Der Geist der Spiegelkatze. Laura Kier. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Laura Kier
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959593120
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lässt nicht locker, was?“ Über die Schulter sah sie ihn an.

      „Nun, du hast uns nicht gebeten zu gehen. Dementsprechend ist dein Wunsch stark genug, den Baldrian zu erhalten. Wenn wir ins Geschäft kommen wollen, brauche ich einen passenden Gegenwert von dir. Wir geben dir drei Tage, damit du alles besorgst.“

      Sie spritzte ihm Wasser ins Gesicht und lief in Richtung Terrassentür. „So dringend brauche ich den Baldrian nicht. Ich suche mir jemand anderen. Eure Forderung ist absolut überzogen!“

      Das war sie nicht. Susalu versuchte, ihn herunterzuhandeln. Wahrscheinlich war der Baldrian noch viel wertvoller. Ansonsten hätte sie längst einen passenderen Handel vorgeschlagen. Damit hatte er sie am Haken.

      Abgemacht?

      Susalu stand in der Tür zur Terrasse. Im Inneren des Hauses hörte Taps einen Menschen mit Geschirr klappern, dennoch wagte er es. Er sprang auf die weißen Marmorsteine und ging auf die Katzendame zu. „Lass uns darüber reden“, sagte er möglichst freundlich.

      Susalu wandte sich zu ihm um. „Da gibt es nichts zu reden. Ihr werdet es sowieso nicht schaffen, Baldrian zu besorgen.“

      „Lass das meine Sorge sein. Allerdings habe ich etwas dagegen, mich in Gefahr zu begeben, ohne danach eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Also, steht unser Handel?“

      „Futter. Für euch beide? Sicher nicht.“ Sie verzog die Nase. „Aber da du unbedingt das Fläschchen besorgen willst, werde ich dich nicht davon abhalten.“

      „Gut, was bietest du dafür?“ Nun fragte er doch. Aber anders kam er nicht an sie heran.

      Susalu ließ sich mitten in der Sonne nieder. Sie faltete die Pfoten unter ihrer Brust und sah ihn an. „Ich bekomme mein Baldrianfläschchen und dafür lese ich euch wie vereinbart ein Schild vor.“

      „Nein. Für dich ist es leicht, dieses Schild zu lesen. Und woher soll ich wissen, ob da steht, was du uns glauben lassen willst? Beim Baldrian sprachst du von Gefahren, also ist das Fläschchen mehr wert.“

      „Hab’ ich das? Vielleicht wollte ich dich lediglich loswerden.“ Sie hob eine Pfote und betrachtete sie eingehend. „Wie dem auch sei …“, geschmeidig stand sie mit einer eleganten Streckung auf, „… entweder wir kommen ins Geschäft, oder du lässt es. Ich bin nicht auf euch angewiesen.“

      Taps knurrte leise. Doch schnell beherrschte er sich. Sie sollte nicht merken, in welchen Aufruhr sie ihn versetzte. Dennoch klang der Handel für ihn alles andere als fair. Nur was konnte er ihr entgegensetzen? Hilflos warf er einen Blick über die Schulter und suchte im Garten nach Faruun. Hatte der Vogel eine bessere Idee als er? Unwahrscheinlich. Also brauchte er mehr Informationen. „Wo finde ich das Baldrianfläschchen?“

      „Sind wir uns also einig?“

      „Keineswegs.“ Taps schüttelte den Kopf. „Zunächst möchte ich wissen, auf was ich mich einlasse. Dann sehen wir, was Faruun und ich im Gegenzug von dir erhalten.“

      „Vorlesen soll ich also nicht mehr?“

      „Als ob ich dir trau…“ Er biss sich auf die Lippe. Das war unklug. Er sollte sie nicht gegen sich aufbringen.

      Blinzelnd saß sie vor ihm, ging aber nicht weiter auf seine Bemerkung ein. Stattdessen erhob sie sich und schob sich an ihm vorbei in den Garten. „Wo ist das Federvieh?“

      „Federvieh?“, krächzte Faruun.

      Taps trat ebenfalls auf den ordentlich gestutzten Rasen und suchte nach dem Halsbandsittich. Dieser saß in der Dachrinne über ihnen. Ungehalten hatte er die Flügel gespreizt und hielt beide im Auge. „Komm runter“, rief Taps ihm zu. „Wir haben etwas zu klären.“

      „Dahinten. Setz dich ins Wasser“, befahl Susalu.

      „Wie bitte? Wasser? Ich bin doch keine Ente!“ Zeternd flog Faruun zum Springbrunnen und nahm auf dem Rand Platz. „Entweder zu meinen Bedingungen oder gar nicht.“

      „Ihr könnt gerne verschwinden“, bot Susalu an.

      „So kommen wir nicht weiter.“ Faruun hielt seinen Schnabel unter die Fontäne und trank einige Schlucke. „Also, du willst etwas, das wir dir besorgen können. Umgekehrt kannst du deinerseits einige Vorräte für uns beschaffen. So wie es für mich im Augenblick aussieht, hast du keine Alternative als uns. Die Straßenkatzen werden sich nicht mit einer Hauskatze wie dir auf einen Handel einlassen. Sie trauen euch nicht. Deine Hauskatzenfreunde aber werden wohl kaum in der Lage sein, dir zu holen, was du wünschst. Damit bleiben nur wir und unser Preis sind fünf Kisten Kekse, drei Kisten Nüsse und zehn Würstchen.“ Er verneigte sich leicht. „Nun, Taps und ich sind besonders. Wir gehören zu den Straßenkatzen und kennen uns in Paris aus. Dennoch macht uns einzigartig, dass wir mit dir reden und sowohl in der Luft als auch am Boden aktiv sein können. Wer kann das sonst von sich behaupten?“

      „Mag sein“, murrte Susalu kleinlaut. „Dennoch verlangt ihr viel zu viel. Außerdem ist euer Preis deutlich gestiegen! Das ist unprofessionell.“

      „Wie bereits gesagt, erzähl uns mehr, dann können wir neu verhandeln.“ Taps setzte sich ein Stück vom Brunnen entfernt ins Gras. Er wollte sich nicht noch einmal nassspritzen lassen.

      „Ich kann es euch zeigen. Für zwei Helden wie euch dürfte es ein Leichtes sein. Damit seid ihr bereits überbezahlt, wenn ich euch auch nur ein Schild vorlese!“

      „Dir scheint es wichtiger zu sein als du zugibst.“ Faruun flatterte auf sie zu und landete vor ihr auf dem Boden. Bedrohlich richtete er sich auf. „Weißt du, wir können hier noch Stunden diskutieren und kommen keinen Schritt voran. Also führ uns dorthin, wo wir tätig werden sollen. Dann reden wir nochmals über den Preis.“

      „In Ordnung. Folgt mir. Aber unauffällig, bitte.“ Sie sah kurz zum Haus hinüber, dann huschte sie zu den Büschen am Rand des Gartens. Unter einem Rhododendron blieb sie stehen. „Ich will nicht mit euch zusammen …“

      „… gesehen werden“, ergänzte Taps. „Schon klar. Wir wissen, wie wir uns zu verhalten haben.“

      Susalu lief los. Faruun behielt sie im Auge und verriet Taps, wohin der Kater laufen musste. So kamen sie zwar nur langsam voran und schlängelten sich auf abenteuerlichen Wegen durch die Gärten der Pariser Vorstadt, aber immerhin waren sie einen halben Schritt weiter.

      Schon bald kam Taps die Umgebung bekannter vor. Er lief durch Gassen und Straßen, die er häufiger durchquerte. Die Gebäude standen dichter beisammen, das Grünzeug wurde weniger. Ganz nach seinem Geschmack. Mehr Orte zum Verstecken. Allerdings musste er aufpassen, Susalu nicht aus den Augen zu verlieren. Immer wieder versteckte er sich hinter Mülltonnen oder schob sich an einigen Holzkisten vorbei, doch sie lief flink durch die Gasse und scherte sich nicht darum, ob er ihr folgen konnte. Zum Glück beobachtete Faruun sie genau. Keine Abbiegung entging ihm. Selbst wenn Taps sie aus den Augen verlor, kam Faruun zuverlässig herbeigeflogen und erklärte ihm den Weg.

      Mittlerweile waren die Menschen erwacht, es wurde lauter und die Straßen voller. Schon bald stolzierte Susalu durch Bereiche, wo sie ständig Zweibeinern ausweichen mussten. Teilweise mit nervenden Vierbeinern, die Taps nicht ausstehen konnte. Hunde. Grauenvolle Biester, von denen er sich lieber fernhielt. Nur war das im Augenblick nahezu unmöglich. Immer wieder schob Susalu sich so dicht an den Kötern vorbei, dass auch Taps nicht umhin kam, in gefährliche Nähe ihrer Fänge zu geraten. Ab und an warf sie ihm einen süffisanten Blick über die Schulter zu, als wolle sie sagen: „Du willst der Gefahr gewachsen sein? Dann sind Hunde nur eine Kleinigkeit!“

      Er sollte die Kläffer einfach ignorieren. Es brachte nichts, wenn er sich vor Tieren fürchtete, die ihn zwar beschnüffelten, aber ansonsten nicht viel tun konnten. Dicht blieben sie neben ihren Menschen, jederzeit bereit, von den Zweibeinern an der Leine davon gezerrt zu werden. Da ging es ihm deutlich besser. Er konnte sich frei bewegen und dieser Hauskatze folgen.

      Gegenüber von einem der