Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis. Walter G. Pfaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Walter G. Pfaus
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783956179822
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das war nun einmal geschehen - aus welchen Motiven auch immer. Jetzt ging es darum, das Schlimmste zu verhüten.

      Als wir am Ort des Geschehens eintrafen, war dort bereits die Hölle los. Die letzten hundert Meter bis zum Gebäude der AUSERWÄHLTEN, mussten wir zu Fuß zurücklegen. Überall standen Einsatzwagen herum. Die kleine Seitenstraße, in der das Zentrum lag, war ohnehin von parkenden Fahrzeugen ziemlich blockiert.

      Mit kugelsicheren Westen und Maschinenpistolen ausgerüstete G-men waren überall in Stellung gegangen. Die Seitenstraße war komplett abgeriegelt.

      Beamte der City Police sorgten dafür, dass der Verkehr umgeleitet wurde. Nachdem wir einigen NYPD-Beamten unsere Ausweise gezeigt hatten, woraufhin wir passieren konnten, trafen wir unseren Kollegen Fred LaRocca.

      Fred war mit einem Funkgerät in der Hand damit beschäftigt, den Einsatz zu koordinieren.

      "Hallo, Jesse", begrüßte er mich. "Ich hoffe, dass der ganze Zirkus hier nicht umsonst ist."

      "Und wenn schon", meinte ich. "Wir müssen alles versuchen. Sind die Seuchenspezialisten da?"

      "Ja."

      "Ich hoffe, dass wir sie nicht brauchen."

      "Du glaubst wirklich, dass der CX-Behälter dort drin ist?"

      "Ich kann es nicht ausschließen. Und wenn es der Fall sein sollte, dann wissen wir nicht, ob es unter diesen AUSERWÄHLTEN vielleicht zu einer Art Panikreaktion kommt..."

      Ich zog die P226 unter meiner Jacke hervor und überprüfte die Ladung.

      Unsere Kollegen Medina und Caravaggio trafen ein. Sie begrüßten uns knapp. Auch sie trugen Schutzwesten.

      "Wie sieht es aus?", fragte Milo mit Blick auf den Eingang des mehrstöckigen Hauses, das den AUSERWÄHLTEN DER APOKALYPSE als Gemeindezentrum diente. "Wisst ihr, ob sich jemand im Gebäude befindet?"

      "Zumindest sind die Überwachungskameras intakt", meinte Fred.

      Und dann gab Fred LaRocca das Signal, das den Einsatz einleitete.

      G-men näherten sich von allen Seiten dem Gebäude.

      Milo und ich waren unter den ersten, die den Eingang erreichten.

      "Die Tür ist verriegelt", stellte Milo fest.

      Ich versuchte, die Gegensprechanlage zu betätigen, während gleichzeitig per Megafon eine Aufforderung erging, die Türen zu öffnen.

      Mit einer kleinen Sprengladung wurde dann das Schloss aufgesprengt. Milo stürmte mit der Waffe im Anschlag hinein, ich folgte ihm mit einem guten Dutzend G-men.

      Alle Eingänge zu den Aufzügen und zum Treppenhaus wurden besetzt.

      So schnell es ging, stürmten wir die langen, kahlen Flure entlang. Neonröhren brannten hier. Manche Teile des Hauses hatten keinerlei Zugang zu natürlichem Licht. Der erste Raum, dessen Tür ich mit einem Fußtritt zur Seite fliegen ließ war vollkommen kahl. Kein Möbelstück, kein Wandbehang. Lediglich ein aschgrauer Teppichboden, der unsere Schritte etwas dämpfte.

      Der nächste Raum sah nicht anders aus.

      "Es sieht aus, als wäre hier niemand mehr", stellte ich fest. "Wir sind zu spät gekommen."

      "Aber, du hast doch gestern noch telefoniert."

      "Wer weiß, wohin dieser Anruf weitergeschaltet wurde. Vielleicht habe ich mit einem Handybesitzer in L.A. gesprochen - wer will das wissen?"

      Gemeinsam mit unseren Kollegen nahmen wir jeden Winkel dieses Gebäudes unter die Lupe. Ein Heer von Spurensicherern würde sich anschließend noch darüber hermachen und versuchen, auch aus noch so kleinen Rückständen irgendwelche Schlüsse zu ziehen.

      "Sie müssen gewusst haben, dass wir in Kürze hier auftauchen werden", meinte Milo und ballte dabei die Fäuste.

      "Klar, sie haben damit gerechnet. Fragt sich nur, wieso..."

      "Wegen der Kreuze an den Körpern von Smith und..."

      "Sally!" Ich nickte leicht. "Ich habe mich gestern Abend in Montego's Bar mit ihr getroffen."

      "Ach, das erzählst du mir erst jetzt, Jesse?"

      "Ich hielt es für nicht so wesentlich."

      "Und was wollte sie?"

      "Etwas Trost - dachte ich."

      "Aber in Wahrheit hat sie versucht, dich auszuhorchen."

      Ich nickte. "Ja."

      "Ihr Verschwinden ist keine Entführung gewesen", meinte Milo. "Sondern eine Flucht..."

      "Fragt sich nur, wohin."

      "Jedenfalls werden wir hier wohl kaum noch etwas finden. Die Gemeinde der AUSERWÄHLTEN DER APOKALYPSE scheint auf Tauchstation gegangen zu sein. Ein beunruhigendes Zeichen, wenn du mich fragst." Milo sah mich an. Auf seiner Stirn erschienen ein paar Falten. Wir standen in einem dieser neonbeleuchteten Flure und plötzlich fragte er in die Stille hinein: "Worüber denkst du nach Jesse?"

      "Ich frage mich, wie der Tod von George Hiram in all das hineinpasst."

      "Smith und Sally hatten dieses Zeichen auf dem Rücken. Sie gehörten auf jeden Fall zu den AUSERWÄHLTEN."

      "Bei George Hiram war nichts auf dem Rücken!"

      "Vielleicht haben sie ihn ganz gezielt benutzt..."

      "Hiram war doch kein Dummkopf! Er wusste doch am besten, was passieren würde, wenn Fanatiker den veränderten Yersinia Pestis-Bakterien in die Hände bekommen."

      "Trotzdem liegt der Schluss nahe, dass die Einbrecher über ihn die Informationen bekamen, die sie benötigten, um den CX-Behälter an sich zu bringen."

      "Wir haben immer noch keine vernünftige Erklärung dafür, weshalb Hiram nicht mehr den Laborbereich betreten durfte", stellte ich fest. Vielleicht lag da der Schlüssel.

      Über das Walkie-Talkie meldete sich Clive Caravaggio.

      "Heh, Jesse! Wir haben hier was."

      "Wo bist du?", fragte ich.

      "Am Eingang zu einem Atomschutzbunker! Mein Gott, es muss ein Vermögen gekostet haben, so ein Ding hier, mitten in Manhattan, in die Erde zu setzen!"

      Ein paar Minuten später trafen wir Orry und Caravaggio vor einem kreisrunden Loch im Boden, das mit einer Metallplatte verdeckt werden konnte. Das Ganze hatte Ähnlichkeit mit einem Gulli. Metallsprossen ragten im Inneren des röhrenförmige Lochs aus dem Beton heraus. An ihnen konnte man hinabsteigen. Es war nicht viel Platz dort unten.

      Einer unserer Spezialisten hatte sich unten in das Loch gequetscht und versuchte nun, die Verriegelung zu öffnen.

      "Diese Schutzräume wurden im kalten Krieg steuerlich gefördert", meinte Orry.

      "Aber das hier sieht mir nicht aus, als würde es noch aus den Fünfzigern oder Sechzigern stammen", dröhnte der Mann aus dem Loch heraus. "Das ist modernste Technik!"

      Mit einem ächzenden Geräusch ging die Tür auf.

      Clive bewegte den Kopf seitwärts.

      "Das sollten wir uns mal ansehen."

      Einer nach dem anderen Stiegen wir hinunter. Hinter der Tür lag ein röhrenartiger Gang, dann folgte erneut eine Tür. An den Wänden waren Schilder mit detaillierten Anweisungen.

      "Sieht aus wie eine Schleuse", stellte Orry fest.

      Wir passierten die nächste Tür. Neonröhren gingen selbsttätig an, sobald wir eintraten. Es waren kahle, schmucklose Flure, an denen zweckmäßig eingerichtete Räume lagen, die kaum mehr als das nötigste Mobiliar enthielten.

      Aber leider nicht den geringsten Hinweis darauf, wo sich die Bewohner dieses Hauses jetzt befinden mochten...