Mit angewidertem Gesicht blickte Trian zur Tür. »Ich hasse diesen Harakoel!«
»Nicht nur Ihr«, murmelte Daron, der erleichtert war, dass Fio´rah die Situation gerettet hatte.
»Gut«, schlug Prinz Trian vor. »Daron, ich werde Euch ein Zimmer in einem unbenutzten Teil des Schlosses geben, damit Harakoel keinen Verdacht schöpft, wenn Ihr das Schloss wieder verlasst. Und, Fio´rah, Ihr solltet so schnell es geht wieder als König Adamath verschwinden und heute Nacht Eure Freunde hierher bringen. Ich werde Euch in die Felsengänge geleiten.«
Fio´rah und Daron blickten sich unentschlossen an. Konnten sie dem jungen Prinzen wirklich vertrauen, oder würde er sie hereinlegen?
Prinz Trian schien ihre Gedanken erraten zu haben. »Ihr könnt mir trauen. Ich schwöre beim Leben meines Sohnes, dass ich nichts tun werde, das Euer Leben gefährdet. Ich hasse König Adamath ebenso wie Ihr.«
Mit den Augen signalisierten sich Fio´rah und Daron Zustimmung. Sie hatten wohl keine andere Wahl.
Die Fiilja wartete einige Zeit, dann verwandelte sie sich erneut in Adamath und stürmte in Begleitung eines Wachmannes, der ihr auf Prinz Trians Anweisung hin ein Pferd geben sollte, durch das Schloss. Trian selbst führte Daron über Geheimgänge in ein unbenutztes Zimmer im Nordturm des Schlosses.
»Macht es Euch bequem«, sagte Prinz Trian und zog ein staubiges Tuch von einem der alten Sessel. »Ich werde Euch später zu essen und zu trinken bringen.«
Daron nickte und sagte leise: »Danke.«
Prinz Trian, der bereits im Begriff gewesen war zu gehen, drehte sich noch einmal um. »Ich vergesse Menschen nicht, die mir einmal das Leben gerettet haben. Und ich glaube an eine bessere Welt. Wenn ich meinen Teil dazu beitragen kann, dann umso besser.«
Damit verschwand er und ließ Daron allein, der sich in den weichen Sessel sinken ließ. Schon damals, bei ihrer ersten Begegnung, hatte Daron den jungen Prinzen gemocht. Sie waren wohl etwa im gleichen Alter und wie es aussah, hatten sie in Prinz Trian einen wertvollen Verbündeten gewonnen.
Tatsächlich war Trian von freudiger Erregung erfüllt. Endlich konnte er etwas gegen Adamath unternehmen. Er trommelte im Geheimen einige vertrauenswürdige Soldaten zusammen, die sich bereithalten sollten. Es waren zwar nicht sehr viele, gerade einmal zehn Mann, von denen er sicher war, dass sie loyal hinter ihm standen, doch das war besser als nichts.
Guter Dinge kam er von der Unterkunft der Soldaten zurück, als ihm sein Vater über den Weg lief, der ein griesgrämiges Gesicht machte.
»Was wollte der Hochkönig von dir?«, fragte er streng.
Trian zuckte die Achseln. »Er wollte nur einen Gefangenen in unseren Kerker stecken.«
»Und warum kam er damit nicht zu mir?« Der alte König war misstrauisch. Er wusste, dass sein Sohn im Geheimen nicht sehr viel für den Hochkönig übrig hatte. Ganz im Gegensatz zu König Assans ältester Tochter, die mit einem der höheren Lords verheiratet war und unterhalb des Schlossberges in Huellyn lebte.
»Was weiß ich«, antwortete Trian ungeduldig. »Wer kann schon die Gedanken eines Königs nachvollziehen?«
»Und wo ist der Gefangene jetzt?«
»Im Kerker natürlich.« Trian wollte rasch weitergehen.
Sein Vater hielt ihn mit überraschender Kraft zurück, die seinem Alter trotzte. »Wenn du irgendetwas hinter meinem Rücken ausheckst, dann wirst du es bereuen«, drohte er und ließ seinen Sohn wieder los.
»Das werde ich nicht«, sagte Trian einfach, ließ damit allerdings offen, was er meinte.
Von einem unguten Gefühl beschlichen blickte der alte König seinem Sohn hinterher. Irgendetwas stimmte nicht, das spürte er genau. Vorsichtshalber ging der alte König zu Harakoel, doch der bestätigte die Geschichte von Trian, woraufhin er es auf sich beruhen ließ. König Assan beschloss jedoch, die Augen offen zu halten.
Fio´rah war so schnell sie konnte zu den Ställen gestürmt, hatte sich auf ein Pferd geschwungen, und war wie besessen zum Tor hinausgejagt. Zum Glück fiel das nicht sonderlich auf, denn Hochkönig Adamath war ja für seinen rücksichtslosen Reitstil bekannt. So schaffte sie es gerade noch, ihre Illusion lange genug aufrechtzuerhalten, bis sie außer Sichtweite war. Dann sattelte sie das Pferd ab und rannte so schnell sie konnte zu ihren Freunden zurück. Erst als die Sonne bereits am Sinken war, erreichte sie, ziemlich außer Atem, den Lagerplatz.
Ihre Gefährten kamen ihr aufgeregt entgegen. Als Fio´rah Cearas erschrockenes Gesicht sah, sagte sie beruhigend: »Daron geht es gut. Er ist auf dem Schloss geblieben. Prinz Trian wird uns heute Nacht hineinlassen. Wir haben einen Treffpunkt vor dem Schlosstor ausgemacht.«
»Können wir ihm wirklich trauen?«, fragte Bran kritisch.
»Ich denke schon, er wirkte sehr ehrlich.«
»Na los, worauf warten wir?«, rief Ceara und machte sich daran, in Windeseile ihre Sachen zusammenzupacken. Sie hatte trotz allem Angst, dass sich dieser Prinz als Verräter herausstellen könnte.
Auch die anderen begannen das Lager abzubrechen. Zum Glück konnte Myrthan den Weg mit magischem Licht erhellen, sodass sie auch in der Nacht recht gut voran kamen. Sie stießen auf keine Orks und erreichten bald den Treffpunkt, den Fio´rah genannt hatte. Vorsichtshalber hielten sich Myrthan und Bran versteckt. Falls Prinz Trian wider Erwarten einen Hinterhalt geplant hatte, würden sie eingreifen können. Doch der Prinz kam wie verabredet mit nur einem Soldaten und ließ sie durch ein verstecktes, kaum sichtbares Nebentor ins Schloss. Auch Bran und Myrthan gaben sich nun zu erkennen. Der junge Prinz führte sie durch das nächtliche Schloss, in dem bereits alle schliefen.
Im Nordturm angekommen nahm Daron die mehr als erleichterte Ceara in den Arm. »Siehst du, es ist alles gut gegangen«, flüsterte er ihr ins Ohr.
Sie nickte glücklich und alle setzten sich an den alten Holztisch, wo der Prinz ihnen ein üppiges Essen auftischen ließ. In dieser Nacht war es zu spät, um die Rune zu suchen.
»Daran könnte ich mich gewöhnen«, sagte Alan zufrieden grinsend, nachdem er fertiggegessen hatte. Auch die anderen sahen satt und zufrieden aus.
Prinz Trian versprach, sie in der nächsten Nacht in die Felsengänge zu führen. Sie sollten sich den Tag über ausruhen.
»Von diesem Raum aus sind drei Schlafgemächer zu erreichen und ein Baderaum, falls Ihr diesen benötigt. Ich werde einem vertrauenswürdigen Diener Anweisungen geben, heißes Wasser zu bringen.«
»Vielen Dank«, sagte Myrthan, »aber ich denke, wir werden die Schlafgemächer gar nicht lange benötigen. Sobald wir die Rune haben, ziehen wir weiter.«
»Ich werde später noch einmal vorbeikommen.« Damit verschwand der junge Mann.
»Meinst du, er ist wirklich vertrauenswürdig, Myrthan?«, fragte Bran noch einmal, nachdem der junge Prinz verschwunden war.
»Ja, ich denke schon. Ich konnte keine Lüge an ihm erkennen. Was meinst du, Fio´rah?«
»Ja, ich bin mir auch sicher.« Sie sich in einen Sessel fallen. »Ach, so ein Tag voller Bequemlichkeit ist doch etwas Schönes!«
Die anderen stimmten ihr voll und ganz zu und verbrachten diesen Tag faul, mit gutem Essen und einem warmen Bad.
König Assan schritt unruhig durchs Schloss. Er war nervös, weil Hochkönig Adamath nicht bei ihm, sondern seinem Sohn gewesen war. Was hatte das zu bedeuten? Er suchte Harakoel auf, der – wie häufig – im großen Speisesaal zu finden war und sich den Wanst vollschlug.
Als er den König sah, erhob er sich eilig und verbeugte sich tief, wobei der Rest des Bratensafts über sein Kinn lief.
»Oh, edler König. Was verschafft mir die Ehre?«
»Ich habe eine Bitte an Euch«, begann der alte König und