Roland Emmerich. Jo Müller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jo Müller
Издательство: Bookwire
Серия: Film-Literatur
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783854454786
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am visuellen Konzept des Films und entscheidet sich für kräftige Bonbonfarben. Sie eignen sich hervorragend, um dem Zuschauer auf unterbewusster Ebene zu suggerieren, dass die Story von Hollywood Monster nicht in der Realität, sondern in der völlig künstlichen Welt des Kinos angesiedelt ist. Schließlich dreht sich hier alles ausschließlich ums Filmemachen. Das, was Warren, Fred und Laurie erleben, könnte gar ein kompletter Film im Film sein.

      Nach dem Studiodreh in Magstadt fliegt das Team für einen Monat nach Los Angeles, um dort die notwendigen Außenaufnahmen zu filmen. Dort, in der Welthauptstadt der Kino-Illusionen, ist alles perfekt organisiert, aber wahnsinnig teuer. Eine Drehgenehmigung verschlingt schnell mehrere tausend Dollar, Straßenabsperrungen müssen schließlich ebenso bezahlt werden wie Polizeibeamte und Feuerwehrmänner. Um das Budget zu schonen, dreht Emmerich mehrmals ohne Genehmigung, nach der von Independent-Produktionen praktizierten Grab and run-Methode: einfach filmen – und schnell zusammenpacken und abhauen, sobald die Polizei im Anmarsch ist!

      Einmal wird das deutsche Team tatsächlich von den Ordnungshütern erwischt und verwarnt. Seit er große Studioproduktionen wie Stargate, Independence Day oder Godzilla inszeniert, kann Emmerich auf das spontane Filmen allerdings getrost verzichten. Doch nach wie vor ärgert es ihn, dass in Amerika blitzschnell Hunderte von Mitarbeitern den Drehort bevölkern, die vor dem Hintergrund gewerkschaftlicher Bestimmungen engagiert werden müssen, aber nicht das Geringste zu tun haben.

      Obwohl Hollywood Monster im Kino kein großer Erfolg beschieden war, stellte er für den Selfmademan in künstlerischer Hinsicht einen großen Fortschritt dar, zeigte sich doch, dass er jetzt der filmischen Experimentier-Phase entwachsen war und die Klaviatur des Kino-Entertainments souverän zu beherrschen begann. Wenngleich die Story auch diesmal eher simpel gestrickt war, besitzt sie doch sehr viel Charme. Mit viel künstlichem Rauch, zuckenden Special-Effects-Blitzen und schönen Bildern bringt Emmerich eine kecke Liebeserklärung an die Traumfabrik auf die Leinwand, eine Hommage an all die Verrückten dieser Branche.

      Interview mit Roland Emmerich:

      „Manchmal packt mich die Wut“

      Was reizt Sie am phantastischen Kino?

      RE: Ich drehe gerne im Studio. Und wenn man das macht, ist der Schritt zum Science-Fiction- oder Phantastik-Genre nicht allzu weit. Leider ist es so, dass gerade diese Genres in Deutschland ziemlich in den Hintergrund getreten sind. Es ist aber eine Gattung, in der man eigentlich alles machen kann. Im Rahmen der Science Fiction kann man Liebesgeschichte, Thriller oder Horror-Story erzählen. Star Wars zum Beispiel ist eine Art Rittermärchen, Alien ein klassischer Horrorfilm.

      Eigentlich haben alle guten Science-Fiction-Filme mit Science Fiction relativ wenig zu tun. Das Genre ist nur eine Hülle, in die man jede Art von Dramaturgie stecken kann.

      Wie haben Ihre drei bisherigen Filme, Das Arche Noah Prinzip, Joey und Hollywood Monster mit ihrem phantastischen Inhalt auf Publikum, Kritiker und Kollegen Ihrer Meinung nach gewirkt?

      RE: Ich bemerke immer mehr, dass dieser Begriff sich langsam abzunutzen beginnt. Am Anfang sagten die Leute zu mir: „Toll, endlich mal was anderes.“ Dann drehte ich weiter Filme dieses Genres und dieselben Leute meinen jetzt: „Oh, jetzt macht der wieder das Gleiche.“ Science-Fiction-Filme ähneln sich nun einmal. Natürlich versucht man immer, etwas anderes zu machen, aber der Grundcharakter eines Regisseurs bleibt bestehen. Komischerweise wird das aber immer nur bei Genre-Filmen als Argument ins Feld geführt. Wenn Wim Wenders stets ähnliche Geschichten erzählt, wird das als absolutes Plus angesehen. Wenn einer aber immer Krimis macht, ist das ein Minus. Ich denke jedoch, dass sich ein guter Regisseur dadurch auszeichnet, dass er sich einem Genre ganz hingibt und dieses über Jahre hinweg pflegt. Ich habe ganz bestimmte Interessen und Vorlieben und ich sehe nicht ein, dass ich etwas Neues inszeniere, nur weil gewisse Leute das vielleicht von mir erwarten.

      In Ihren Filmen weisen Sie sich aber nicht nur als Genre-Regisseur aus, sondern auch als jemand, der gern Filme über das Kino macht.

      RE: Joey und Hollywood Monster handelten tatsächlich von der Welt des Films. Das Arche Noah Prinzip war aber anders gestrickt und handelte durchaus von Gegenwarts-Problemen. Jetzt habe ich neue Interessen. Ich will einen Film über ein anderes Thema realisieren, zeigen, wie Menschen auf kalt berechnende Art aus Gründen der Profitgier benutzt und für kriegerische Auseinandersetzungen missbraucht werden.

      Die Geschichte ist doch aber bestimmt erneut im Science-Fiction-Genre angesiedelt?

      RE: Es mag komisch klingen, aber das Science-Fiction-Genre, in dem ich die Geschichte platziere, ist nur eine Steigerung der Mittel. Ich muss sie in einen Kontext setzen, der völlig außerhalb unserer Welt liegt. Dadurch kommt die Story stärker zum Tragen. Ich könnte natürlich auch einen total realistischen Film inszenieren, in dem ich zeige, wie sieben Jungs in Kambodscha zu Dschungel-Kämpfern werden. Ich bevorzuge es aber, wenn Geschichten in einem luftleeren Raum spielen und als Parabel funktionieren. Auch in der Literatur mag ich solche Storys am liebsten.

      Sie haben hier in Deutschland in Sachen Visual Effects Pionierarbeit geleistet …

      RE: … und das hat uns sehr geholfen, weil wir dadurch für unsere Filme viel mehr Aufmerksamkeit als üblich bekamen. Aber jetzt will ich weg von diesem Image, denn die Presse schreibt nur noch darüber, was wir im Trickstudio machen, und erkennt gar nicht, was sonst noch läuft. Es macht mich manchmal wirklich wahnsinnig, wenn ich hören oder lesen muss: „Hollywood in Sindelfingen.“ Hier ist nicht Hollywood und mit Sindelfingen hat das Ganze auch nichts zu tun, denn alle meine Filme wurden in einem anderen Dorf gedreht, kein einziger jedoch in Sindelfingen. Übrigens: Diese Art des Filmemachens, wie wir es hier praktizieren, wird auf der ganzen Welt praktiziert. Auch in Amerika! Die meisten Filme, die mit Hollywood identifiziert werden, wurden dort gar nicht gedreht! Das Etikett „Pinewood in Sindelfingen“ wäre mir jedenfalls lieber. Auch hasse ich den Spruch: „Die Bastler haben wieder zugeschlagen“, denn es gibt auf der Welt wohl keinen Menschen, der Basteln mehr hasst als ich. Ich mache es nur, weil ich es für meine Arbeit brauche. Es gehört dazu wie das Drehbuchschreiben oder das Casting. Manchmal packt mich angesichts solcher Phrasen so sehr die Wut, dass ich damit drohe, keine SF-Filme mehr zu drehen. Aber ich mag dieses Genre nun mal, weshalb ich diese Kritiker-Schlagzeilen einfach wegstecken muss. Solange ich das Geld nicht für Visual-Effects-Meister wie Brian Johnson oder Richard Edlund ausgeben kann, muss ich mich eben mit einer eigenen Crew darum kümmern.

      Sehen Sie sich selbst als Visual-Effects-Spezialisten?

      RE: Ich weiß inzwischen sehr viel darüber und bin deshalb so etwas wie ein Trickspezialist. Aber eigentlich bin ich das eher zwangsläufig geworden, aus dem Wunsch heraus zu beweisen, dass es möglich ist, in Deutschland Science-Fiction-Filme zu drehen, und wir das Potential besitzen, solche Tricks herzustellen. Eigentlich wollte ich jedoch schon beim Arche Noah Prinzip nicht allzu sehr in die Effekt-Arbeit involviert werden. Aber da dies damals ohne mich nicht geklappt hätte, habe ich mich einfach eingemischt und mitgeholfen. Am Ende bin ich dann eben selbst im Studio gestanden und hab die Tricks gemacht. Aber eigentlich wollte ich das nicht.

      Wieso drehen Sie so gern im Studio?

      RE: Am Anfang gab es dafür einen ganz praktischen Grund: Ich wollte einen Science-Fiction-Film drehen und das konnte ich nun mal schlecht an Original-Schauplätzen im All machen. Während dieser Arbeit bemerkte ich darüber hinaus, dass sich im Studio alles, was einem vorschwebt, ganz genau festlegen und realisieren lässt. Und das nicht nur von der ästhetischen, sondern auch von der schauspielerischen Seite her. Beim Dreh an Original-Schauplätzen muss man wesentlich mehr improvisieren. Plötzlich stimmt das Licht nicht mehr oder es gibt Schwierigkeiten mit dem Straßenlärm. Dann muss alles umgebaut werden. Für mich ist es am schönsten, wenn ich einen Film inszenieren kann, ohne dass mir etwas dazwischenkommt oder mich aufhält.

      Moon 44:

      Sprungbrett nach Amerika

      Wir schreiben das Jahr 2038: Die Menschheit hat ihre natürlichen Rohstofflager ausgeschöpft, weshalb auf fremden Planeten danach geschürft wird. Felix Stone (Michael Paré) ist Agent der Galactic Mining Corporation und erhält den