„Also bitte. Wir wollen nicht streiten. Ihr wünscht euch Futter, ich mir Baldrian. Je mehr Zeit wir verplempern …“
„Schon gut.“ Taps richtete sich auf und betrachtete das Gebäude vor ihnen. Ein ausladendes Fenster lag direkt auf Höhe seiner Nase. Da drin befanden sich zahlreiche Flaschen und andere Utensilien, die er nicht benennen konnte. „Dort finden wir deinen Baldrian?“
Susalu legte eine Pfote auf seine Schulter. Lockend leckte sie ihm am Kinn. „Sieh genau hin. Hinter dem Glas findest du nicht nur ein Fläschchen Baldrian, sondern ganz viel anderes Glück. Dort allerdings hineinzukommen, ist das Problem. Guck dir den Mann hinter dem Tresen an. Er wird umgehend dafür sorgen, dass du im hohen Bogen auf der Straße landest und nie wieder einen Fuß in seine Apotheke setzt.“ Sie lächelte, wobei sie ihre Zähne bleckte. „Willst du das riskieren? Er hat auch schon …“ Sie brach ab, schüttelte sich. Dann seufzte sie theatralisch. „Eigentlich ist es ganz einfach. Du spazierst durch die Tür, schnappst dir eines der Fläschchen da vorne und kommst wieder zu mir. Ich warte um die Ecke.“
Ganz einfach? Wie war das noch mit dem hohen Bogen? Taps starrte sie einen Moment an. Sie verheimlichte ihm etwas. Doch was? Würde sie auf ihn warten? Nun gut, wenn nicht, dann wusste er, wo sie wohnte. Seine Belohnung würde er bekommen. Allerdings musste er neu verhandeln. „In Ordnung. Machbar, aber nicht einfach. Mein Preis ist weiter gestiegen.“
„Ach? Ist die Tür das Problem? Kannst du sie nicht öffnen? Du musst nur auf die Klinke springen und …“
„Wenn es so einfach ist, warum machst du es nicht selbst?“ Faruun kniff erst das linke, dann das rechte Auge zu.
Susalu schwieg kurz, seufzte dann theatralisch. „Also schön. Ich besorge euch eine Packung Kekse. Das muss reichen. Trefft mich nachher unter dem Rhododendronbusch. Sagen wir um acht? Kurz vor der Abenddämmerung?“
„Acht?“ Meinte sie die Zeitzählung der Menschen? Vermutlich. Sie war eine Hauskatze. Dennoch missfiel Taps der Handel. Allerdings war eine Packung Kekse besser als keine.
Da kam ihm eine weitere Verhandlungsidee. „Wir treffen uns um Mitternacht. Auf der Baustelle dieses Turms. Eine Packung Kekse und du bringst Faruun das Lesen bei. Erst dann bekommst du eines der Fläschchen. So oder gar nicht. Du kannst gerne selbst hineinspazieren und dein Glück versuchen.“
Zerknirscht seufzte die Katze. „Nun gut. Die Kekse und Leseunterricht. Aber bei mir. Ich schleppe das Zeug nicht so weit.“
„Abgemacht.“ Taps streckte ihr eine Pfote entgegen.
Susalu schlug ein und rollte dabei mit den Augen.
Natürlich. Auch wenn sie sich hatte hochhandeln lassen, zogen Faruun und er in Taps Augen immer noch den Kürzeren. Susalu verheimlichte ihnen etwas, da war er sich sicher. Nur was?
Die Katzendame wartete nicht lange, sondern verschwand in der Richtung, aus der sie gekommen waren. Faruun flog zu Taps herunter. „Komm, lass uns erstmal in Ruhe besprechen, was wir nun tun. Hier fallen wir auf.“
Taps wandte sich von dem Laden ab und folgte Faruun zu einem Zaun, vor dem eine Laterne stand. Von dort aus konnten sie die Apotheke im Auge behalten, gleichzeitig aber in den Büschen hinter dem Zaun verschwinden und damit den zahlreichen Menschenbeinen entgehen, die eins nach dem anderen durch die Gasse schlenderten. Perfekte Bedingungen.
„Wir werden definitiv am Tag zugreifen. Die Straßen müssen voll sein.“
„Dem stimme ich zu. Aber was genau hast du vor? Willst du einfach in den Laden spazieren, dir eine Flasche schnappen und dann wieder hinaushüpfen?“ Der Halsbandsittich zog eine Feder durch den Schnabel und glättete damit sein Gefieder.
„Womöglich …“
„Wenn das so leicht wäre, warum macht sie es dann nicht selbst? Wie meinte sie das mit dem Apotheker?“ Faruun trippelte von einer Zaunlatte zur nächsten. Immer wieder hielt er dabei inne und sah auf den Kater hinab. „Irgendetwas gefällt mir an all dem nicht. Sie selbst gefällt mir nicht! Und der ganze Handel stinkt zum Himmel! Ich sag dir, wir sollten es einfach sein lassen und uns weiter im Hafen umhören.“
Taps seufzte. Er teilte die Gefühle des Halsbandsittichs. Es war, als würde das Schild des Apothekers schief hängen, obwohl es akkurat über der Tür angebracht war. Etwas störte. Oder waren es lediglich Susalus Andeutungen? Machten die ihm Bauchschmerzen, weil er nicht wusste, was sie damit meinte und ob er sich unter Preis verkauft hatte?
„Auch dir gefällt der Handel nicht“, kommentierte Faruun Taps’ Gedanken. „Lass es sein. Wenn wir nach Afrika reisen, werden wir sie eh nie wiedersehen. Dann ist es auch völlig egal, was sie anderen Katzen über uns erzählt.“
„Ist es nicht. Vielleicht kehre ich eines Tages nach Paris zurück. Natürlich begleite ich dich, doch die Kekse haben mir gezeigt, dass auch ich irgendwo herkomme. Ich habe eine Vergangenheit, vielleicht sogar eine Familie!“
„Und meine willst du mir vorenthalten? Deshalb findest du ständig Ausflüchte, statt endlich mit mir ein passendes Schiff zu finden?“
„Nein. Susalu ist im Augenblick unsere einzige Chance ein Schiff zu finden. Wenn du lesen kannst, brauchen wir nicht den Ratten zu trauen! Dafür müssen wir aber das Fläschchen bekommen.“ Er sah zu Faruun auf. „Wir müssen zusammenarbeiten. Ich werde die Tür öffnen, du fliegst rein, greifst dir die Flasche und dann raus. Das wird gar nicht auffallen.“
„Ein grüner Vogel, der durch den Laden flattert ist absolut unauffällig. Natürlich.“
„Ach komm schon. Das ist der beste Plan, den wir haben. Tagsüber ist nicht abgeschlossen. Wir könnten auch mit Menschen hinein und wieder hinaushuschen. Du bist kleiner als ich und hast biegsame Zehen. Damit kannst du ganz leicht so ein Fläschchen greifen.“ Taps hob die Pfote und legte sie um eine der Zaunlatten. „Schwupps und weg. Klar?“
Faruun verdrehte den Kopf. „Schon verstanden. Also schön. Rein, raus und zu der Diva. Wehe, sie bringt mir etwas Falsches bei!“
„Das erfahren wir erst, wenn wir ihr den Baldrian bringen. Dann mal los, oder?“
„Nicht so schnell. Beobachten. Näher anpirschen – und auf mein Zeichen öffnest du die Tür.“
Faruun flatterte zu einigen Mülltonnen, die zwei Häuser neben der Apotheke im Zugang einer Gasse standen.
Notgedrungen lief Taps ihm nach und duckte sich hinter die Tonnen. Der Gestank tat ihm in der Nase weh. Wie der Vogel das nur aushielt da oben? Aber eine Wahl hatte er nicht. So waren sie nah genug an der Apotheke, um jederzeit losstürmen zu können.
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