Mit dem Zinnschmuck auf dem Brustlatz,
Mit der schönen Silberspange,
Mit dem kupferreichen Gürtel,
In die Wellen hingesunken,
In des Meeres weite Tiefen,
Schwester dort zu sein den Schnäpeln,
Freundin dort den flinken Fischen.“
Weinen mußte da die Mutter,
Reichlich Thränen fließen lassen,
Hob dann selber an zu sprechen,
Sprach mit Schmerzen diese Worte:
„Arme Mütter, treibet nimmer,
Nimmer während eures Lebens,
Eure Töchter an zur Ehe,
Treibt sie nimmer an zur Heirath,
Wenn der Mann nicht nach dem Sinne,
So wie ich, die arme Mutter,
Angetrieben hab’ die Tochter,
Dieses heißgeliebte Hühnchen!“
Weinte, daß die Thränen tropften,
Bittre Thränen reichlich tropften
Aus den alten, blauen Augen
Auf die armen, alten Wangen.
Eine Thräne floß, die zweite,
Bittre Thränen rannen reichlich
Von den armen, alten Wangen
Auf die starkbewegten Brüste.
Eine Thräne floß, die zweite,
Bittre Thränen rannen reichlich
Von den starkbewegten Brüsten
Auf den schönen Saum des Kleides.
Eine Thräne floß, die zweite,
Bittre Thränen rannen reichlich
Von dem schönen Saum des Kleides
Auf die rothgestreiften Strümpfe.
Eine Thräne floß, die zweite,
Bittre Thränen rannen reichlich
Von den rothgestreiften Strümpfen
Auf der schönen Schuhe Leder.
Eine Thräne floß, die zweite,
Bittre Thränen rannen reichlich
Von der schönen Schuhe Leder
Unter ihre beiden Füße,
Auf die Erde, ihr zu Gute,
In das Wasser, ihm zu Gute.
Als sie auf den Boden kamen,
Bilden sie drei breite Bäche,
Flossen als drei große Flüsse
Aus dem reichen Thränenwasser,
Das vom Haupt herabgekommen,
Von den Schläfen abgeflossen.
Und in jedem dieser Bäche
Braust ein Wasserfall voll Feuer,
In dem Schaum’ des Wasserfalles
Stehen drei vereinte Felsen,
An dem Rande jedes Felsens
Hebet sich ein hübscher Hügel,
Auf der Spitze jedes Hügels
Wachsen drei gar schöne Birken,
In dem Wipfel jeder Birke
Sitzt ein hübsches Kuckucks-Kleeblatt.
Fangen alle an zu rufen,
Einer rufet: Liebe, Liebe,
Dann der andre: Freier, Freier,
Und der dritte: Freude, Freude.
Welcher „Liebe, Liebe“ rufet,
Rufet also drei der Monde
Jener Jungfrau ohne Liebe,
Die nun in den Wogen ruhte.
Welcher „Freier, Freier“ rufet,
Rufet also sechs der Monde
Jenem Freier, der für immer
Ohn’ Erhörung bleiben sollte.
Welcher „Freude, Freude“ rufet,
Rufet so das ganze Leben
Jener Mutter ohne Freude,
Die nun alle Tage weinte.
Also sprach die arme Mutter,
Wenn des Kuckucks Ruf sie hörte:
„Höre nicht, o arme Mutter,
Gar zu lang des Kuckucks Rufen;
Wenn des Kuckucks Ruf ertönet,
Wird das Herz mir hart beweget,
Thränen treten in die Augen,
Wasser rollet auf die Wangen,
Tropfen wie die Erbsenkörner,
Breiter als die dicksten Bohnen,
Älter wird mein Ellenbogen,
Schwächer mir die Handgelenke,
Ja, der ganze Körper zittert,
Wenn des Kuckucks Ruf ich höre!“
Fünfte Rune.
Schon gemeldet war die Kunde,
Hinbefördert schon die Nachricht
Von dem Untergang der Jungfrau,
Von dem Tod des schönen Mädchens.
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Wurde darob gar verdrießlich,
Weinte Abends, weinte Morgens,
Weint’ die ganzen lieben Nächte,
Da die Schöne hingeschwunden,
Da die Jungfrau so versunken
In des Meeres weiten Spiegel,
In die flutenreiche Tiefe.
Ging voll Sorgen und mit Seufzen,
Mit gar schwerbewegtem Herzen
An den Strand des blauen Meeres,
Redet Worte solcher Weise:
„Sag’ mir, Untamo, du Träumer,
Sage deine Träume, Fauler,
Wo des Wassers Götter weilen,
Wo Wellamo’s Jungfrau’n ruhen?“
Sprach drauf Untamo der faule,
Also that er kund die Träume:
„Dorten sind die Wassergötter,
Dort die Jungfrau’n von Wellamo:
Auf der nebelreichen Spitze,
Auf dem waldbedeckten Eiland,
In des Meeres dunkler Tiefe,
Auf dem schwarzgefärbten Schlamme.“
„Dorten sind die Wassergötter,
Sind die Jungfrau’n von Wellamo,
Sitzen in dem schmalen Stübchen,
Sitzen in der engen Kammer,
In dem buntgestreiften Steine,
In des dicken Felsblocks Wölbung.“
Ging der alte Wäinämöinen