Ceara lächelte. »Das würde mir überhaupt nichts ausmachen.« Dann stockte sie plötzlich und lief knallrot an. Ihr war plötzlich ein furchtbarer Gedanke gekommen.
»Was ist denn? Wenn du nicht möchtest, dann müssen wir nicht«, sagte Daron und streichelte ihr übers Gesicht.
Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Ich … ich weiß nur nicht, wie die Sitten bei euch sind. Ich meine …«, begann sie vorsichtig. Ceara wusste gar nicht, wie sie es ihm sagen sollte, doch dann fasste sie sich ein Herz. »Vielleicht findest du mich jetzt unmoralisch, oder unanständig, oder Schlimmeres, aber ich war schon mal mit einem Mann zusammen.« Jetzt blickte sie ihn ängstlich an.
Zunächst wirkte er etwas überrascht und runzelte kurz die Stirn, dann drückte er sie an sich. »Nein, das finde ich überhaupt nicht unanständig. Auch ich hatte schon ein paar Mädchen. Ich hoffe, dir macht das ebenfalls nichts aus.«
Erleichtert versicherte Ceara, dass es ihr gar nichts ausmachte. Dann stand sie grinsend auf und zog ihn an der Hand hoch. »Also, wenn es dich nicht stört, dass ich mit dem größten Idioten dieser Welt verlobt bin, dann können wir gerne in dein Zimmer gehen.«
Leise lachend hob er sie hoch. »Ich glaube, diese Verlobung war wohl doch etwas einseitig.« Dann verschwanden sie in Darons Zimmer.
Myrthan lächelte, als er in der Nacht auf dem Balkon vor dem Wohnraum landete und anschließend einen vorsichtigen Blick in Darons Zimmer warf. Bran hatte ihn bereits vorgewarnt und so legte er sich in das schmale Bett, das im Zimmer von Alan und Bran stand.
Bran wachte kurz auf und murmelte schläfrig: »Na, haben sie es endlich geschafft?«
»Es erweckt den Anschein.« Der Zauberer lächelte und schlief bald darauf ein.
Am nächsten Tag beim Frühstück machten Ceara und Daron derart glückliche Gesichter, dass selbst Alan seine noch immer leicht vorhandene Eifersucht herunterschluckte.
Myrthan nahm Ceara im Laufe des Tages beiseite und drückte ihr ein Päckchen in die Hand.
»Hier«, flüsterte er, »wenn du möchtest, kannst du diese Kräuter nehmen. Es wäre wohl momentan nicht sehr sinnvoll, wenn du schwanger werden würdest. Obwohl ich mich da nicht einmischen möchte!«
Sie wurde ein wenig rot, grinste dann aber dankbar. »Das wäre es wahrscheinlich nicht. Vielen Dank!«
»Du solltest dir am Morgen davon einen Tee aufbrühen. Notfalls kannst du die Blätter auch einfach zerkauen, dann schmecken sie allerdings etwas bitter.«
Mit einem dankbaren Lächeln und machte sich Ceara daran, einen Teekessel über das Feuer zu hängen.
Die nächsten Tage vergingen relativ ereignislos. Die nächtlichen Streifzüge brachten keine Erfolge und alle warteten auf die Sommersonnenwende. Außer Daron und Ceara, die es genossen, Zeit für sich allein zu haben, wurden alle langsam ungeduldig. Alan saß eines Nachmittags in einem der Sessel und knabberte missmutig an einem Stück Gebäck herum.
»Wir werden noch alle faul und fett in diesem Schloss«, knurrte er.
Fio´rah hatte ihre langen Beine über die Lehne eines anderen Sessels gelegt und meinte mit einem Grinsen, das ihre spitzen Zähne blitzen ließ: »Du vielleicht. Wir Fiiljas werden nie fett!« Damit nahm sie sich ein weiteres Stück Gebäck und biss herzhaft hinein.
Bran lachte, doch auch er wurde langsam ungeduldig, ebenso wie Myrthan, der zunehmend nervös wirkte. Irgendwie spürte der Zauberer, dass sie sich nicht mehr allzu lang Zeit lassen durften.
Tatsächlich schaffte es Prinz Trian, seine geheimen Gäste vor den anderen Schlossbewohnern zu verbergen – vor allen, bis auf seinen kleinen, neugierigen Sohn. Der schlich, wie schon sein Vater in seinem Alter, einfach zu gern durch das Schloss. Ergon machte sich einen Spaß daraus, sich vor den Dienern zu verstecken und sie zu erschrecken, wenn es ihm einfiel.
Eines Tages folgte er einer der Mägde und wunderte sich noch, was sie im Nordturm tat. Dorthin kam normalerweise niemand. Leise und von Nische zu Nische huschend, lief er ihr hinterher. Der kleine Ergon hörte das Losungswort mit an, nahm all seinen Mut zusammen, und klopfte an die Tür, nachdem die Magd wieder verschwunden war. Er musste wissen, was sich dahinter verbarg.
»Zepter des Drachen«, rief er so bestimmt wie möglich und hoffte, dabei möglichst erwachsen zu klingen.
Die Tür öffnete sich knarrend und Ergon wich nach hinten zurück, als ihm ein großer Mann mit dem längsten Bart entgegenkam, den er jemals gesehen hatte. Myrthans lange, eisengraue Haare und die stechenden Augen taten ihr Übriges. Ergon war kurz davor, loszuheulen.
Doch dann wurden die Augen des Zauberers weich.
»Ja, wen haben wir denn da?«, fragte er freundlich.
»Ppprinz Eeerrgon«, stotterte der Kleine mit allem Mut, den er aufbringen konnte.
Myrthan hob die Augenbrauen. »Und was willst du hier?«
Ergon straffte die Schultern und antwortete bestimmt: »Ich wollte sehen, wer hier lebt. Denn hier lebt normalerweise niemand.«
Ein Lachen unterdrückend machte der Zauberer eine einladende Handbewegung. »Mein Name ist Myrthan. Darf ich dich hereinbitten?«
Einen Augenblick zögerte Ergon, dann nickte er und trat vorsichtig in den Raum. Er starrte alle Anwesenden mit offenem Mund an. Doch als sein Blick Fio´rah traf, fing er wirklich an zu weinen und wollte zur Tür hinaus rennen. Myrthan hielt ihn fest.
»Langsam, langsam, junger Prinz. Niemand wird dir etwas tun.«
Ergon zappelte und wollte sich vergeblich aus Myrthans Griff befreien, doch der Zauberer hielt ihn eisern fest.
»Das ist eine Hexe, sie wird mich verhexen!«, schluchzte der Kleine und trommelte auf den Zauberer ein.
»Nein, das wird sie nicht«, erwiderte Myrthan bestimmt und drehte Ergon herum. »Das ist Fio´rah, sie ist eine Fiilja. Außerdem ist sie eine gute Freundin von mir. Kennst du Fiiljas?«
Ergon nickte vorsichtig. Sein Lehrer hatte von Fiiljas erzählt. Doch sein Großvater hatte immer gesagt, Frauen die kämpfen seien allesamt Hexen. Das verkündete Ergon nun mit Überzeugung.
Mit Mühe unterdrückte Myrthan ein Schmunzeln. »Siehst du das Mädchen dort drüben?« Er deutete auf Ceara und Ergon nickte. »Auch sie kann kämpfen. Und auch sie ist keine Hexe.«
Verwirrt starrte Ergon von Fio´rah zu Ceara und konnte den Mund gar nicht mehr schließen.
»Mal abgesehen davon, mein Kleiner«, fuhr der Zauberer fort, »es gibt gute und böse Hexen. So wie es gute und böse Könige gibt. Dein Vater ist ein Freund von uns, deswegen lässt er uns hier wohnen. Und deinen Vater hältst du doch nicht für böse, oder?«
Der kleine Prinz schniefte, wischte sich die Tränen ab, und schüttelte dann den Kopf. »Nein, mein Vater ist nicht böse.«
Nun war Myrthan halbwegs zufrieden. »Ergon«, sagte er mit einem Blick zur Tür, »würdest du uns die Ehre erweisen, mit uns zu essen, bis dein Vater kommt?«
Nach kurzem Zögern setzte sich Ergon an den Tisch. Immer wieder wanderte sein Blick zu Fio´rah, die ihm dann aufmunternd zulächelte, doch Ergon schien die Fiilja nicht ganz geheuer zu sein.
Es dauerte einige Zeit, bis Prinz Trian endlich auftauchte. Als er seinen kleinen Sohn sah, wurde er zunächst ein wenig blass, dann schimpfte er los.
»Ergon, verdammt noch mal, was tust du denn hier?«
»Ich bin der Magd nachgelaufen«, antwortete Ergon selbstbewusst.
Prinz Trian setzte zu einem Donnerwetter an, doch dann überlegte er es sich anders. Er nahm seinen Sohn zur Seite.
»Ergon, ich muss jetzt etwas sehr Wichtiges von dir verlangen und ich hoffe, dass du schon alt genug dafür bist«, sagte er eindringlich.
Der kleine Prinz richtete sich zu seiner vollen