Das Royal Hospital Kilmainham wurde 1680-87 nach dem Vorbild des Londoner Chelsea Hospital oder der Pariser Les Invalides als Alten- und Invalidenheim für Soldaten gebaut. Der Grundriss von Dublins erstem klassizistischen Gebäude ist so einfach wie genial: ein Rechteck mit zum Innenhof offenen Kolonnaden. Seinerzeit gab es einen Sturm der Entrüstung, dass ein so prächtiges Gebäude ausgemusterten Kriegern zur Verfügung stünde. 300 Jahre später war die Umwidmung zu einem Kunstmuseum nicht weniger umstritten. Doch längst ist das IMMA zu einem Schaufenster irischer Gegenwartskunst für die Welt und zugleich internationaler Kunst für die Iren geworden. Außer einer kleinen Dauerausstellung zeigt das Museum in der Hauptsache mehrere Monate dauernde Wechselausstellungen, auch Konzerte und Diskussionen gehören zum Programm.
♦ Di-Fr 11.30-17.30, Sa 10-17.30, So 12-17.30 Uhr. Einlass bis 15 Min. vor Schließung; Eintritt frei. Mit Kunstbuchhandlung und Cafeteria. Bus Nr. 79 A ab Aston Quay, 123 via O’Connell St, Luas Red Line Station James’s. Military Rd, Nähe Heuston Station. www.imma.ie.
Kilmainham Gaol
Ein Schlangenrelief über dem alten Eingang lässt uns an die Höllenbrut denken. Das frühere Staatsgefängnis wurde 1795 gerade rechtzeitig fertig, um die von den Briten gefangenen United Irishmen aufzunehmen. Andere „Aufrührer“ wie die Fenians, die Agitatoren der Land League, zuletzt die Aufständischen von 1916 folgten; es gibt kaum einen irischen Nationalhelden, der nicht für einige Zeit in Kilmainham gesessen hätte. Letzter Häftling war der spätere Präsident Eamon de Valera, und schon daraus erklärt sich, dass das Gefängnis heute eine nationale Gedenkstätte ist. Weniger bekannt ist, dass zuletzt nicht mehr die Briten, sondern die irischen Bürgerkriegsparteien hier ihre Gefangenen einkerkerten und erschossen. Doch nicht nur „Politische“, auch gewöhnliche Kriminelle waren hier eingesperrt und warteten in winzigen Zellen auf ihre Deportation oder gar Hinrichtung.
Die Tour beginnt im Courthouse. Bis 2008 wurde hier Recht gesprochen, und wer einmal in einem deutschen Gerichtssaal war, dem wird als Unterschied auffallen, dass der Richter in Kilmainham quasi gottgleich über dem Bösewicht thronte. Vom Gericht geht es gleich weiter ins Gefängnis. Höhepunkte der Führung sind hier die Kapelle, in der Joseph Plunkett, einer der Anführer des Osteraufstands, am 4. Mai 1916 morgens um 1.30 Uhr mit Grace Gifford getraut wurde -, und der Exekutionshof, wo man ihn zwei Stunden später erschoss. Ein angeschlossenes Museum erklärt die Geschichte des Knasts und des viktorianischen Strafvollzugs.
♦ Sept.-Mai tägl. 9.30-17.30 Uhr, Juni-Aug. bis 19 Uhr; Einlass bis 75 Min. vor Schließung. Online-Reservierung erforderlich. Eintritt mit Führung 8 €. Bus Nr. 79 ab Aston Quay; Nr. 69 ab Hawkins St. Inchicore Rd, www.kilmainhamgaolmuseum.ie.
Kilmainham Gaol: eine Kathedrale des Strafvollzugs
North Side
Seit bald 750 Jahren überspannen Brücken die Liffey, die die Dubliner naserümpfend „Sniffey“ nennen, doch der Fluss trennt heute mehr denn je. Er ist die Barriere zwischen Arm und Reich, elegant und vulgär, zwischen Hochkultur und billigem Videoentertainment, Sanierung und Verfall.
Vor allem in den Köpfen der Menschen von der South und der North Side existiert diese Barriere, die sie den jeweils anderen Stadtteil ignorieren lässt. Für die kleinen Leute ist, auch wenn sie in den Vorstädten wohnen, die nördliche Innenstadt das bevorzugte Ziel für größere Einkäufe und die Abendunterhaltung. Die aufstrebende Mittelklasse aus den südlichen Vororten jedoch fürchtet die heruntergekommene North Side, in der zwei Drittel aller Verbrechen der Stadt begangen werden, wie der Teufel das Weihwasser und weiß damit nicht anders umzugehen, als sie zur schier unerschöpflichen Quelle von Witzen zu machen.
Ihre beste Zeit hatte die North Side im 18. Jh. Die ersten georgianischen Prachtbauten entstanden am Parnell und Mountjoy Square, in der Gardiner und O’Connell (damals: Drogheda) Street. Doch bald eroberte sich das Volk die Viertel, und der Herzog von Leinster setzte 1745 ein für die Stadtentwicklung schicksalhaftes Signal, indem er seinen neuen Palast auf dem Südufer baute. „Es war ungefähr so wie bei einer Fuchsjagd, wo aber zur Abwechslung mal der Adel der Gejagte war und ständig versuchte, sicheren Abstand zwischen sich und der benachteiligten Mehrheit zu halten“, charakterisierte der Dubliner Schriftsteller Brendan Behan einmal die Stadtentwicklung der letzten drei Jahrhunderte. Lange blieb die North Side weitgehend sich selbst überlassen, erst in jüngster Zeit hat sie mit einer Fußgängerzone um die O’Connell Street wieder etwas Attraktivität gewonnen. Auch das neue Konferenzzentrum soll in diesem Teil der Stadt entstehen.
Custom House
James Gandon war nach Richard Cassels der zweite Stararchitekt Dublins und prägte mit seinen klassizistischen Monumentalbauten maßgeblich das Gesicht der Stadt am Ufer der Liffey. Custom House (1781-91) war sozusagen sein Gesellenstück, dem später noch die Four Courts und die King’s Inns folgten. Im Schatten der Eisenbahnbrücke und des Internationalen Finanzzentrums kommt das Zollhaus, ungeachtet seiner stolzen Länge von 114 m und der mächtigen Kuppel, heute nicht mehr recht zur Geltung. Der beste Blick bietet sich von der anderen Flussseite aus.
O’Connell Street
Die nach dem Freiheitshelden Daniel O’Connell benannte Straße als breitesten Boulevard Europas zu bezeichnen, wie es manche Dubliner und besonders die Fremdenführer tun, ist eine kühne Übertreibung und der Versuch, einmal auch die North Side mit einem Superlativ zu schmücken - belassen wir es bei der mit 45 m breitesten Straße Irlands.
Von der Flussseite her blickt der „Liberator“ als Bronzestatue über seine Straße, am oberen Ende grüßt Charles Stewart Parnell - mehr zu seiner Person im Geschichtskapitel. In der Mitte, etwa auf Höhe der Post, stand der britische Seeheld Lord Nelson, bis ihn die IRA 1966 sprengte. Seinen Platz nimmt nun die Millenium Spire ein, ein 120 Meter hoher und 4 Millionen Euro teurer Leuchtturm aus Edelstahl - als wäre Dublin nicht hell genug oder gar zu übersehen, oder als bedürften die zahlreichen Heroinsüchtigen eines Denkmals in Form einer Nadel. An der Ecke zur Earl Street stehen James Joyce und vor dem Gresham-Hotel Theobald Matthew (1846-91), der Begründer der irischen Abstinenzlerbewegung und angesichts der irischen Neigung zu Bier und Whiskey ein Don Quichotte der Grünen Insel.
Daniel O’Connell hoch über den Passanten
General Post Office
Das General Post Office war Schauplatz des Osterputsches von 1916. Von der Eingangstreppe verlas Patrick Pearse am Ostermontag die Unabhängigkeitserklärung. Im Fenster der Schalterhalle ehrt eine Bronzestatue des mythischen Helden Cuchulainn die Aufständischen. So schön kann das Sterben sein! (Wenigstens in der Kunst). An den Säulen der Hauptfassade konnte man bis zur jüngsten Instandsetzung noch die Einschlagsmarken der Geschosse ausmachen, und was die britische Armee 1916 nicht schaffte, erledigten sechs Jahre später die Bürgerkriegsparteien. Erst 1929 wurde die Post wieder eröffnet und bildet seitdem die bevorzugte Kulisse für nationale Paraden und Demonstrationen. Zum hundertjährigen Jubiläum des für die irische Nation