Besser hören - leichter leben - eBook. Anton Stucki. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anton Stucki
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783038001683
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unser Ohr eigentlich nur als entsetzliches ›Gejaule‹ treffen.«15

      Und nun stellen Sie sich vor, dass, egal, an welchem Punkt man sich im Raum mit einem singenden Vogel befindet (über, unter, seitlich von ihm), sein Lied, seine Ausgangsinformation, in alle Richtungen gesendet wird. Aus Sicht der aufgewendeten Energie betrachtet heißt das, diese Energie, diese Kraft verteilt sich im Raum. Ähnlich wie die Energie der Sonne, die ihr Licht in alle Richtungen verströmt, bleibt für jeden Punkt im Raum, je weiter dieser Punkt von der Quelle entfernt ist, eine immer geringere Menge an Energie übrig. Trotzdem hören wir den Vogel über sehr weite Strecken klar und deutlich.

      Wenn wir nun unser Beispiel des Steins, der ins Wasser fällt, weiterführen und gleichzeitig zwei Steine nebeneinander ins Wasser werfen, dann sehen wir, wie sich jede Welle frei entfaltet, obwohl sie die andere gleichzeitig durchdringt. Anstatt sich zu verdrängen, bewegen sich die Wellen gegenseitig in die Kreise der jeweils anderen Welle hinein. Dies gilt auch, wenn die Steine nacheinander oder mit unterschiedlicher Kraft ins Wasser geworfen werden, wodurch verschieden hohe Wellenberge entstehen.

      Damit kommen wir zum nächsten Prinzip: Natürliche Wellen durchdringen sich gegenseitig, ohne sich zu löschen oder zu deformieren. Dies ist auch dadurch begründet, dass in der Natur ein Ereignis mit dem anderen niemals vollständig identisch ist. Sie können sich sehr ähnlich sein, sind jedoch niemals gleich. Jede natürliche Welle, die zur selben Zeit mit anderen Wellen denselben Raum durchwandert, ist etwas unterschiedlich in Bezug auf Stärke (Wellenhöhe = Amplitude), Frequenz (Abstand von Wellenberg zu Wellenberg) und ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit im Raum. Eine einzelne Frequenz kann gelöscht werden, jedoch nicht die Welle, die aus unterschiedlichen Einzelfrequenzen besteht. Hier erkennen wir das Prinzip der »Drucklosigkeit«.

      Amplitude: größter Ausschlag eines Schwingungsvorgangs (lat. amplitudo [Größe, Weite, Umfang]).

      Frequenz: Häufigkeit, Besucherzahl; Verkehrsdichte; (Physik) Anzahl der Schwingungen pro Zeiteinheit (lat. frequentia [zahlreiches Vorhandensein, Häufigkeit]).

      Diese Tatsachen haben für alle Arten von natürlichen Wellen Gültigkeit und treffen auch auf Schallwellen zu. Schallwellen können unterschiedlichste Frequenzen haben, von sehr tiefen (Infraschall) über den vom menschlichen Gehör wahrnehmbaren Bereich (circa 15 bis 20 000 Hertz) bis hin zu extrem hohen Frequenzen (Ultraschall).

      Dabei wird Schall wie gesagt nicht nur vom Ohr wahrgenommen, sondern auch über die Knochen und sogar über die Haut. Der Mensch nimmt mit seinem gesamten Organismus Frequenzen wahr, die auch außerhalb des vom Ohr hörbaren Bereichs liegen.

      Eine weitere wichtige und grundlegende Qualität von natürlichem Schall ist also die Eigenschaft, in Materie einzudringen, sie zu durchströmen und dort eine Wirkung zu hinterlassen. Sätze wie »Diese Stimme geht mir durch Mark und Bein …« oder »Das Musikstück berührt mich im Innersten« beschreiben Empfindungen, die wohl jeder bereits einmal erlebt hat und nicht nur metaphorisch zu verstehen sind, sondern eine physikalische Tatsache wiedergeben.

      Metaphorisch: bildlich, im übertragenen Sinne (gleichbedeutend gr. metaphorikós).

      Zusammengefasst haben wir bisher 3 Prinzipien der natürlichen Schallausbreitung festgestellt:

      • Allgerichtetheit von einem Punkt ausgehend,

      • nahezu drucklose Ausbreitung,

      • Durchdringung von Materie.

      Ein weiterer Aspekt der natürlichen Schallentstehung ist die Trennung von Erregerpunkt und Abstrahlkörper. Am Beispiel einer Geige lässt sich das gut verdeutlichen.

      Klangerzeugung: Der Abstrahlkörper ist getrennt vom Erregerpunkt.

      Es gibt hier stets einen Punkt, an dem die Klangerzeugung verursacht wird (Erregerpunkt), und eine Fläche oder einen Körper, der den erzeugten Klang in die Umgebung abstrahlt (Abstrahlfläche). Der Erregerpunkt ist dabei vom Abstrahlkörper räumlich getrennt wie bei der Geige oder nur ein Punkt direkt auf dem Abstrahlkörper, von wo aus die Energie direkt auf den gesamten Körper übertragen wird, wie bei einem Gong oder einer Klangschale.

      Die Saiten der Geige werden mit dem Bogenstrich in Schwingung versetzt und erzeugen eine Schallwelle. Diese nur durch die Saiten erzeugte Schallwelle ist relativ leise, wie an jeder Harfe ohne Resonanzkörper wahrgenommen werden kann.

      Resonanzkörper: bei Musikinstrumenten die Schwingungen verstärkender Körper (spätlat. resonantia [Widerhall]). Resonanz: Mitschwingen, Mittönen eines Körpers durch auf ihn einwirkende Schwingungen gleicher Wellenlänge (das kann beim ungebremsten Anwachsen zur Resonanzkatastrophe führen); das Hin-und-her-Schwingen von Elektronen innerhalb von ungesättigten Molekülen; Widerhall, Anklang. – Die Fähigkeit des Lebens und der Materie, mit ähnlichen Qualitäten in Übereinstimmung zu gehen, ist Grundvoraussetzung für die Selbstorganisation und Entwicklung. Phänomene der Resonanz betreffen alle Bereiche unserer Welt. In der Physik zum Beispiel ist Resonanz der Vorgang, bei dem ein schwingungsfähiges System mit seiner Eigenfrequenz durch Energiezufuhr angeregt wird. In der Akustik ist eine Resonanz eine Reaktion von zwei gleichen oder in einem Verhältnis zueinander stehenden Frequenzen, woraus sich dann eine Resonanzfrequenz ergibt. Sie beginnen sich gemeinsam zu unterstützen.

      An der Stelle, wo der Bogenstrich die Saiten berührt, befindet sich der Erregerpunkt des Klangs. Sobald die Saite zum Schwingen gebracht wird, durchströmen die Schallwellen den Korpus der Geige. Innerhalb dieses Vorgangs löschen oder verstärken sich bestimmte Frequenzen im Resonanzkörper des Instruments, da sie – bestimmt durch die Form des Körpers (Abstrahlkörper) – miteinander resonieren oder dissonieren. Passen der Geigenkörper und das Anstreichen der Geige gut zusammen, entsteht ein relativ lauter und reiner Klang, der deutlich intensiver ist als die reine Ausgangsenergie (Lautstärke) der Saiten. Dieser Vorgang kann bis heute nicht restlos erklärt werden.

      Zum Thema Klangentstehung gehört auch die Tatsache, dass es in der Natur keine einzelnen Töne gibt. Sobald ein Ton beim Klavier zum Beispiel angeschlagen wird, angestrichen bei der Geige oder angeblasen wird bei der Trompete, entstehen mit diesem einzelnen Ton sofort auch seine sämtlichen Obertöne. Was wir von natürlichen Schallquellen hören, ist immer ein Klang, der aus vielen verschiedenen einzelnen Tönen gebildet wird, die wieder ihre Obertöne entstehen lassen und sich gemeinsam in die Welt ausbreiten.

      Im Geigenkörper können wie in allen anderen Resonanzräumen auch einzelne Frequenzen gelöscht werden, bevor sich diese Töne – nun wissen wir, dass es ein Klang ist – in den Raum abstrahlen. Die hohe Kunst des Instrumentenbauers war schon seit urdenklichen Zeiten, das Instrument mit seinem Resonanzraum mit aller Präzision so zu bauen, dass dieser gezielt bestimmte Frequenzen löscht und die gewünschte harmonische und charakteristische Welle abstrahlt. Dabei besteht die Herausforderung, dass der Klang als lebendig empfunden wird und nicht nur präzise erzeugt wird. Rein technisch generierte Klänge lassen oft diese Lebendigkeit und Vielschichtigkeit von natürlichen Tönen vermissen.

      Genauso verhält es sich mit dem Brust- und Rachenraum einer Sängerin, der als Resonanzraum für die Schwingungserregung der Stimmbänder wirkt. Hat die Sängerin eine geübte Stimme, kann ihr Klang so gewaltig werden, dass sie einen ganzen Konzertraum zu füllen vermag – oder sie erzeugt einen Klang, der ein Glas zum Zerspringen bringen kann.

      Auch ein Wasserplätschern folgt diesem Prinzip. Der Tropfen trifft auf die Oberfläche (den Erregerpunkt), und die Wasseroberfläche wirkt als Abstrahlfläche. Ein Wasserfall oder Meeresrauschen ist davon ein Vielfaches.

      Auf diese natürliche Weise erzeugte Klänge und Geräusche werden vom menschlichen Nervensystem und Gehirn vollständig verarbeitet. Das ist bedeutsam für die körperliche und seelische Gesundheit des Menschen! Ein konventioneller Lautsprecher funktioniert – unabhängig von seiner Qualität – bauartbedingt auch deshalb auf andere Weise, weil in ihm Erregerpunkt und Abstrahlfläche (Membran) identisch sind. Deshalb erzeugt ein Lautsprecher einen flächigen und gerichteten Direktschall, der auch wesentlich stärker reflektiert