Die Status Quo Autobiografie. Francis Rossi. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Francis Rossi
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783854453666
Скачать книгу
denken, dass es unwahrscheinlich viel Spaß macht – was ja auch stimmt. Aber stattdessen müssen sie sehr schnell feststellen, dass sich damit Arbeit verbindet, so als bekäme man zusätzlich Hausaufgaben auf. Kein Wunder, dass so viele Kinder die Sache wieder an den Nagel hängen, noch bevor sie richtig begonnen hat. Bei Kindern, die Foxtrott mögen, ist das selbstverständlich was anderes.

      Das andere Extrem ist, wenn Kinder gedrillt werden und man ihnen vermittelt, dass nur die kompliziertesten Sachen auch wirklich gut seien. Was ein anderes schwerwiegendes Missverständnis ist. Da ist zum Beispiel Charlotte – oder Charlie, wie ich sie nenne. Charlie ist Pianistin und hat eine klassische Musikerziehung genossen. Im Moment arbeiten wir auf lockerer Basis zusammen. Ihre Lehrerin, eine sehr gute Freundin von mir namens Mrs. Theobold, hatte sie während der Grundschulzeit und im Gymnasium musikalisch betreut, und vor kurzem kam sie darauf, dass es vielleicht ganz interessant wäre, mal zu sehen, was einer wie ich aus ihrer Schülerin machte.

      Ich war glücklich und erklärte mich einverstanden. Und sobald Charlie anfing zu spielen, merkte ich natürlich, dass sie eine brillante Musikerin ist. Aber sie kam mit diesem schrecklichen, aufgeplusterten Stück an, das sie komponiert hatte, und ich musste ihr geradewegs sagen: „Sorry, meine Liebe, aber das ist Bullshit.“ Sie nahm es gelassen hin. Wenn du ein Künstler bist, egal was für einer, musst du immer darauf gefasst sein, dass du auch mal eine volle Breitseite Kritik abbekommst. Ich zähle schon gar nicht mehr, wie oft mir genau das von Kritikern und sogar von meiner eigenen Band vorgehalten wurde, wenn ich mal wieder ein neues Stück geschrieben hatte, von dem ich dachte, es sei großartig oder bedeutsam.

      Im Fall von Charlie war das gar kein schlechtes oder gar uninteressantes Stück, das sie da komponiert hatte. Und sie hat es natürlich auch wunderschön vorgetragen. Aber es klang einfach nach etwas Einstudiertem, als versuchte sie, die Erwartungshaltung anderer zu erfüllen, und nicht nach etwas, das sie wirklich fühlte. Ich sagte zu ihr: „Was ich hören möchte, ist etwas, das mehr aus deinem eigenen Herzen kommt, das über dich etwas aussagt, darüber wer du bist – und nicht, was für eine gute Erziehung du am College genossen hat.“

      Mrs. Theobold, die nicht so engstirnig ist wie die meisten anderen Leute, die klassisch geschult sind, stimmte mir zu, und später schickte sie mir Charlie noch einmal vorbei, damit sie bei mir Gitarre lernte – und jetzt spielt sie bereits besser als ich! Noch wichtiger aber ist, dass sie jetzt auch viel entspannter am Klavier sitzt und freier spielt. Sie kommt jetzt auch schon mal mit wirklich guten und bewegenden eigenen Stücken an. Wenn sie heute zu mir rüberkommt, bin ich immer schon total gespannt und kann es gar nicht abwarten, zu hören, was ihr wieder alles eingefallen ist.

      Um auf meine eigenen ersten Ausflüge auf der Gitarre zurückzukommen: Ich beschritt einen völlig anderen Weg, indem ich niemals wirklich Unterricht nahm. Ich lernte einfach dadurch, dass ich die Songs von den paar Schallplatten, die wir zu Hause hatten, nachspielte, Zeug von Guy Mitchell, auf den meine Mutter total abfuhr, und von Connie Francis, für die ich schwärmte. Mir wird immer noch ganz weich in den Knien, wenn ich eine ihrer alten Platten höre, auf denen sie mit ihrer Stimme all diese herzzerreißenden Töne hervorbringt, die sich anhören, als würde sie weinen. Für mich war das alles einfach Popmusik, wie ich sie von den Everly Brothers kannte. Erst als ich Jahre später zum ersten Mal nach Amerika kam, merkte ich, dass das, was ich mir die ganze Zeit über angehört hatte, eigentlich Country Music war. Das hatte zur Folge, dass ich auch heute noch Country Music mag. Sie berührt mich einfach.

      Mit zwölf hatte ich dann aber meine absolute Rock’n’Roll-Phase. Meine Lieblingsmusiker waren Little Richard, Jerry Lee Lewis, Gene Vincent und Eddie Cochran – all die alten amerikanischen Rock’n’Roller. Und dann gab es da noch Cliff Richard and the Shadows, die ich auch sehr mochte. Aber ganz vorne lagen bei mir immer die Everly Brothers. Als ich die entdeckt hatte, war das wirklich ein Wendepunkt für mich. Das ist der Grund, warum viele von den Sachen, die ich geschrieben habe, um drei oder vier simple Akkorde herum aufgebaut sind – und ich schreibe das in vollem Bewusstsein dessen, dass es für einige Leute nur neuer Stoff sein wird, um ihr Bild von Status Quo als „Three Chord Wonders“ zu untermauern. Doch wie ich den Leuten, die meistens selbst noch nie ein Instrument in der Hand hatten, aber trotzdem denken, dies sei ein guter Witz, stets zu erklären versuche: Gewisse Stücke aus der klassischen Musik, die jedem im Gedächtnis haften bleiben, sind vornehmlich auf drei Akkorden aufgebaut. Wird es etwa ein besserer Song, wenn ich einen Finger mehr bewege und noch einen Akkord hinzufüge, was mir ein Leichtes wäre?

      Wie viele Akkorde haben die Beatles benutzt? Sie waren die innovativste Pop-Gruppe aller Zeiten und sie haben im Laufe der Zeit sicherlich mehr als drei Akkorde zum Einsatz gebracht. Doch sie konnten von „I Am The Walrus“ bis „Yellow Submarine“ alles machen und niemand zerriss sich das Maul. Egal welchen Wandel sie mit ihrer Musik durchlaufen haben, es war immer diese Einfachheit, die ihre Songs so erinnerungswürdig machte. Und das ist der Grund, warum so viele von uns diese Songs auch heute noch singen und spielen.

      Das Bedauerliche ist, dass nach den Beatles jeder in eine Schublade gesteckt wurde – Rock-Band, Pop-Gruppe, Soul-Group oder was auch immer. Man konnte sich einfach nicht mehr vorstellen, dass Deep Purple „When I’m Sixty Four“ spielten oder die Bay City Rollers „Lucy In The Sky With Diamonds“. Obwohl die Beatles den Beweis geliefert hatten, dass man alles machen kann, solange es den Leuten gefällt. Denn am Ende geht es doch nur um Melodien – Songs, die ins Ohr gehen. Das, was den Milchmann am Morgen beim Milchausfahren vor sich hin pfeifen lässt. Wenn einem so etwas gelungen ist, dann hat man es geschafft. Aber ich muss Sie warnen: Es ist nicht so einfach, wie man denkt. In meinem Fall ist es so, dass ich zwar nicht so gut gewesen sein mag im Üben von Tonleitern und im Notenlesen, aber ich war großartig darin, einfach mit der Gitarre herumzusitzen und ihr Harmonien zu entlocken. Um wirklich gut zu sein, muss man sich der Sache voll widmen. Das war für mich offensichtlich. Doch um einfach mal einen Anfang zu machen, bedurfte es keiner großen Anstrengung. Ein paar Grundakkorde auf der Gitarre konnte man in einer einzigen Unterrichtsstunde lernen – und als ich erst einmal den Anfang hatte, kam für mich kein Ende mehr in Frage.

      Als die Beatles ihren ersten großen Hit hatten, erinnerten sie mich an die Everlys, nur dass sie eine voll elektrische Band waren und ihr Sound deshalb noch gewaltiger und aufregender war. Als sie auf den Markt kamen, war damit der Beweis erbracht, dass eine britische Gruppe ebenso gut sein konnte wie eine aus den USA. Und dies bestärkte mich noch mehr darin, meine eigene Band zu gründen. Da ich aber damals keinen wirklichen Schimmer davon hatte, wie man so etwas anstellt, schloss ich mich erst einmal dem Schulorchester an.

      Unglücklicherweise hatten sie da überhaupt keine Verwendung für einen Gitarristen und so fing ich an, Trompete zu spielen. Womit ich mich vom Rock’n’Roll natürlich so weit entfernte, wie es nicht mehr weiter ging. Allerdings muss ich dazu sagen: Ohne dieses Vorhaben, Trompete lernen zu wollen und ins Schulorchester zu gehen, hätte ich Alan Lancaster und Alan Key, die beiden Jungs, mit denen ich später meine allererste Band gründete, nie kennen gelernt. Dieser Schritt markierte sozusagen den Anfang der allerersten Status-Quo-Besetzung. Was nur zeigt, wie es nun mal kommen kann. Es gibt ein Sprichwort: Strebe nach der Sonne und du kannst dir sicher sein, du landest auf dem Mond. Dem ist nichts hinzuzufügen.

      Wir spielten alle im Schulorchester, aber wir waren alle auch verrückt nach Rock’n’Roll, und darauf gründete unsere Freundschaft. Ich mochte Alan Lancaster, aber er war sehr dominant, sagte immer offen, was ihm passte und was nicht. Er betrachtete die Band immer als seine Band, und wir waren gezwungen, nach seiner Pfeife zu tanzen – um des lieben Friedens willen. Ein oder zwei Mal habe ich opponiert und gesagt: „Guck mal, du bist hier nicht der Anführer. Niemand ist das hier.“ Denn wir hatten schon ganz zu Anfang abgemacht, dass es keinen Bandleader geben sollte. Aber er kapierte das einfach nicht und wir keiften uns deshalb am Ende schrecklich an, wir trugen sogar richtiggehend Kämpfe aus. Ich wusste damals noch nicht, dass Alan Lancaster nie zurücksteckt, egal wobei. Er behauptete sich immer, so war er eben.

      In Wahrheit war Alan Key der eigentliche Anstifter. Alles begann damit, dass er und Alan Lancaster neben dem Orchester noch ihre eigene kleine Gruppe zusammenstellten. Sie suchten nach einem dritten Mann, der sich ihnen anschloss, nach einem Typen, der spielen, aber auch singen konnte. Wodurch es mir gelang, mich ins Spiel zu bringen. Mal davon abgesehen, dass ich von