YOLO. Paul Sanker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Paul Sanker
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783957658548
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Äpfel abwog. Sie ließ den Beutel los und die Äpfel kullerten über den Boden.

      »Was fällt Ihnen ein, Sie Flegel?«, schimpfte die Frau hinter ihm her. Doch Henrik beachtete sie nicht und rannte weiter. Zufällig bemerkte er, dass Gerda ihn beobachtete, deshalb griff er sich im Vorbeilaufen drei Tüten Chips, wedelte mit ihnen demonstrativ in der Luft herum und klemmte sie sich dann unter den Arm.

      »Das sage ich Krause, damit du’s weißt, Wanker!«, keifte die Kassiererin.

      »Na prima, dann kannst du ja gleich auch seine Latte probieren«, rief Henrik und stürmte aus dem Geschäft.

      Den Rest des Tages verbrachte er abwechselnd im Bett und auf dem Sofa vor dem Fernseher, wo er den Inhalt von zwei der drei Tüten vertilgte.

      Gegen sechs Uhr loggte er sich ins Spiel ein. Er war mit seiner Gilde in Korandor verabredet, einem kleinen Dorf an der Küste, etwa drei Meilen entfernt von Blackmount Castle, dem Ort des großen Gildentreffens.

      Als Hard2drive die Schenke betrat, warteten seine Gefährten bereits auf ihn. Wiseman, der Priester, sah ihn als Erster und hob zur Begrüßung die Hand. Nacheinander grüßten auch die anderen Gildenmitglieder.

      Donnergott: Hei, Pala, da bist du ja endlich! Wir warten schon über 'ne halbe Stunde auf dich. Komm, setz dich zu uns, MisterMister Big, und trink einen Becher gegorenes Trollblut mit uns.«

      Gut gelaunt wie immer winkte der muskelbepackte Barbar den Wirt heran, der kurz darauf mit einem schäumenden, purpurroten Getränk erschien und es vor Hard2drive auf den Tisch stellte. Doch der beachtete es nicht und wandte sich gleich an seine Gefährten.

      Hard2drive: Also, zur Sache! Bevor wir nach Blackmount Castle aufbrechen, möchte ich euch auf einige wichtige Dinge hinweisen, damit auch nichts schief geht.

      Er legte sein Schwert, das er für gewöhnlich auf den Rücken gebunden trug, auf den großen, hölzernen Tisch.

      Shiva-Warrior, der Schurke und der Untote Livingdead rutschten etwas näher heran. Deadlysorc klebte mit ihren grünen Augen förmlich an den Lippen des Paladins und erwartete gespannt dessen Ausführungen.

      Wiseman und Donnergott musterten misstrauisch die Gäste am anderen Ende des Schankraumes.

      Es handelte sich um acht Kämpfer der Barbarenklasse, alle in den Achtziger-Leveln, riesige, fast zwei Meter große, stämmige Kerle mit dunkelblonden, gelockten fettigen Haaren. Sie trugen schwarze Ledermonturen und rote Umhänge, bestickt mit einer weißen Möwe. Bewaffnet waren sie mit Äxten und Keulen. Es handelte sich ganz offensichtlich um Gildenkrieger aus den Nordlanden, die sich ebenfalls auf den Weg nach Blackmount Castle gemacht hatten. Sie waren ins Gespräch vertieft und schienen kein Interesse an dem zu zeigen, was die übrigen Gäste taten. Dennoch senkte Hard2drive seine Stimme zu einem Flüstern, als er nun sprach.

      Hard2drive: Dies ist das zweite Jahr, in dem wir am Gildentreffen teilnehmen. Ihr kennt also schon die wichtigsten Spielregeln. Sinn und Zweck des Treffens ist zum einen der friedliche Handel mit und der Austausch von magischen Ausrüstungen, Waffen, Zaubertränken und so weiter. Zum anderen können sich mehrere Gilden zusammenschließen und Schlachtzuginstanzen planen, um besonders schwierige Quests zu lösen. Diesmal geht es für uns allerdings um mehr. Wir müssen mit Lord Dragon sprechen und erfahren, was es mit dem schwarzen Schattenmagier auf sich hat – und mit diesem Armreif.«

      Hard2drive hob seinen rechten Arm, an dessen Handgelenk das schwarze, mit Edelsteinen besetzte Schmuckstück zum Vorschein kam.

      Die Gefährten starrten wie gebannt auf Hard2drives Arm. Auch die Gespräche am Tisch der Barbarengilde verstummten schlagartig und acht blond gelockte Köpfe wandten sich ihnen zu. Es war totenstill in der Schenke.

      Hard2drive stand langsam auf, fixierte die Nordmänner und legte seine Hand warnend auf den Knauf seines Schwertes Seelenschinder. Zögerlich wandten sich die blonden Riesen ab und konzentrierten sich wieder auf ihre eigenen Themen.

      Deadlysorc: Vielleicht solltest du den Armreif nicht so öffentlich herumzeigen. Er erregt zu viel Aufsehen.

      Auch die Zauberin blickte besorgt.

      Wiseman nickte zur Bestätigung und schaute mit finsterem Blick zum Tisch der Barbaren hinüber.

      Hard2drive winkte verächtlich ab.

      Hard2drive: Diese Typen können uns nicht gefährlich werden. Eine Gilde, die nur aus Barbaren besteht, hat keine Chance gegen uns. Aber du hast trotzdem recht. Wir sollten uns auf das Treffen mit Lord Dragon konzentrieren. Also weiter: Während des Gildentreffens gilt in Blackmount Castle und im Umkreis von einer Meile um die Festung herum absolute Friedenspflicht. Wer dagegen verstößt, verliert fünf Erfahrungslevel und all seine magischen Items. Dennoch sollten wir auf der Hut sein. Manchmal halten sich die großen Gildenbosse unter ihren Leuten Truppen von Auftragskillern, die auch in der Friedenszone auf unbequeme Gegner angesetzt werden, da die Chance groß ist, dass diese auf einen Angriff nicht vorbereitet sind. Sollte solch ein Attentäter erwischt werden, wird er seinen Auftraggeber nicht verraten und dafür später von diesem den materiellen Schaden ersetzt bekommen.

      Shiva-Warrior: Kein Problem, Pala. Wir werden dich so abschirmen wie zuletzt in der Teufelsschlucht. Wir sorgen schon dafür, dass dir keiner zu nahe kommt.

      Die braunen Augen des kleinen Schurken blitzten angriffslustig und zur Bekräftigung rammte er seinen Dolch in die Tischplatte.

      Hard2drive: Das funktioniert leider so nicht. Pro Gilde dürfen nur zwei Mitglieder in die Festung – der Boss und ein Begleiter. Die übrigen müssen außerhalb der Burg warten. Ich habe mich entschieden, Deadlysorc mitzunehmen. Sie wird sich im Hintergrund aufhalten und die übrigen Gäste auf Blackmount Castle beobachten. Mit ihren Zaubersprüchen ist sie in der Lage, auch mehrere Angreifer auf einmal in Schach zu halten, wenn es sein muss.

      Am Tisch der Barbarengilde entstand Unruhe. Die acht Krieger standen auf und schickten sich an, die Schenke zu verlassen. Der Anführer der Gruppe verließ als Letzter den Raum, ein wahrer Hüne mit Vollbart und einer dunkelblonden Mähne, die bis zu den Hüften reichte. Auf seiner Stirn war ein Totenkopf tätowiert. Vor Verlassen des Raumes drehte er sich noch einmal mit verschlagenem Grinsen zu ihnen um, winkte grüßend und verschwand.

      Donnergott: Wurde Zeit, dass die Pfeifen endlich verschwinden!

      Dann wandte er sich Hard2drive zu und fing an zu lamentieren.

      Donnergott: Warum nimmst du nicht mich mit? Du weißt, dass ich der bessere Leibwächter bin. Was kann eine Zauberin ausrichten, wenn du von mehreren mit Schwertern bewaffneten Angreifern bedrängt wirst? Bevor sie einen Beschwörungszauber wirken kann, hat man dich längst in zwei Teile zerhackt.

      Hard2drive: Ich wünsche keine Diskussion. Mein Entschluss steht fest. Es ist wichtig, dass sich mein Begleiter unauffällig im Hintergrund bewegt und mich bei meinen Aktivitäten nicht stört. Was soll ich also mit einem Barbaren, der sich benimmt wie die Sau in der Tanzschule und die Aufmerksamkeit der anderen auf sich lenkt?

      Donnergott setzte zum Widerspruch an, doch ein warnender Blick Livingdeads ließ ihn verstummen.

      Hard2drive: Sobald wir in der Festung sind, versuchen wir Kontakt mit Lord Dragon aufzunehmen. Wer dessen Begleiter sein wird, steht wohl fest.

      Wiseman: Tulsadoom?

      Hard2drive: Das ist so sicher, wie der Pastor im Beichtstuhl furzt. Leider kann ich dem Bürschchen in der Festung keinen Denkzettel verpassen. Aber ich werde schon einen Vorwand finden, um außerhalb der Friedenszone mit ihm ein bisschen Spaß zu haben. – So, Freunde, ich denke, wir haben genug gequatscht. Auf geht's nach Blackmount Castle!

      Damit stand Hard2drive auf und schnallte sich sein Schwert wieder auf den Rücken. Die anderen machten sich ebenfalls fertig. Schließlich verließen sie die Schenke.

      Draußen stand die Sonne schon tief über dem Ozean. Das Fischerdorf lag wie ausgestorben da, man hörte nur die leise Brandung. Der frische Wind trug den Geruch nach Tang und Meer heran.

      Aus der Ferne hörte er das heisere Kreischen der Möwen.