Weniger als die Hälfte der 820.000 Straßenkilometer sind befestigt, d. h. geteert oder gepflastert. Darunter fallen die national highways oder auch national routes genannten Fernstraßen, die die Zentren der Bundesstaaten untereinander verbinden sowie Landstraßen, sogenannte state roads, die kleinere Städte im Hinterland mit den Hauptverkehrsadern verlinken. Jene sogenannten sealed roads bringen den Fahrer zu den wichtigsten Zielen des Landes. Wer mit einem Camper unterwegs ist, hat auf den klassischen Routen keinerlei Probleme, vorwärts zu kommen.
Möchte man sich auf die verbleibenden, nicht befestigten Straßen wagen, benötigt man ganz klar einen Geländewagen. Die sogenannten unsealed roads werden auch als gravel roads bezeichnet. Dabei handelt es sich um Schotterstraßen, Sandpisten oder sonstige Wege mit losem Belag. Auf den Landkarten fallen sie zumeist in die Kategorie other roads & tracks oder minor roads. Sicherlich ist es jedem, der ein eigenes Auto hat, überlassen, ob er der Schotterstraße über Kilometer folgt und Schäden am Unterboden oder Kratzer im Lack in Kauf nimmt. Mit einem Mietcamper jedoch sind solche Abenteuerfahrten ein Risiko für jede Versicherungsdeckung. Doch dazu später im Teil 2 mehr.
TIPP: Straßenzustand
Falls die beste Karte nichts hergibt, ist, Internet vorausgesetzt, die Satellitenansicht bzw. Street View von Google Maps eine große Hilfe, um den Straßenbelag zu bestimmen.
Für Offroad-Fahrer ist Australien ein Paradies auf Erden. Mit einem Geländewagen und den nötigen Erfahrungen kommt der Abenteurer hier ganz auf seine Kosten. So ist die größte Sandinsel der Welt, Fraser Island, z. B. nur mit Geländewagen befahrbar. Und auch der Old Telegraph Track oder die legendäre Gibb River Road lassen sich, wenn überhaupt, nur mit einem 4WD bezwingen. Nähere Routendetails können in Teil 4 nachgelesen werden.
Roter Sand, soweit das Auge reicht
Nicht jede Route, die einen Highway im Namen trägt, ist übrigens befestigt. Zuverlässiger sind die Legenden der Straßenkarten. Je dünner eine Straßenlinie auf der Karte erscheint, desto unwahrscheinlicher ist fester Belag.
Nach eigener Erfahrung sind jedoch mitunter selbst die besten Reiseführer oder Karten irreführend. So standen wir z. B. während unserer Camperfahrt im Südwesten von Western Australia häufig vor dem Problem, dass der Weg zu einer angepriesenen Sehenswürdigkeit nur über eine unbefestigte Straße erreichbar war. In den Infobroschüren gab es dazu keinerlei Hinweise. Ein anderes Mal versicherte uns die Dame aus der Touristeninformation, dass unsere geplante Route zum Cape le Grand National Park ebenfalls ohne Weiteres mit unserem Hochdachcamper befahrbar sei. Ein wenig später tuckerten wir mit gefühlten 10 km/h über eine rote Schotterpiste, die zuvor auf der Karte von der netten Dame als sealed markiert worden war. In solchen Situationen heißt es abwägen. Handelt es sich um eine vergleichsweise kurze Zufahrtsstraße, kann diese auch mit einem normalen Auto unter Vorsicht und im schleichenden Fahrmodus befahren werden. Manchmal lässt sich das auch gar nicht vermeiden. Auf unserer Fahrt nach Kalgoorlie wurde der Highway auf recht langer Strecke neu asphaltiert, eine Umleitung gibt es im Outback nicht wirklich. Für eine gute halbe Stunde hieß es daher, ab aufs rote Fahrparkett und anschließend direkt in die Waschanlage.
Adopt a Highway
Sind hierzulande Tierpatenschaften im Zoo üblich, ist es in Australien gang und gäbe, einen Highway-Abschnitt zu adoptieren. Dazu sind am Straßenrand Schilder mit dem Hinweis „Adopt a Highway“ aufgestellt. Die Patenschaft mag nicht allzu zugänglich und süß sein, aber praktisch allemal. Auf diesem Weg finanzieren die Verkehrsbehörden nämlich nötige Baumaßnahmen.
1.4 Fahr- und Verkehrsregeln in Australien
Die größte Sorge fahrender Touristen in Australien gilt in der Regel dem Linksverkehr. Selbst routinierte Autofahrer verbringen die erste Zeit hinterm Steuer unter höchster Anspannung. Doch die Gewohnheit hält oft schneller Einzug als gedacht. Denn wenn alle links fahren, schließt man sich dem als Fahrer naturgemäß an. Es bleiben einige wenige, heikle Verkehrssituationen, die besondere Aufmerksamkeit erfordern, z. B. das Abbiegen auf Kreuzungen. Als ich einmal von einem Aldi-Parkplatz fuhr, ertappte ich mich dabei, dass ich in der rechten statt linken Spur stand. Gott sei Dank kam in diesem Moment kein anderes Auto, mein Fahrfehler blieb also unbemerkt. In diesen Situation helfen Hinweise in den Mietcampern, die mehr als deutlich an den Linksverkehr erinnern und daran, dass man zuerst nach rechts und dann nach links schaut.
Gefahren wird links, gesteuert rechts
Da auf der „falschen“ Straßenseite gefahren wird, befinden sich das Lenkrad, die Handbremse sowie der Schaltknüppel auf der anderen Seite im Auto bzw. werden mit der anderen Hand bedient. Keine Sorge, auch als Rechtshänder lässt es sich erstaunlich gut mit links schalten. Ebenfalls vertauscht sind Scheibenwischer- und Blinkerhebel, Ursache des Urlauber-Fahrerklischees schlechthin. So erkennt man einen Touristen im Auto leicht daran, dass er den Scheibenwischer benutzt, obwohl die Sonne scheint und währenddessen ohne zu blinken abbiegt. No worries – die Routine kommt schneller als erhofft und bleibt. Wer nach mehrwöchigem Australienurlaub erstmals wieder mit dem Auto zur Arbeit fährt, steigt mitunter auf der rechten Seite ein und greift mit den Händen vor sich ins Leere. So erging es zumindest einem guten Freund, der für drei Wochen mit uns im Camper tourte und die meiste Zeit auch fuhr. Zurück in der Heimat wunderte er sich tatsächlich, wer sein Lenkrad im Auto ausgebaut hätte, ehe er es auf der vermuteten Beifahrerseite wiederfand.
Linksherum im Kreisverkehr!
Der Linksverkehr und damit verbundene Fahrweisen beanspruchen die wohl größte Fahrkonzentration der Reisenden. So wird auf mehrspurigen Straßen in der linken Spur gefahren und auf der rechten überholt. Im Kreisverkehr fährt man im Uhrzeigersinn und nicht diesem entgegen. Aber Achtung, nicht alles findet „auf links gedreht“ statt: An Kreuzungen gilt wie hierzulande rechts vor links. Auch andere Regeln sind dem Fahrer von Zuhause vertraut. Autos auf der durchgehenden Straße haben Vorrang gegenüber Fahrzeugen aus Einmündungen. Ist die Linie auf der Straße unterbrochen, darf überholt werden; ist sie durchgezogen, heißt das Überholverbot. Es gilt unbedingte Anschnallpflicht. Telefonieren während der Fahrt ist nur mit Freisprechanlage erlaubt. Fahren unter Alkohol- und Drogeneinfluss ist strengstens untersagt. Die Promillegrenze liegt bei 0,05 Prozent. In manchen Bundesstaaten gilt darüber hinaus Rauchverbot im Auto, falls Kinder mitfahren.
Der Verkehr in Australien hat neben dem Linksverkehr weitere Besonderheiten zu bieten, die das Fahren nicht nur fließender, sondern auch ein Stück weit herausfordernder, aber vor allem sicherer machen.
Hook Turn in Melbourne
An Ampeln hält der Urlauber in Australien eigentlich nur in den größeren Städten. Außerhalb davon regelt sich der Verkehrsfluss reibungslos und schnell über Kreisverkehre, den sogenannten roundabouts. Fahrzeuge im Kreisverkehr haben Vorrang. Per Blinker wird bereits beim Einfahren die Richtung der Ausfahrt angezeigt. Mit dieser Regelung soll den wartenden Autos frühzeitig deutlich gemacht werden, wo im Kreisverkehr befindliche Fahrzeuge abbiegen. Wer nach rechts oder links blinkt, nimmt folglich die unmittelbar nächste Ausfahrt bzw. umrundet den Kreisverkehr. Kein Blinken indiziert das Fahren geradeaus. Die eigentliche Ausfahrt wird kurz vorher mit einem Linksblinken angedeutet. Aber selbst die Australier wissen mitunter nicht so richtig, wann genau sie eigentlich beim Rundendrehen blinken müssen.
Eine bei Touristen berüchtigte Verkehrsregel gibt es im Bundesstaat Victoria, genauer gesagt im Stadtzentrum von Melbourne. Hier regeln sogenannte hook turns das Abbiegen auf Kreuzungen mit Straßenbahnverkehr. Entsprechende Straßenschilder geben den Hinweis. Bei