheitsbegriffs unterscheiden. So wird er – exemplarisch in der Seelsorgelehre – als Zielbegriff der kirchlichen Praxis eingeführt. Übereinstimmend erklären etwa Friedrich Schleiermacher, Otto Haendler und Joachim Scharfenberg die Wiedergewinnung von Freiheit zur Aufgabe seelsorgerlichen Handelns. Dabei greifen sie auf je verschiedene Traditionslinien des Freiheitsbegriffs zurück, ohne diesen selbst zum Thema zu machen. Ebenfalls in der Seelsorgelehre findet sich dann auch ein kriteriologischer |15|Gebrauch des Freiheitsbegriffs: Im Umgang mit der notorischen Methodenvielfalt ist legitim, was Freiheitsgewinn verspricht. In anderen Zusammenhängen wiederum wandert der Freiheitsbegriff gleichsam auf dem Umweg einer außertheologischen Wirtstheorie in die Praktische Theologie ein – so etwa bei der Rezeption soziologischer Institutionentheorien in der praktisch-theologischen Kirchenlehre. Die Religionspädagogik hingegen nutzt den Freiheitsbegriff zur Abbreviatur eines christlichen Menschenbildes: Zur Freiheit sei der Mensch bestimmt; daran habe sich folglich auch die religionspädagogische Praxis zu bemessen. Nicht selten wird der Freiheitsbegriff schließlich als summarische Pathosformel in Anspruch genommen, um den pauschalen Richtungssinn eines bestimmten Ansatzes oder eines bestimmten Praxisfeldes anzugeben – ohne dass damit eine ausgearbeitete Freiheitstheorie verbunden wäre. Doch trotz dieser eigentümlich pauschal-rhetorischen Rezeption hat der Freiheitsbegriff auf der anderen Seite als das zentrale Grundthema der Praktischen Theologie zu gelten. Obgleich zumeist nur implizit mitgeführt, prägt er ihre Aufgabe und ihr Selbstverständnis. Die Praktische Theologie zielt auf eine umfassende Bildung ihrer Adressaten – in Kirche und Schule –, damit sie gegenüber normativen Ansprüchen und unmittelbaren Zumutungen Distanz gewinnen können und zu einem selbständig begründeten Urteil befähigt werden. In dem Maße, in dem sich die Praktische Theologie einer solchen Bildungsaufgabe verpflichtet weiß, gilt ihr Augenmerk also vor allem der mündigen Freiheit derer, die in ihrem Beruf für Kirche und Christentum eintreten.
Gottfried Seebaß verknüpft in seinem Beitrag die Aufarbeitung der philosophischen Willensfreiheitsdebatte mit einer gebündelten Darstellung seines eigenen Konzepts von Freiheit als Hindernisfreiheit. Zur Vermeidung vorschneller Vereinnahmungen und Umdeutungen setzt er beim alltäglichen Sprachgebrauch an: ›Freiheit‹ erscheint hier gerade nicht als normativer, sondern vielmehr als deskriptiver Begriff. In seinem Kern beschreibt er den einfachen Tatbestand, dass Personen oder Kollektive nicht daran gehindert werden, etwas Bestimmtes tun zu können. Seebaß leitet daraus den Gattungsbegriff einer Hindernisfreiheit ab, der allen weiteren Arten und Unterarten der Freiheit zugrunde liegt. Freilich ist nicht jedes |16|Hindernis in gleicher Weise freiheitsgefährdend. Ausgeschlossen sind vielmehr nur solche Beschränkungen, die jemanden daran hindern, so zu leben oder sich zu entfalten, wie es seiner ›Natur‹ oder seinem ›Wesen‹ entspricht. Daraus ergeben sich zwei zentrale Freiheitskriterien: Freiheit setzt erstens einen Spielraum offener Möglichkeiten voraus, der jedoch zweitens nur solche Möglichkeiten umfassen muss, die für die wesentlichen Belange einer Person relevant sind. Mit äußeren Bedingungen allein ist es dabei nicht getan; vielmehr gibt es auch innere Ressourcen – wie etwa bestimmte intellektuelle Fähigkeiten oder relevante Wissensbestände –, die für das Gegebensein von Freiheit unverzichtbar sind. Beide Kriterien führen nun beim klassischen Hauptproblem des Verhältnisses von Freiheit und Determinismus zu einer strikt inkompatibilistischen Position. Was das Möglichkeitskriterium betrifft, diskutiert Seebaß das breite Spektrum der Versuche, einen determinismusverträglichen Sinn der Rede von alternativen Möglichkeiten zu formulieren, und kommt zu dem Schluss: In einem deterministischen Universum kann es keinen offenen Möglichkeitsspielraum und mithin keine Freiheit geben. Das Wesentlichkeitskriterium hingegen setzt eine Klärung voraus, was für jemanden als wesentlich zu gelten hat. Eine solche Klärung lässt sich jedoch nicht von den eigenen Einschätzungen und Entscheidungen der jeweils handelnden Person abkoppeln und setzt damit ihrerseits wieder einen Spielraum alternativer Möglichkeiten voraus.
Der Beitrag von Beate Rössler widmet sich dem Freiheitsbegriff in der politischen Philosophie. Im Unterschied zur Willensfreiheit des Einzelnen geht es hier um die individuelle Handlungsfreiheit und die dafür notwendigen politisch-sozialen Rahmenbedingungen. Den orientierenden Rahmen bildet die von Gerald MacCallum entlehnte triadische Formel: ›X ist frei von Beschränkungen Y, um Handlungen Z zu tun‹. Ein umfassender Freiheitsbegriff hat insofern drei Elemente gleichermaßen zu berücksichtigen: Es bedarf eines autonomen Subjekts (X), das unbeeinträchtigt von relevanten Hindernissen (Y) die Möglichkeit hat, bestimmte Optionen wählen und eigene Ziele verfolgen zu können (Z). Im breiten Spektrum der politisch-sozialen Freiheitsdebatten werden dabei die Akzente höchst unterschiedlich gesetzt. Klassische liberale Positionen betonen|17| den negativen Pol der Abwesenheit von Beschränkungen und Hindernissen. Aus der Sorge heraus, dass positive Freiheitskonzeptionen in paternalistische oder gar diktatorische Konsequenzen münden können, besteht Freiheit für sie in der Gewähr eines Schutzraums, in dem der Einzelne sich ohne Eingriffe des Staates oder der Gesellschaft bewegen kann. Der Libertarismus spitzt diese Tendenz auf eine möglichst ungestörte Verfolgung der je eigenen Interessen zu, übergeht jedoch die Frage nach notwendigen materiellen Ressourcen und zeigt keinen Sinn für institutionelle Sicherungsinstanzen der Freiheit. Egalitär-liberale Ansätze in der Nachfolge von John Rawls setzen hier anders an, indem