Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis. Walter G. Pfaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Walter G. Pfaus
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783956179822
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gibt einige Geheimdienste, die das in der Vergangenheit praktizierten. Etwa der Staatssicherheitsdienst der DDR, der nachweislich Tollwut-Erreger als Mordwaffe verwendete."

      Milo atmete tief durch. "Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, an die ich gar nicht zu denken wage: Irgendein Wahnsinniger infiziert mehr oder minder wahllos Menschen, um eine Epidemie auszulösen."

      "Wer käme dafür in Frage?"

      "Terroristen, Fanatiker aller Schattierungen, Psychopathen, die auf sich aufmerksam machen wollen... Oder Erpresser! Sag mal, hörst du mir eigentlich zu, Alter?"

      Ich war in Gedanken.

      "Weißt du, mich beschäftigen diese drei Kreuze zwischen den Schulterblättern. Smith, Sally Hiram und jetzt dieser Pest-Tote... Sie alle hatten dieses seltsame Symbol auf dem Rücken."

      "Vielleicht sind wir schlauer, wenn wir uns Jacksons Wohnung unter die Lupe nehmen."

      Wir erreichten die Cayard-Street. Die Nummer 26 war ein mehrstöckiger Klotz mit kleinen bis mittelgroßen Wohneinheiten. Hier lebten Leute, die vorwiegend in Manhattan arbeiteten, denen das Leben dort aber zu teuer geworden war.

      Aaron Jackson wohnte in der dritten Etage.

      Eine Frau Mitte dreißig öffnete uns die Tür. Sie hatte dunkelbraunes Haar mit leichtem Rotstich. Es war zu einem sehr streng wirkenden Knoten zusammengefasst. Das Kostüm, das sie trug, wirkte konservativ.

      "Mein Name ist Jesse Trevellian, ich bin Special Agent des FBI", stellte ich mich vor. "Dies ist die Wohnung von Aaron Jackson?"

      "Ja, aber... Was wollen Sie von meinem Mann? Er ist nicht hier."

      "Sie sind Mrs. Jackson?"

      "So ist es. Vielleicht erklären Sie mir mal, was das alles soll."

      "Können wir einen Moment hereinkommen?", fragte ich. "Ich möchte das ungern auf dem Flur besprechen."

      Sie sah zweifelnd von einem zum anderen.

      "Bitte", sagte Milo. "Es muss sein."

      Sie wurde bleich. Dann nickte sie. Sie führte uns in ein einfach eingerichtetes Wohnzimmer. "Bitte, nehmen Sie Platz", sagte sie. "Darf ich Ihnen etwas anbieten?"

      "Nein, danke."

      "Was ist mit meinem Mann?"

      "Wann haben Sie in zuletzt gesehen?"

      Sie seufzte. "Das müsste beinahe vier Wochen her sein."

      "Vier Wochen?"

      "Ja."

      "Wo war er in dieser Zeit?"

      "Mein Gott, das weiß ich doch nicht. Ich dachte, Sie könnten mir darüber etwas sagen..." Sie schwieg einen Moment.

      Dann sah sie mich sehr ernst an. "Was ist mir Aaron?"

      Es gibt Dinge, an die ich mich in meinem Job einfach nicht gewöhnen kann. Dazu gehört das Überbringen schlechter Nachrichten. Ab und zu lässt sich das leider nicht umgehen.

      "Ihr Mann ist tot", sagte ich. "Er wurde heute Morgen vor dem St. James Hospital gefunden, wo man versucht hat, ihm zu helfen. Er starb an einer sehr ansteckenden Krankheit. Bleiben Sie bei Ihrer Aussage, dass Sie ihn in den letzten vier Wochen nicht getroffen haben?"

      "Ja", flüsterte Mrs. Jackson und schluckte.

      "Es tut mir leid", sagte ich. "Für Ihren Mann kam jede Hilfe zu spät. Aber möglicherweise können viele weitere Menschenleben gerettet werden, wenn Sie uns helfen. Auch, wenn es Ihnen im Moment schwer fallen mag..."

      Mrs. Jackson strich sich mit einer nervösen Handbewegung ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Dann biss sie sich auf die Unterlippe. Tränen glitzerten in ihren Augen.

      "Was war das für eine Krankheit und... Ich begreife überhaupt nichts."

      "Da geht es Ihnen leider so wie uns", erklärte ich. Dabei beugte ich mich etwas vor. Ich legte meine Hand auf die ihre, die eiskalt war. "Ihr Mann hatte eine Tätowierung auf dem Rücken..."

      Mrs. Jackson blickte auf.

      "Ja, das stimmt."

      "Was bedeuten diese drei Kreuze?"

      "Hat das irgendetwas mit seinem Tod zu tun?"

      "Mrs. Jackson, das weiß ich nicht. Bitte beantworten Sie einfach meine Frage."

      Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Es ist das Zeichen des Propheten", sagte sie dann.

      "Welches Propheten?", hakte ich nach.

      "Ich weiß nicht viel darüber. Aber, als ich meinen Mann kennenlernte, hatte er eine gute Stellung in der Grand National Bank. Er war Leiter der Kreditabteilung in seiner Filiale. Aber dann ist er nach und nach unter den Einfluss dieser Leute geraten..."

      "Welcher Leute?"

      "Einer Art Kirche oder Sekte. Erst habe ich das nicht so ernst genommen. Ich bin sogar zu Veranstaltungen hingegangen, die diese Gruppe organisierte. Ein Mann mit langen weißen Haaren predigte vom jüngsten Gericht und gegen die Sünde. Wissen Sie, ich komme aus dem mittleren Westen. Das klang für mich alles sehr bekannt. Solche Wanderprediger gibt es da wie Sand am Meer. Ich bin gläubig, aber das was diese Prediger von sich geben, war immer schon zu engstirnig... Aber Aaron hat es sehr angesprochen. Ich habe das gar nicht so richtig mitgekriegt. Wir entfremdeten uns. Er war kaum noch zu Hause. Dann hat er plötzlich seinen Job aufgegeben, um hauptberuflich für diese Gruppe tätig zu sein. Ich will ehrlich sein: Wir standen kurz vor der Scheidung. Er lehnte das zwar prinzipiell ab, aber ich hätte das nicht mehr lange mitgemacht. Wochenlang war er auf sogenannten Seminaren, für die er unsere ganzen Ersparnisse ausgab."

      "Wie heißt diese Gruppe?", fragte ich. "Die Anhänger dieses Propheten..."

      "Sie nennen sich DIE AUSERWÄHLTEN DER APOKALYPSE oder so ähnlich." Sie erhob sich und ging zu dem Bücherregal, auf dem sich kaum mehr als ein Dutzend Bände befanden. Mit zielsicherem Griff nahm Mrs. Jackson einen davon heraus. Ich sah sofort das Zeichen auf dem Ledereinband. Drei Kreuze, genau so angeordnet, wie ich es auf dem Rücken von Sally Hiram gesehen hatte. Mrs. Jackson reichte mir das Buch.

      "Lesen Sie sich das durch, wenn Sie sich gruseln wollen... Im Wesentlichen geht um das Ende der Welt, um die Bestrafung der Sünder und darum, dass die Erde vom Satan beherrscht wird."

      "Ich würde das gerne mitnehmen", erklärte ich.

      "Tun Sie das."

      33

      Das Gesicht des Weißhaarigen war angespannt.