Moore Street und Chinatown
Die Moore Street, ein Block westlich der O’Connell St, ist Standort des beliebtesten Marktes der Stadt. Die alte Markthalle wurde allerdings durch ein modernes Shopping Centre ersetzt und die andere Straßenseite ist eine einzige Baustelle, sodass der Ort, ungeachtet des nach wie vor pittoresken Straßenmarktes vor dem Einkaufszentrum, etwas an Charme verloren hat. Zwei Blocks weiter hat sich im Ostteil der Parnell Street Dublins Chinatown entwickelt. Ursprünglich war die O’Connell Street nach Henry Moore, Earl of Drogheda, benannt; nach der Umbenennung zugunsten des Freiheitshelden sind dem Earl immerhin noch Henry Street, Moore Street, Earl Street, und, kein Scherz, sogar eine Off Lane verblieben.
St Mary’s Pro-Cathedral
Die katholische Kathedrale (1816-25) an der Ecke Cathedral und Marlborough St firmiert noch immer als provisional, „vorübergehende“ Bischofskirche. Dublins Katholiken fordern die Rückgabe der protestantischen Christ Church. Sie haben nie vergessen, dass ihr eigenes Gotteshaus damals auf englischen Druck eine Zeile hinter der prominenten O’Connells Street in einer so schmalen Straße errichtet werden musste, die die Fassade mit ihren dorischen Säulen überhaupt nicht zur Geltung kommen lässt. Die Pläne stammten von einem französischen Architekten, der auch die Pariser Kirche St Philippe du Roule erschuf. Zu allem Überfluss war die Gegend um die Marlborough Street, bei Joyce heißt sie „Nighttown“, um 1900 das Rotlichtviertel Dublins. Gegenüber der Kathedrale steht mit dem Tyrone House ein schönes Stadthaus von Richard Cassels.
James Joyce Centre
Das Haus war einst die Tanzschule des Denis Maginni, der uns im Ulysses als „professor of dancing“ begegnet. Als neuer Tempel der Joycianer zeigt es unter prächtigen Stuckdecken Dokumente und Fotos aus dem Leben des Meisters, dazu gibt’s Lesungen oder Rundgänge auf den Spuren Leopold Blooms. Bei flackerndem Kaminfeuer sieht man ein Video zum Leben des Meisters, der seiner Heimat früh den Rücken kehrte und vorwiegend in der Emigration über Dublin schrieb. Dem Centre angeschlossen sind eine einschlägige Bibliothek und Buchhandlung.
♦ Mo-Sa 10-17, So 12-17 Uhr (Okt.-März Mo geschl.). Einlass bis 30 Min. vor Schließung. Eintritt 5 €. 35 North Great George St, www.jamesjoyce.ie.
Parnell Square
„Niemand hat das Recht, den Weg einer Nation aufzuhalten“, wird Parnell in der Sockelinschrift seines Denkmals am oberen Ende der O’Connell Street zitiert. Ein Zusammenhang mit der Frauenklinik Rotunda (1757), auf die das Standbild weist, war sicher nicht beabsichtigt, doch lässt sich der sinnige Spruch auch als päpstliche Mahnung an Mütter und Ärzte interpretieren. Die Rotunda war die erste Geburtsklinik der Britischen Inseln. Der Ersparnis halber verwendete Richard Cassels teilweise erneut die Pläne des Leinster House, die Ähnlichkeit ist also kein Zufall. Mit Lotterien, Bällen und Konzerten in den Assembly Rooms hinter dem Spital, wo heute das Gate Theatre spielt, sammelte Dr. Bartholomew Mosse seinerzeit das Geld für die Klinik. Der Garden of Remembrance, in dem heute des Osteraufstands gedacht wird, ist alles, was von Mosses üppigen Grünanlagen übrig blieb. Die Rotunda im engeren Sinn, die runde Haupthalle, ist heute das Ambassador-Theater, doch die anderen Gebäude sind noch immer ein Krankenhaus.
City Gallery The Hugh Lane
Zusammen mit den Nachbarhäusern zeigt die Fassade der städtische Kunstgalerie schön den bruchlosen Übergang von der klassizistischen Landhaus- zur vierstöckigen Backsteinarchitektur des georgianischen Dublin. Die mit sehenswerten Werken französischer Impressionisten und irischer Malerei bestückte Ausstellung geht auf eine Stiftung des Kunstsammlers Hugh Lane zurück, der 1915 beim Untergang der Lusitania starb. Lane vermachte seine Schätze „der Nation“, was nach der irischen Unabhängigkeit eine zweideutige Festlegung war. Welcher Nation? Der britischen oder der irischen? 1959 wurde die Sammlung geteilt, eine Hälfte ist in der Londoner Tate-Galerie ausgestellt. Eine besondere Attraktion der Galerie ist das nachgebaute Atelier (oder soll man besser sagen: das rekonstruierte Chaos) des in Dublin geborenen Malers Francis Bacon (1909-1992). In einem einleitenden Interview beschreibt der Künstler seine Arbeitstechnik, per Bildschirm kann man in einer Datenbank mit den vielen tausend im Atelier gefundenen Objekten wühlen.
♦ Di-Do 10-18, Fr/Sa 10-17, So 11-17 Uhr; Eintritt frei. 22 North Parnell Sq, www.hughlane.ie.
Dublin Writers Museum
Mit gleich vier Nobelpreisträgern - George Bernard Shaw, William Butler Yeats, Samuel Beckett, Seamus Heaney - und weiteren literarischen Größen wie Jonathan Swift, Oscar Wilde, Sean O’Casey, Brendan Behan und last not least James Joyce ist Dublin Europas heimliche Literaturhauptstadt. Das 1991 eröffnete Museum unterstreicht diesen Anspruch mit Memorabilia wie beispielsweise Behans Schreibmaschine, Manuskripten und Erstausgaben. Die Einrichtung des Obergeschosses gibt zugleich einen guten Eindruck von dem an der Antike orientierten Zeitgeschmack der irischen Aristokratie des 18. Jh. Etwas kurz kommen allerdings die modernen Autoren - das Museum vermittelt den falschen Eindruck, als sei das literarische Schaffen mit dem Zweiten Weltkrieg abrupt abgebrochen. Dass dem nicht so ist, würde man nebenan in dem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Irish Writers’ Centre erfahren, das mit Arbeitsräumen, Seminaren und Lesungen ein Treffpunkt der noch lebenden Schriftsteller ist.
♦ Mo-Sa 10-17, So 11-17 Uhr. Einlass bis 16.15 Uhr. Eintritt 7,50 €. 18 North Parnell Sq. www.writersmuseum.com.
14 Henrietta Street
Die lange vernachlässigte Henrietta Street gilt als eines der schönsten georgianischen Ensembles der Stadt. Nr. 9 und 10 wurden von Edward Pearce gebaut. Als die nach Gardiners Tochter Henrietta benannte Straße in die Jahre kam, wurden die Bewohner zahlreicher und weniger vornehm. Miethaie übernahmen die Häuser, teilten die großen Räume mit Zwischenwänden weiter auf und vermieteten die entstandenen Verschläge an arme Familien. So pferchte der Bauunternehmer und Stadtrat Joseph Meade allein in das Haus Nr. 7 etwa 70 Menschen.
Haus Nr. 14 wurde zu einem Museum renoviert, das die Geschichte der Straße und das Schicksal der meisten georgianischen Häuserzeilen in Dublin nacherleben lässt: Errichtet als repräsentative Stadtwohnungen für die politische und wirtschaftliche Elite, verkamen sie später zu Mietskasernen für arme Leute. So beginnt die Führung durch das 1749 erbaute Haus in der Belle Etage mit dem Salon von Lord Viscount Molesworth und seiner Familie. Er ist unmöbliert, nur ein maßstabgetreues Modell des Hauses und die in den Putz eingebetteten Musikinstrumente deuten auf die frühere Pracht des Hauses hin. Und sie endet im letzten Raum mit der kleinbürgerlichen Idylle einer Wohnung der 1950er-Jahre, symbolhaft das Nebeneinander von Porzellanfiguren der Gottesmutter und von chinesischen Hunden. Der Ausstellung fehlen die interaktiven Animationen, wie man sie vom Emigration Museum oder von Titanic Belfast kennt, viele Räume sind noch leere Hüllen, die nur notdürftig mit kurzen Filmen gefüllt werden. Umso mehr hängt am Geschick der Führer(innen), das Haus mit Leben zu füllen.
♦ Führungen Mi-So 10-16 Uhr jeweils zur vollen Stunde, Online-Buchung angeraten. Eintritt 9 €. 14 Henrietta St,