Extra Krimi Paket Sommer 2021. A. F. Morland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. F. Morland
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783956178986
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knurrte: »Sie tun was?«

      »Ich melde mich für drei Tage krank.«

      »Aha. Drei Tage! Krank! Dafür hören Sie sich sehr unternehmungslustig an.«

      »Sollte mein Hausarzt derselben Meinung sein, werde ich die Tage nachträglich als Urlaub beantragen.«

      Darauf schwieg der Kriminalrat eine ganze Weile, schnalzte nur regelmäßig mit der Zunge. »Was haben Sie vor?«

      »Nichts. Im Bett bleiben. Mich auskurieren.«

      »Schlafen können Sie auch im Büro.«

      »Ich schnarche und möchte den Dienstbetrieb nicht stören.«

      »Ach, machen Sie doch, was Sie wollen«, verlor Simon die Geduld und knallte den Hörer hin.

      Rogge grinste hässlich. Der Gedanke, wie die Organisation, die zwei Entführer in Charlotte Zinnecks Wohnung geschickt hatte, so schnell von der Enttarnung erfahren haben konnte, plagte ihn immer noch. Sollte es im Polizeiapparat eine undichte Stelle geben, und danach sah es aus, bestand Gefahr, in Kassel einem Empfangskomitee in die Arme zu laufen.

      Deshalb verschwieg Rogge auch gegenüber Kili, was er plante: »Ich bin drei Tage krank, mein Handy funktioniert, ich bin aber nicht zu sprechen - Nein, auch für dich nicht.«

      An seiner Wohnungstür kehrte Rogge doch noch einmal um und schrieb einige Zeilen:

      Liebe Dörte,

      sollte ich mich bis Sonntag um Mitternacht nicht bei dir gemeldet habens rufe doch bitte Kilian Haindl an und sage ihm, ich sei am Mittwoch nach Kassel, Beelestraße 11 gefahren. Bis dahin bitte kein Wort an irgendjemanden und erst recht nicht an den von dir so geliebten Kriminalrat Simon.

      Gruß & Danke, Jens.

      Das Briefchen schob er unter ihrer Tür durch.

      In Kassel suchte Rogge sich ein Hotel, kaufte einen Stadtplan und kutschierte dann zur Wilhelmshöhe. Die Beelestraße stellte sich als eine ruhige, menschenleere Sackgasse heraus, in der früher einmal betuchte Menschen auf großen Grundstücken gebaut hatten, weil sie gern zu ihren Nachbarn Abstand halten wollten. Das Haus Nummer 11 war eine bescheidene Villa, die dringend gestrichen werden musste. Auch der riesige Garten wies Anzeichen von Verwilderung auf. Für Kinder ein kleines Paradies, viel Platz, viel Grün, kein Verkehr. Trotzdem schwebte ein Hauch von Verfall über allen Häusern, so als seien die ursprünglichen Eigentümer weggezogen und hätten die anstehenden Renovierungen den neuen Eigentümern überlassen, die sich aber für die Hypotheken krumm legen mussten,

      Im Vorgarten jätete eine junge Frau Unkraut und richtete sich halb erleichtert, halb misstrauisch auf, als er sie ansprach.

      »Ja, guten Tag.«

      »Guten Tag, mein Name ist Jens Rogge, ich suche Herrn Zinneck.«

      »Kaiser«, stellte sie sich vor und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Wer ist Herr Zinneck?«

      »Er hat im vorigen Jahr hier gewohnt.«

      »Ja? Den Namen habe ich nie gehört.«

      »Doch, doch. Wir haben häufig miteinander telefoniert.«

      »Tut mir Leid, aber da kann ich Ihnen nicht helfen. Wir wohnen erst seit Januar hier.«

      »Verflixt!« Rogge zeigte seine Enttäuschung so gekonnt, dass ihre Abwehr schmolz.

      »Das Haus stand einige Monate leer, das hat uns der Makler erzählt.«

      »Der Makler! Das ist eine Idee! Würden es Ihnen was ausmachen, mir seinen Namen und seine Anschrift zu geben?« Weil die Frau einen Moment die Stirn krauste, fügte er drängend hinzu: »Ich muss Herrn Zinneck wirklich unbedingt finden.«

      »Warum nicht«, zögerte sie. »Pelzer & Strobel, in der Artilleriestraße.«

      »Vielen Dank, Frau Kaiser.«

      Doch in dem Maklerbüro biss Rogge auf Granit. Die mittelalterliche Bürochefin ließ sich zwar noch dazu herab, in die Akten zu steigen, aber anschließend wimmelte sie ihn ab: »Herr Pelzer ist mit einem Kunden unterwegs. - Ja, den ganzen Tag noch. Sie müssen morgen wiederkommen. - Nein, ausgeschlossen, ich gebe keine Auskünfte. Das müssen Sie mit Herrn Pelzer bereden.«

      »Würden Sie ihm bitte eine Nachricht auf den Schreibtisch legen, dass ich ihn gleich morgen früh sprechen muss?«

      »Meinetwegen«, gab sie nach und es hörte sich an, als erweise sie einem notorischen Sünder eine unverdiente Gnade.

      Auf der Post wälzte er alte Telefonbücher. Der Name Zinneck war nicht eingetragen, vorsichtshalber notierte sich Rogge die Nummer von Kaiser, Gerhard, Beelestraße - für den Fall, dass Kaiser die alte Nummer von Zinneck übernommen haben sollte. Bei der Auskunft zog er eine Niete: Nein, weder ein Hans noch eine Charlotte Zinneck waren eingetragen, auch nicht angemeldet. Für weitere Auskünfte müsse er einen Antrag stellen, und zwar bei ...

      »Nein, vielen Dank«, resignierte er.

      Nachdem Rogge kiloweise Süßholz geraspelt und eine halbe Telefonkarte für ein Gespräch mit dem Makler in Dresden verbraucht hatte, taute der Makler etwas auf. Nein, Herr Zinneck hatte sich nicht wieder bei ihm gemeldet. Schade, er hatte extra was ganz Exquisites an Land gezogen, in Radebeul, einmalig am Fuß von Weinbergen ...

      »Das wird ihn ärgern«, unterbrach Rogge das im Maschinengewehrstakkato vorgetragene Eigenlob. »Danke für Ihre Hilfe.«

      Aus purer Langeweile verirrte Rogge sich in ein Geschäft. Sehr kleine, sehr diskrete Schilder im Schaufenster verkündeten, dass die Preise für Sommeranzüge, -hosen und -jacken herabgesetzt worden waren. Ein älterer Verkäufer steuerte auf ihn zu, er hatte Zeit, weil wenig zu tun war, und er brachte Verständnis für Rogges Einleitung auf: »Ich hasse Einkäufe und Anproben.«

      »Aber jetzt muss es sein, ich verstehe.« Das ergebene Lächeln des Verkäufers machte es schwer, ihn unfreundlich zu behandeln. »Was brauchen Sie denn?«

      Eine Stunde später verließ Rogge voll bepackt und noch immer halbwegs gut gelaunt den Laden. Es ging also doch! Und den Abend würde er auch noch herumkriegen, ohne sich zu langweilen. Der famose Stadtplan empfahl genug Sehenswürdigkeiten.

      XIII.

      Brigitte schwieg so lange, dass Karin Tepper nervös nachfragte: »Bist du noch dran?«

      »Sicher bin ich - Karin - ich glaub’s nicht ...«

      »Ja, es ist lange her.«

      »Lange? Eine Ewigkeit. Und so plötzlich - wie hast du mich überhaupt gefunden?«

      »Über deine Eltern.«

      »Wie gut, wenn die alten Leute nicht mehr so häufig umziehen ... Wo steckst du denn jetzt?«

      »Im Hotel Merkur.«

      »Das ist ja - hör mal, Karin, ich nehme mir den Nachmittag frei und zum Mittagessen treffen wir uns in der Stadt. 13 Uhr, einverstanden?«

      Schon in der Schule hatte die praktische Brigitte immer alles organisiert, deshalb lachte Karin und sagte heiter: »Einverstanden. Und wo?«

      »Vor dem alten Hauptbahnhof.«

      »Wenn wir uns noch erkennen ...«

      »Hach! Das wäre doch gelacht! Bis gleich, ich freue mich wahnsinnig.«

      Zumindest Brigitte schien sich nicht geändert zu haben, immer noch spontan, vor Energie überschäumend und jederzeit bereit, ein Problem durch vernünftige Planung zu lösen. Vergnügt ging Karin in die Halle hinunter. Gestern Abend hatte sie plötzlich der Mut verlassen, mit Brigitte war sie nie so eng befreundet gewesen wie mit anderen Mädchen aus ihrer Klasse, aber dann war zu ihrem Erstaunen der Kontakt mit Brigitte nie abgerissen, während zwei enge Freundinnen im ersten Jahr nach dem Abitur gelegentlich noch schrieben