Weisheit des Lebens für Dummies. Marco Kranjc. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marco Kranjc
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Серия:
Жанр произведения: Личностный рост
Год издания: 0
isbn: 9783527818389
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wir jetzt aber auch schon vom Alter gesprochen haben, stellt sich noch eine andere Frage: Macht das Alter immer nur weise oder kann man im Alter die Weisheit auch wieder verlieren?

       Ziel der Weisheit: Nicht dumm werden

      Es wäre doch eine so schöne, einfache Formel: Je älter ein Mensch wird, desto weiser wird er. Leider ist das so nicht der Fall und es ist ja gut, dass Wissenschaftler uns auch in dieser Hinsicht einen klareren Blick verschaffen. So konnten Berliner Forscher feststellen, dass sich Weisheitsmerkmale schon sehr früh ausbilden können, also im Alter ab vierzehn Jahren bis zum zwanzigsten Lebensjahr. Das klingt einerseits erstaunlich, hat aber auch eine logische Erklärung: Junge Menschen müssen in diesem Alter ihren Weg finden, suchen Orientierung und müssen Entscheidungen treffen, die ihr ganzes Leben beeinflussen können. Sie machen also viele Erfahrungen, müssen über das Leben nachdenken und kluge Entscheidungen treffen. Alles beste Voraussetzungen also, um Weisheit zu lernen. Man kann von jungen Menschen bis Ende zwanzig also sagen, dass sie unter Stress und Entscheidungsdruck Weisheit lernen.

      Menschen, die die Offenheit gegenüber der Welt und anderen Menschen verlieren, verlieren auch ihre Weisheit. Das Alter macht nicht nur weise. Wenn alles schiefläuft, wenn ein Mensch seinen offenen Blick auf die Welt verliert (oder nie entwickelt hat), kann das Alter einen Menschen auch verbittert, verbohrt und böse machen. Dabei könnte es so viel besser laufen …

       Ziel der Weisheit: Ein starker und sanfter Charakter

      Weisheit kann natürlich nicht nur eine erlernte Fähigkeit sein, so wie Auto fahren oder Tennis spielen. Weise kann nur ein Mensch sein, der den einzigen Menschen verändert, den er verändern kann: sich selbst. Weisheit zu lernen ist mehr ein Arbeiten an sich selbst und seinen Ansichten und Einstellungen als einfach nur das Aneignen von Wissen und Fähigkeiten. Auch Letzteres gehört sicher zu einem weisen Menschen dazu. Doch wichtiger als reines Wissen sind die charakterlichen Fähigkeiten:

       Ein weiser Mensch ist in der Lage, seine Perspektive zu wechseln. Er kann sich in Ruhe hinsetzen und sich selbst mit den Augen des Nachbarn sehen, der sich ständig über ihn beschwert. Wo hat der Nachbar vielleicht recht? Den »Perspektivwechsel« kann man auch als »Rollentausch« bezeichnen, denn man versucht, so gut wie möglich in die Haut des Gegenübers zu schlüpfen, um es zu verstehen.

       Wenn der Perspektivwechsel eine Herausforderung für den Verstand ist, so ist die Empathiefähigkeit eher eine Anstrengung der Gefühle. Denn empathisch sein bedeutet, an den Gefühlen des Gegenübers teilzuhaben. Und das nicht nur deshalb, weil uns dieser Mensch von seinen Gefühlen erzählt, sondern deshalb, weil wir ihn wirklich verstehen wollen.

       Ein weiser Mensch weiß auch, dass Menschen unterschiedliche Werte haben. Was richtig oder falsch ist, mag er für sich selbst genau festgelegt haben. Er kann aber andere Sichtweisen und Meinungen tolerieren und versteht sie auch nicht als Angriff auf sich selbst.

       Auch wenn die Dinge einmal nicht so laufen wie gewünscht, wird ein weiser Mensch in Ruhe auf eine Lösung warten können. Ein weiser Mensch hat einen hohen Grad an Frustrationstoleranz entwickelt.

       Eine weitere besondere Eigenschaft weiser Menschen drückt sich in der Fähigkeit aus, eine bestimmte Situation im Zusammenhang des ganzen Lebens und aller Erfahrungen zu sehen. Kontextualismus nennt man die schöne Fähigkeit, Erfahrungen im Zusammenhang unseres Lebens und aufgrund eigener Erfahrungen einordnen zu können.

       Auch den Humor darf man als wertvolle Eigenschaft nicht vergessen: Besonders das Lachen über uns selbst und die eigenen Fehler kann viel Ernst aus unserem Leben nehmen und wachsende Bitterkeit verhindern.

       Auch dem weisen Mensch hilft es, wenn er einfach eine Menge Dinge weiß. Faktenwissen kann dazu helfen, Menschen und Situationen zu verstehen.

       Ebenso wichtig für einen weisen Menschen ist auch, dass er Problemlösungswissen hat. Das Wissen darum, wie man gute Entscheidungen trifft oder sich in Konflikten sinnvoll verhält, dient einem weisen Menschen dazu, ein gutes Leben zu führen.

      

Leider ist das Unwichtigere leichter zu haben: Faktenwissen kann auch dem Weisen helfen, macht aber niemanden weise. Problemlösungswissen ist auch für einen weisen Menschen wichtig, aber das »Gewusst-wie« macht noch keinen Menschen weise. Diese beiden Formen von hilfreichem Wissen können wir leicht aus Büchern oder Seminaren, aus dem Internet oder im Studium lernen. Die richtige Anwendung dieses Wissens ist aber wieder eine ganz andere Sache. Wie gesagt: Viele Menschen wissen sehr viel, ohne doch etwas von dieser Welt zu verstehen.

      Am Schluss dieses Kapitels stehen wir vor der Frage vom Anfang: Lohnt sich der ganze Aufwand eigentlich? Lohnt es sich, Weisheit zu lernen? Vor allem mit der etwas frustrierenden Aussicht, dass man nie wissen wird, ob man wirklich weise ist?

      Weisheit zu lernen lohnt sich, weil wir alle danach suchen, ein gutes Leben zu führen. Wir wissen, dass es naiv ist, sich ein Leben ohne Probleme, Krankheit und Leid zu wünschen. Aber auch wenn das Leben nicht immer – und für manche sogar selten – glücklich ist, kann es doch gut sein. Nicht immer nur Glück, sondern gut leben trotz Unglück – das ist der große Gewinn, den wir von einem Leben mit Weisheit haben.

      Scheitern – der steile Weg zur Weisheit

      IN DIESEM KAPITEL

       Wie Erfolg und Scheitern zusammengehören

       Scheitern, Glück und Pech

       Weisheit lernen durch scheitern

       Scheitern überstehen

       Wie man über Misserfolge reden kann

      Der alte Fischer Santiago hatte schon lange nichts mehr gefangen. Die anderen Fischer redeten schon über ihn, irgendwie schien ihn das Glück verlassen zu haben. Eine Weile war er mit einem Jungen hinausgefahren, aber dessen Vater verbot es irgendwann. Der Junge sollte lieber mit erfolgreicheren Fischern fahren. Doch am fünfundachtzigsten Tag seines Pechs biss ein Fisch an, ein riesiger Speerfisch. Drei Tage zog der Fisch den alten Mann hinaus aufs Meer, drei Tage, in denen der alte Mann eine persönliche Bindung zu dem Fisch aufbaute. Obwohl es ein Kampf auf Leben und Tod war, wurde der Fisch dem alten Mann zum »Bruder«.

      Als er den Fisch endlich töten konnte, machte er ihn an der Seite des Bootes fest und trat die lange Heimreise an. Doch das Blut des Fisches zog Haie an und sie rissen Stück um Stück das Fleisch vom Fang des alten Mannes. Als er schließlich in seinen Heimathafen fuhr, befand sich an der Seite des Bootes nur noch ein großes Skelett …

      Ernest Hemingways (1899–1961) Erzählung »Der alte Mann und das Meer« ist eine berühmte Geschichte über das Scheitern. Dass man einen Mann »vernichten (kann), aber nicht besiegen«, ist nur eine von Hemingways