Pädagogische Beziehungen für nachhaltiges Lernen. Natalie Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Natalie Fischer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783170368873
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Motivation, Emotionen und Lernstrategien auf verschiedene Weise wirksam und weiterentwickelt.

      1.3.1 Motivation

      Eine häufig genutzte Definition beschreibt Motivation als »aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand« (Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 15). Dies macht deutlich, dass eine positive Bewertung des Lerngegenstandes, aber auch des Lernens an sich wichtig ist, um Lernprozesse anzuregen. Im Prozessmodell selbstregulierten Lernens (image Abb. 1.4) bestimmt Motivation die Lernvorbereitung und Planung in der präaktionalen Phase. Gleichzeitig wird die Motivation für zukünftiges Lernen durch das Lernergebnis und die Bewertung des Lernprozesses in der postaktionalen Phase beeinflusst. Eine generell hoch ausgeprägte Motivation zu lernen kann als Voraussetzung für lebenslanges Lernen verstanden werden und ist somit ein Ziel nachhaltiger Lernprozesse im Unterricht.

      Förderung der Lernzielorientierung im Unterricht

      Unterricht, der die Entwicklung einer Lernzielorientierung und eines growth mindset bei Schülerinnen und Schülern unterstützen soll, zeichnet sich durch die Abgabe von Verantwortung für den Lernprozess an die Lernenden aus. Aufgaben sollen motivierend, herausfordernd und lebensnah sein. Belohnungen sind grundsätzlich für alle Mitglieder der Klasse möglich, da auch Ideen, eigenständiges Arbeiten, Neugier und die Setzung realistischer Ziele positiv bewertet werden. Dabei steht der individuelle Lernfortschritt im Fokus (individuelle Bezugsnormen) und Lern- und Selbstmanagementstrategien sollten stetig angewendet und weiterentwickelt werden. Lernzielorientierte Lernumgebungen sind weiter durch ein positives Fehlerklima sowie vielfältige Lehrmethoden und Aufgabenstellungen gekennzeichnet. Es wird empfohlen, einen Wechsel von Einzel- und Kleingruppenarbeit in flexiblen Gruppierungen vorzunehmen (Wentzel & Brophy, 2014).

      Tatsächlich ergeben sich große Überschneidungen der Prinzipien nachhaltigen Lernens (image Kap. 1.1; 1.4) mit den Empfehlungen für ein Lernklima, das geeignet ist, eine Lernzielorientierung und ein growth mindset zu unterstützen. Ein solcher Unterricht kann sowohl den subjektiven Wert, den ein Lernender einem Schulfach beimisst, als auch die Erwartung, in diesem Fach gut abschneiden zu können (Selbstwirksamkeitserwartung), beeinflussen (Fischer & Rustemeyer, 2007).

      Nach dem erweiterten Erwartungs-Wert-Modell spielen diese beiden Komponenten eine wichtige Rolle für die Motivation, eine (Lern-)Handlung aufzunehmen (Wigfield & Eccles, 2000). Der subjektive Wert setzt sich aus dem Anreiz der Aufgabenausführung (Interesse und erwartete positive Gefühle bei der Aufgabenausführung), der wahrgenommenen Nützlichkeit (für die Erreichung eigener kurz- und langfristiger Ziele) und persönlichen Wichtigkeit (z. B. des Faches, der Schule, guten Abschneidens) zusammen. Diese werden ins Verhältnis zu den mit der Aufgabe verbundenen Kosten (z. B. negative emotionale Zustände beim Lernen, verpasste Möglichkeiten, aufzuwendende Anstrengung) gesetzt.

      Schülerinnen und Schüler sollten also positive Zustände beim Lernen erleben und positive Folgen wahrnehmen. Dies kann zu (gegenstandsbezogenem) Interesse führen (Krapp, 2005) und die Lernmotivation allgemein steigern. Die Nützlichkeit und persönliche Wichtigkeit des Lernstoffes kann beim nachhaltigen Lernen durch alltagsnahe, lebensweltbezogene Aufgaben, die Einplanung von Transfer und das explizite Einüben von Lerntechniken verdeutlicht werden.

      1.3.2 Lernstrategien

      Der Erfolg gemäßigt konstruktivistischer Lernumgebungen ist in großem Maße abhängig von selbstgesteuerten Lernaktivitäten der Schülerinnen und Schüler, die ihrerseits gelernt werden müssen. Daher ist die Vermittlung und Einübung von Lernstrategien ein Element nachhaltigen Lernens. Hier spielen kognitive und metakognitive Lernstrategien ebenso eine Rolle wie motivationale, volitionale (willensmäßige) und organisationale Stützstrategien (Hasselhorn & Gold, 2017).

      Kognitive Lernstrategien werden klassisch in Wiederholungs-, Organisations- und Elaborationsstrategien oder mnemonische, strukturierende und generative Strategien unterteilt. Dabei dienen mnemonische Techniken dem Behalten von Informationen im Arbeitsspeicher (z. B. durch Wiederholen), um die Übertragung in das Langzeitgedächtnis zu erleichtern. Bei strukturierenden Strategien geht es darum, den Lernstoff sinnvoll zu organisieren und aufeinander zu beziehen (z. B. durch Kategorienbildung), um durch die Zusammenfassung der Inhalte weniger Kapazität im Arbeitsgedächtnis für das Lernen zu benötigen. Generative Techniken schließlich sind elaborativ, d. h. der Lernstoff wird mit weiteren Wissensbeständen verknüpft und angereichert. Diese Formen verlangen und erzeugen das tiefste Verständnis des zu Lernenden und das Wissen wird über einen längeren Zeitraum gespeichert (ebd.). Es hat sich gezeigt, dass Tiefenverarbeitungsstrategien (strukturierende und generative Techniken) eher bei hoher Lernzielorientierung (image Kap. 1.3.1) angewendet werden, während eine Leistungszielorientierung mit Oberflächenstrategien (Wiederholen) verbunden ist (Covington, 2000).

      Metakognitive Strategien beziehen sich auf das Wissen über eigene Lern- und Verstehensprozesse. Sie beinhalten die Reflexion über das eigene Lernen sowie strategische Aktivitäten zur Steuerung des Lernprozesses (z. B. die Auswahl und Anwendung der zum Inhalt und zum Lernenden passenden Lernstrategie). Um selbstgesteuert zu lernen, werden Wissen über die Anforderungen der Aufgabe, passende Lernstrategien und das eigene spezifische Vorwissen genauso benötigt wie Erfahrungen in Bezug auf das eigene Lernen und dafür förderliche Bedingungen.

      Motivationale und volitionale Stützstrategien unterstützen die Selbstregulation. Während sich die Motivation (image Kap. 1.3.1) vor allen Dingen auf die Auswahl und Einschätzung des Lernziels in der präaktionalen Phase (image Abb. 1.4) sowie die Bewertung des Lernerfolgs in der postaktionalen Phase bezieht, werden während der aktionalen Phase volitionale Strategien wirksam, die bei der Ausführung des Lernens unterstützen. Es geht also darum, den Lernwillen aufrechtzuerhalten und (auch bei auftauchenden Hindernissen oder Ablenkungen) diszipliniert bei der Sache zu bleiben. In diesem Sinne kann Volition als Handlungskontrolle verstanden werden. Durch volitionale Prozesse wird der Lernprozess in allen Phasen kontrolliert, der Einsatz kognitiver und metakognitiver Strategien genauso wie motivationale und emotionale Lagen (Hasselhorn & Gold, 2017). Organisationale Stützstrategien