DIE SNUFF-KILLER. Robert Blake Whitehill. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Blake Whitehill
Издательство: Bookwire
Серия: Blackshaw
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958356191
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17

       Jimmy Clyster schwelgte in der Abgeschiedenheit, die ihm das alte Wrack bot. Als Chalk und Harrower ihn von der Thresher auf dem rostenden Aufgang nahe dem Bug abgesetzt hatten, hatte er erwartet, dass die alten Stufen unter seinem Gewicht und seiner Ausrüstung nachgeben würden. Er war einfach nur froh, von Chalks wilden Wutanfällen wegzukommen. Unter sich konnte er durch die Löcher, die von Rost und Gefechtsübungen stammten, das Wasser sehen. Clyster war sich nicht sicher, was er Chalks Meinung nach von diesem ungewöhnlichen Beobachtungsposten aus sehen sollte, da der Nebel sich nun schon viel länger hielt als erwartet. Die Waschküche würde sich irgendwann auflösen. Der Ausreißer blieb ein Problem.

      Chalk, Harrower und die Thresher verschwanden im Nebel, bevor Clyster die relative Sicherheit des Hauptdecks erreicht hatte. Es gab keine sentimentale Warterei, um sicherzugehen, dass der Aufgang standhielt und er nicht wie ein Gehängter durch die Falltür in die Chesapeake stürzte. Chalk hatte den Kameradschaftsgeist eines Kojoten.

      Sobald er an Deck war, überflog er das Schiff der ganzen Länge nach und entschied, dass er die beste Aussicht von der alten Brücke aus haben würde. Er beschloss, zu seiner eigenen Sicherheit das Innere des Schiffs zu erkunden, bevor er sich zu dieser Position begab.

      Der Nebel machte das Schiff ganz und gar gespenstisch. Er konnte die Wellen hören, die gegen die Außenseite des Rumpfes schlugen, aber das Rauschen der Wogen schien auch aus dem Inneren und von unten zu kommen. Hin und wieder wallte ein Grollen wie ferner Donner aus einer Stelle hervor, die er nicht genau bestimmen konnte. Vielleicht war Chalks Geschwafel doch nicht so schlimm gewesen. Clyster war nicht abergläubisch, aber er konnte es nicht ausstehen, wegen etwas so Gestaltlosem wie diesem Nebel den Horizont nicht sehen zu können.

      Auf dem Weg in Richtung des im Dunst verlorenen Achterdecks trat er vorsichtig um die Löcher im Deck und betrat das Innere des Schiffs. Langsam vorrückend kontrollierte er eine Kabine nach der anderen. Er wusste, dass sonst niemand hier war, aber er musste sichergehen.

      Während er um eingestürzte Deckenelemente und unter baumelnden Kabeln und Rohren hindurchtrat, drang er auf wackligen Treppen, denen Stufen fehlten, immer tiefer in das Wrack vor, bis er zu einem riesigen Raum kam, der ein Laderaum sein musste. Er war nicht überrascht, dass er überflutet war. Er war jedoch erstaunt, wie aufgewühlt die Wasseroberfläche war. Dann sah er die Wellen, die durch einen Niedergang im bugwärtigen Schott hereinbrachen. Er wollte schon weitergehen, als er dachte, eine Stimme zu hören. Eine Frauenstimme in ernstem Ton. Die Geräusche des Wassers zerstreuten die Stimme genug, dass er für ein paar Sekunden seinen Ohren nicht traute. Es war vermutlich ein komischer akustischer Effekt von Wind und Wasser, die durch die Korridore, Luken und unzähligen Risse und Spalten fegten.

      Clyster steckte seinen Kopf durch das Bugschott des Laderaums, gleich unterhalb des Hauptdecks. Noch ein Laderaum. Mehrere Dinge überraschten ihn auf einmal. Der nächste Laderaum hatte gewaltige Risse auf beiden Seiten, durch die die Wellen der Chesapeake ungehindert von Backbord nach Steuerbord rollten. Ein Teil der Wellenenergie übertrug sich durch die tiefer gelegene Öffnung des Schotts, hinter dem er stand. Deswegen war die Wasseroberfläche im ersten Laderaum so unruhig, obwohl es keinen direkten Kontakt zur Bucht gab.

      Nun gab es in diesem Laderaum aber ein Hindernis. Ein Boot. Ein weißes, hölzernes Boot, viereinhalb Meter lang, mit einem kleinen Außenbordmotor am Heck. Vielleicht war es das Boot, das dem alten Mann gestohlen worden war. Wer auch immer es hergefahren hatte, musste es durch den Backbordriss hereingebracht und fein säuberlich an der Leiter festgebunden haben.

      Dann entdeckte Clyster die Frauen. Nicht nur die eine, die er gehört hatte. Sie war blond, trug weite, bequeme Jeans, ein Flanellhemd plus Jacke. Ihre sexy Figur war trotz der Kleidung immer noch erkennbar. Er wusste, dass er ihre Stimme gehört hatte, weil sie immer noch redete. Und sie sprach mit der Ausreißerin!

      Clyster duckte sich. Die Frauen befanden sich auf einem Laufgang auf seiner Höhe und kamen auf ihn zu. Die Blonde tönte groß herum, dass sie helfen würde, die Schwester der Ausreißerin zurückzuholen und dass alles bald gut sei. Clyster musste fast schon lachen. Stillschweigend schweifte er gedanklich in die Ferne und malte sich aus, wie er die dürre Schlampe zur Basis zurückbringen würde, die Sanders und Tahereh getötet hatte und sie alle wie Armleuchter hatte aussehen lassen, als sie auf der Suche nach ihr die Operation gefährdet hatten. Chalk wäre auf ewig in Clysters Schuld, wenn er die Chance auf Vergeltung all dieser Missetaten in greifbare Nähe rückte. Und die blonde Frau als Bonus würde ihm auch gut gefallen.

      Clyster stützte sich ab, schlang sein leichtes Maschinengewehr auf seinen Rücken und zog einen TASER X2 aus dessen Holster. In diesem wundervollen Moment fühlte er sich vollkommen bestätigt, dass Chalk seinen Vorschlag befolgt hatte, ein paar von diesen Dingern anzuschaffen, da die Ware bei dieser Operation meist zu zweit zusammengepfercht war. Dies war die Art von nicht tödlicher Gewalt, die das Team brauchte, weil es keine Spuren hinterließ. Nach nur einmaliger Benutzung muckte kein Unruhestifter mehr auf. Das Beste daran war, dass der X2 ein zweites Paar mit Drähten verbundener Projektile abfeuern konnte, falls das erste Paar den Zweck noch nicht erfüllte. Es war die einzige anständige Zwei-Schuss-Zappelknarre auf dem Markt und das Schöne daran war, dass sie auch mit zwei einzelnen Opfern funktionierte, wie diesen dreisten Bräuten.

      Einen Moment, bevor er dachte, dass er die beiden auf dem Laufgang erledigen müsste, hörte er ihre Schritte auf der Leiter, die nach unten zum Boot führte. Sie wollten das Schiff mit dem kleinen Skiff verlassen. Nein. Nicht, wenn es nach ihm ging.

      Er wartete, bis er die Schritte im Boot hörte, dann schlug er zu. Der Laderaum reflektierte die Wellengeräusche so stark, dass Clyster schon den Großteil der Leiter heruntergerutscht war, bevor die Frauen ihn bemerkten. Die beiden bekamen ganz schnell große Augen. Er aktivierte den Warnlichtbogen. Blaue Elektrizität züngelte zwischen den beiden Elektroden am vorderen Ende der klobigen Waffe. Das veranlasste die Frauen dazu, zum Bug des Boots zu hechteten, aber er bemerkte, wie die Blonde nach einem Knöchelholster griff. Die Ausreißerin zog eine Pistole aus ihrer Jackentasche.

      Clyster betätigte einmal den Abzug des Tasers. Die Ausreißerin ging wie ein Epileptiker zappelnd zu Boden und schrie kurz auf, bis ihr Kopf auf das Schandeck prallte und sie verstummte. Er visiert neu an und drückte wieder ab. Die Blonde ging zitternd mit einem tiefen Stöhnen nieder. So einfach war das. Wunderschön. Er war ein Held.

      Er machte einen Schritt in Richtung Bug, um seine Beute zu inspizieren, als sein rechtes Bein unter ihm nachgab. Plötzlich war überall Blut und Clyster stürzte aus dem Skiff in das tiefe, schwarze Wasser des Laderaums.

      

       Kapitel 18

       Die frische Luft der Chesapeake Bay schien Ellis genauso gutzutun wie Ben. Sie jagten im Schlauchboot zurück zur American Mariner und blieben aus alter Gewohnheit die meiste Zeit still. Miss Dotsy bei Ellis' Haus zu lassen, war schwierig für Ben gewesen, der sentimentale Gefühle für das wunderschöne kleine Deadrise hegte, aber ihre Abwesenheit von Ellis' Steg konnte bei den wachsamen Nachbarn Gerüchte entstehen lassen.

      Ellis hatte seinen Platz am Heck eingenommen und kümmerte sich um den Motor. Ben trimmte das Boot mit seinem Gewicht am Bug, da er dachte, dass er die heftigen Schläge am Bug besser verkraften konnte als sein angeschlagener Freund.

      »Du hättest schon vor einer ganzen Weile heimkommen sollen. Dann wär das alles kein Problem«, sagte Knocker Ellis.

      Obwohl Ben dieser Logik zustimmte, erwiderte er: »Du weißt, ich kann nicht.«

      Schnaubend feuerte Ellis zurück: »Davon weiß ich nichts. Vergiss mal das Thema deiner gequälten Seele. Sieh's doch mal von der praktischen Seite. Der Goldpreis ist seit dem letzten Herbst gefallen. Du könntest daheim mit den Füßen unterm Tisch sitzen und warten, bis der Preis wieder raufgeht.«

      »Paps hat uns keinen Gefallen damit getan, das Zeug nach Smith zu bringen«, sagte Ben. »Hat 'ne Menge Ärger mit sich gebracht. Freunde sind für dieses Gold gestorben. Du auch fast. Und LuAnna.«