Das Leben sein lassen. Thilo Gunter Bechstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thilo Gunter Bechstein
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9783961451401
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habe und akzeptiere jetzt, dass es eine Form meines Ego ist, die mich absolut besessen hat.

      „Ich erschrecke darüber, dass mir das widerfahren konnte. Sicher ist etwas dran an dem, was du mir jetzt vorwirfst.“

      „Du missverstehst mich. Ich werfe dir nichts vor, ich verurteile dich nicht. Ich versuche dich auf eine Entwicklung hinzuweisen, die dich von deinem inneren Ziel abbringt und damit auch von der Aufgabe, die du selbst als Grund für dein Gastspiel in dieser Welt anerkennst.

      Vielleicht hilft es dir zu beschreiben, was du in dir erlebst, wenn du begierig Nachrichten aus dem Internet herausfischst, die dich aufregen und dich in einen Zustand versetzen, in dem du außer dir bist, das genaue Gegenteil von Bewusstheit.“

      So leicht fällt es mir nicht, tiefer in mir nach den Zusammenhängen zu suchen, auf die mich meine Seele hinweist. Ich erlebe eine tiefe Enttäuschung über diesen Staat, darüber, was er als Demokratie verkauft und über den Machtmissbrauch, den eine allein herrschende Parteienclique betreibt. Ich rege mich auf über die Meinungsmanipulation der sogenannten unabhängigen Medien, ihre Lügen, Verdrehungen von Tatsachen und Halbwahrheiten. Alles das habe ich bereits in der DDR erlebt und glaubte, dass mit Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland alles anders werden würde. Aber im Grund muss ich feststellen, dass sich nichts wirklich geändert hat außer den Farben der Parteien und ihren Sprüchen. Was nützt mir die Freiheit, eine Partei wählen zu können, wenn letztlich alle dasselbe machen. Politiker erlebe ich überwiegend als machtgeil, geldgierig und korrupt. Darüber bin ich sauer, stinkig und zugleich irgendwie ohnmächtig und verzweifelt. Eine erhebliche Negativität macht sich in mir breit und verändert auch meine Ausstrahlung. Ich werde in meinen Betrachtungen gerade unterbrochen:

      „Du erlebst das so, weil du dich mit einer bestimmten Meinung zu diesen Ereignissen identifizierst. Du kannst sie nicht neutral und mit Distanz als das betrachten, was sie sind, sonst würdest du sie als Egospiele erkennen, die systemunabhängig sind. Insofern sind auch deine Erwartungen illusionär. Sie mussten zwangsläufig enttäuscht werden. Wirkliche Veränderungen in der Welt geschehen nicht durch Politik. Sie setzen einen Bewusstseinswandel voraus und der beginnt zuerst bei dir selbst.

      Doch ich will noch etwas tiefer gehen mit meinen Hinweisen.

      Die Gefühle der Ohnmacht und Hilflosigkeit, die dich angesichts der politischen Ereignisse überkommen, haben nicht nur mit diesen Ereignissen zu tun, zumal du nicht einmal direkt von ihnen betroffen bist. Sie berühren vielmehr ein Feld verdrängter Gefühle aus deiner frühen Kindheit, in der du wirklich hilflos und ohnmächtig warst und diese Gefühle deshalb verdrängen musstest. Aus deiner unbewussten Identifikation mit diesen Gefühlen entsteht ein Energiefeld in dir, das du als deinen emotionalen Körper bezeichnen kannst. Er ist ein quasi autonom agierendes Gebilde, das sich selbst dadurch zu erhalten versucht, indem es neuen Schmerz erzeugt.

      Wie du selbst beschreibst, veranlasst dich dieser emotionale Körper, nach Ereignissen zu suchen, die geeignet sind, die in dir vorhandenen negativen Erfahrungen der Hilflosigkeit und Ohnmacht immer neu zu aktivieren und auf diese Weise dem alten Schmerz neuen hinzuzufügen. Damit hat dich deine Vergangenheit fest im Griff und du bist nicht im Augenblick präsent. Das ist ein Zustand der Unbewusstheit, in dem du Leid erschaffst, dir selbst und einigen anderen.“

      Irgendwie habe ich den Konflikt sogar gespürt, der daraus in mir entstanden war. Einerseits wollte ich mir die Negativität nicht zumuten, die aus meiner zwanghaften Beschäftigung mit diesen Nachrichten in mir entstand. Andererseits war mein emotionaler Drang danach stärker als meine bessere Einsicht. Die war als Gegenkraft zu meinem emotionalen Körper zu schwach, dessen Einwirken mir nicht einmal bewusst war. Die scheinbare Erleichterung, welche die vorübergehende Ruhe meines emotionalen Körpers mit sich brachte, wenn er sich die letzte Meldung des Abends einverleibt hatte und gesättigt schien, tat ein Übriges, meine Abhängigkeit von ihm noch zu stärken. Es war wie das letzte Glas, das ich trinken musste und erst damit aufhören konnte, als nichts mehr da war.

      „Solange du in der Überzeugung verharrst, dass du der bist, der den Schmerz und die Identifikation mit Ohnmacht und Hilflosigkeit braucht, um zu wissen, wer er ist, wird sich daran nichts ändern. Du bleibst in dem Teufelskreis der Sucht hängen, den du richtig beschrieben hast und der immer neuen Schmerz produziert. Du lehnst dich damit ab, denn dein Verstand erkennt und verurteilt dich. Du weißt bereits, dass du damit echtes Leiden für dich schaffst.

      Die wirkliche Kraft für Veränderung findest du nicht in deinem Verstand, sondern nur in deinem fühlenden Erkennen, mit dem du deine Seele erreichst. Du hattest dich von mir abgeschnitten und ich musste mich dir in Erinnerung bringen. Meine unausgesetzten Versuche, dich mit sanften Hinweisen aufzuwecken, hast du allesamt ignoriert. Dabei habe ich sehr geduldig deine Entwicklung begleitet und deine Entscheidungen kommentiert, aber du hast meine Gegenwart in dir nicht wahrnehmen können, weil du nicht gegenwärtig warst.

      Meine Methode, deine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, ist dir ja inzwischen bekannt. Du hast schon ein ganzes Buch2 darüber geschrieben. Aber dir bleibt für deine beabsichtigte Entwicklung nicht mehr so viel Zeit, dass du sie in Monaten oder Jahren vergeuden kannst. Deshalb habe ich das Stopp-Signal setzen müssen.“

      „Ich verstehe dich und bin offen für deine Hinweise. Bei meiner Fahrt ins Krankenhaus habe ich schon im Auto deine Stimme in mir erkannt. Deshalb sitze ich jetzt auch am Tisch neben meinem Bett im und bin im Kontakt mit dir, meiner Seele. Du brachtest dich wieder mit einer drastischen Maßnahme in Erinnerung. Ich wünschte mir, unsere Begegnung könnte weniger schmerzlich für mich sein. Aber dafür müsste ich mehr Achtsamkeit in mein Leben bringen. Nur in meiner Präsenz bin ich dem wirklichen Leben verbunden. Andernfalls öffne ich meiner Vergangenheit die Tür, mit der sich mein Verstand nur zu gern gleichsetzt. Besonders mit meinem unerlösten emotionalen Körper, dem unerkannt wirkenden Feld der Verletzungen aus meiner Kindheit, identifiziert sich mein Verstand.“

      „Der emotionale Körper ist ein Medium im Prozess deiner Bewusstwerdung. Er gehört, um es mit Faust zu sagen, zu der Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft. An dir ist es, die Auseinandersetzung mit deinem emotionalen Körper zu suchen, dir seiner gewahr zu werden als Teil dessen, der du nicht bist. Das exzessive und dir unbewusste Wirken deines emotionalen Körpers erzeugt Leid und körperliche Symptome, die dich letztendlich in die Achtsamkeit zwingen, dem einzig möglichen Heilungsweg. Auf diesem Weg bist du nicht allein. Es ist der Weg, den jeder Mensch auf dieser Erde geht oder noch gehen wird. Er beinhaltet ein fundamentales Prinzip, eine Gesetzmäßigkeit, die für alle wirksam ist und die es anzuerkennen gilt. Ihr unterscheidet euch nur in den Inhalten. Es ist so einfach!“

      Meine Seele müsste wahrnehmen, dass ich mich jetzt von ihr nicht verstanden fühle, da ich es alles andere als einfach finde. Ich kann nicht begreifen und noch weniger akzeptieren, dass ich immer wieder auf mein Ego hereinfalle. Meinem emotionalen Körper fühle ich mich ausgeliefert.

      „Hereinfallen bedeutet, dass du dich als Opfer der Umstände siehst, wieder einmal, müsste ich hinzufügen. Offenbar suchst du die Wiederholung deiner Erfahrungen und auch das ist in Ordnung. Du machst die Erfahrung des Leidens nunmehr in einer anderen Form. Ich bin sehr kreativ darin, dir diese Möglichkeiten immer wieder auf deiner Körperebene einzuräumen. So wie ich mich darüber freue, dass sie keine vergebliche Mühe sind, da du immer wieder bereit bist, daraus zu lernen. Das Tempo des Prozesses deiner Bewusstwerdung bestimmst du selbst. Du könntest dir natürlich andere Gelegenheiten für deinen Lernprozess schaffen, indem du auch auf deinem äußeren Weg, in der Welt zu sein, deiner Bestimmung folgst. Du musst dazu allerdings mit deiner inneren Stimme in Verbindung bleiben, die ich für dich bin.

      Es ist nichts weiter erforderlich, als deine wache Präsenz. Sie lässt dich deinen emotionalen Körper als den erkennen, der deiner Vergangenheit angehört und der mit deinem gegenwärtigen Sein nichts zu tun hat.

      Indem du aber die verdrängten Gefühle der Vergangenheit nicht als solche anerkennst und diese unbewusst auf das Geschehen im Außen projizierst, verfällst du dem Irrtum, diese Art von Erleben sei deine aktuelle Realität. Das macht dir Angst und löst deine Abwehr aus, einen inneren Kampf, den du versuchst, auf die äußere Ebene zu übertragen. Das ist das Gegenteil von innerem Frieden, das ist Krieg, der da in dir entsteht