Pädagogische Beziehungen für nachhaltiges Lernen. Natalie Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Natalie Fischer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783170368873
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verbundenen Umbrüche erfordern heute von zukünftigen Erwachsenen eine ständige Neuorientierung in komplexer werdenden Lebenssituationen, um handlungsfähig zu sein. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen sind Lernformen nötig, die Selbstständigkeit und entsprechende Kompetenzen fördern. Die Beherrschung von ›Schlüsselqualifikationen‹ wird im Beruf vorausgesetzt« (Brömer et al., 2013, S. 38).

      Im Folgenden wird darauf eingegangen, was man sich unter Schlüsselqualifikationen vorstellen kann, dabei werden zunächst die Schlüsselkompetenzen der OECD in den Blick genommen und schließlich die für Studium und Berufsausbildung benötigten Qualifikationen.

      Als Schlüsselkompetenzen werden häufig Sozialkompetenz, Selbstkompetenz, Methodenkompetenz und Sach- (bzw. Fach-)Kompetenz unterschieden. Solche Kompetenzen ermöglichen es, mit komplexen Anforderungen der Umwelt und der Gesellschaft umzugehen und ein erfolgreiches Leben zu führen. Es gibt zahlreiche Listen und Aufzählungen von Schlüsselkompetenzen, die hier nicht umfassend behandelt werden sollen. Die OECD (2005) fasst Schlüsselkompetenzen unter drei Oberkategorien zusammen, die sich überschneiden und ergänzen (image Abb. 1.2). Jeder einzelne Bereich beinhaltet sehr unterschiedliche Kompetenzen. Unter die Interaktive Anwendung von Medien und Mitteln fallen z. B. so unterschiedliche Dinge wie sprachliche, mathematische und Lesekompetenzen sowie die interaktive Anwendung von Informationstechnologien.

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      Nachhaltige fachbezogene Lernprozesse fördern (und erfordern) immer auch zukunftsrelevante Schlüsselkompetenzen. Dies leitet direkt zu der Frage nach den Schlüsselqualifikationen über, die Schulabgängerinnen und -abgänger aufweisen sollten, um eine Berufsausbildung oder ein Studium erfolgreich absolvieren zu können.

      In Bezug auf die Ausbildungsfähigkeit legt die Bundesagentur für Arbeit (BfA, 2009) einen Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife vor, anhand dessen Schulabgängerinnen und Schulabgänger überprüfen können, inwieweit sie die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Diese sind in schulische Basiskenntnisse, psychologische Leistungsmerkmale sowie psychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit unterteilt (image Tab. 1.1). Daneben gibt es noch die Kategorien Physische Merkmale (altersgerechter Entwicklungsstand und gesundheitliche Voraussetzungen) und Berufswahlreife (Selbsteinschätzungs- und Informationskompetenz). Die Merkmale der Ausbildungsreife weisen einen großen Überschneidungsbereich mit den OECD-Schlüsselkompetenzen auf (image Abb. 1.2).

      Interessant ist nun die Frage, wie die Ausbildungsbetriebe die verschiedenen Kompetenzen gewichten. Eine regelmäßige Befragung an mehr als 10.000 Ausbildungsunternehmen durch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt seit Jahren, dass gerade die Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit (image Tab. 1.1) für die Betriebe von Bedeutung sind:

      »Immer mehr Unternehmen erkennen: Fachlich Versäumtes kann durch Nachhilfe ausgeglichen werden. Sozialkompetenzen lassen sich hingegen nicht so leicht nachholen. Dies schlägt sich auf die Eignungsfeststellung von künftigen Azubis nieder« (DIHK, 2019, S. 10).

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      Schulische BasiskenntnissePsychologische LeistungsmerkmalePsychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit

      Aber auch für ein erfolgreiches Studium werden u. a. soziale Kompetenzen benötigt. Dies ergab z. B. eine Studie der Universität Hamburg, in der Studierende und Dozierende befragt wurden, welche Anforderungen sich im ersten Studienjahr stellen (image Abb. 1.3; vgl. Schultes et al., 2016). Studierfähigkeit lässt sich demnach als die Fähigkeit, mit inhaltlichen, personalen, sozialen und organisatorischen Anforderungen im Studium umzugehen, beschreiben (Schultes et al., 2016). Der Ausbildungsmarkt genauso wie die Universität erwarten von den ehemaligen Schülerinnen und Schülern neben fachlichen Kenntnissen also auch bereichsübergreifende (Schlüssel-)Kompetenzen.

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      Nun bedeutet das nicht, dass fachliches Lernen (Sachkompetenz) unwichtig wäre. Denn »[n]ur indem bereichsspezifische Kompetenzen (Expertisen) aufgebaut werden, können auch bereichsübergreifende Kompetenzen aufgebaut werden, die diesen Namen verdienen« (Hasselhorn & Gold, 2017, S. 142). Die genannten Anforderungen sprechen allerdings dafür, in der Schule das nachhaltige Lernen zu unterstützen, bei dem bereichsübergreifende Kompetenzen in der Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten gefördert werden.

      Hasselhorn und Gold (2017) unterscheiden unter den bereichsübergreifenden Schlüsselkompetenzen kognitive (z. B. Lernstrategien), motivationale (z. B. Lernfreude) und volitionale (z. B. Selbstkontrolle) Kompetenzen. Im Folgenden soll dargelegt werden, welche Rolle Motivation, Lernstrategien, Emotionen und schulisches Wohlbefinden für den selbstregulierten Lernprozess spielen. Es wird davon ausgegangen, dass die Lernenden ihren Lernprozess selbst initiieren, planen, überwachen und bewerten. Damit wird der konstruktivistischen Sichtweise einer aktiven selbstgesteuerten Konstruktion von Wissen Rechnung getragen (image Kap. 1.1).

      Nach dem Prozessmodell des selbstregulierten Lernens von Schmitz und Schmidt (2007, S. 12; image Abb. 1.4) beginnt der Lernprozess in der präaktionalen Phase mit der Handlungsplanung (u. a. Planung des Strategieeinsatzes) und Lernvorbereitung.

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      Diese Planung wird in der aktionalen Phase umgesetzt (Lernqualität) und führt zum Lernergebnis. In der postaktionalen Phase werden schließlich der Lernprozess und das Ergebnis vom Lernenden selbst bewertet und mit der Planung abgeglichen. Da der Lernprozess als Zyklus betrachtet wird, also die jeweilige Bewertung sich auf zukünftiges Lernen auswirkt, entwickeln sich die in jeder Phase aktiven Strategien und weiteren bereichsübergreifenden Kompetenzen beim fachlichen Lernen weiter, womit die Voraussetzungen für lebenslanges Lernen geschaffen und erweitert werden.

      Verbindet man dies mit der gemäßigt konstruktivistischen Sichtweise von nachhaltigem Lernen, so erfolgt die Selbstregulation nicht nur in Abhängigkeit von der Lernaufgabe sowie dem Kontext bzw. der Lernsituation (situiert), sondern auch im sozialen Raum (ko-konstruktiv bzw. kooperativ). Die Lehrperson begleitet und unterstützt, je nach Leistungsniveau und weiteren Merkmalen der Lernenden, mit mehr oder weniger Lenkung und Strukturierung (image Abb. 1.4).