Die Euro-Misere. Michael von Prollius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael von Prollius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783940431394
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können anschließend preisgünstiger ersetzt werden. Auch hier profitieren die Unternehmer, die am besten kalkuliert haben und mit ihnen schließlich auch die Verbraucher.

      Die Kreditkontraktion beschleunigt lediglich den Gesundungsprozess, wenn auch mit durchaus schmerzhaften kurzfristigen Begleiterscheinungen. Zudem zerplatzt die Geldillusion. Damit wird der Weg frei für die richtige und nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, zumal die freiwilligen Ersparnisse ansteigen. Die schnelle, scharfe Nachkriegsrezession in den USA 1920/21 zeigt, wie erfolgreich eine interventionsfreie Bereinigungskrise sein kann.

      In beiden Fällen – Deflation und Inflation – sind die Vorkämpfer geldpolitischer Stabilität, nämlich Regierung und Zentralbank, lediglich Ritter von der traurigen Gestalt. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts belegt das mit Hyperinflationen, zyklischen Krisen und weltweiter Überschuldung ebenso eindrucksvoll wie der Kaufkraftverlust des Euro innerhalb von 10 Jahren um mehr als 50 Prozent.

      Sämtliche Geldmengenaggregate haben sich binnen zehn Jahren, von 1998 bis 2008, mehr als verdoppelt; ein Kilo Gold kostete 1998 noch 10.788 Euro, im Juni 2008 aber bereits 25.657 Euro (August 2011: 40.300 Euro). Der geldpolitische Zentralismus ist nicht nur mit Blick auf den mit ihm ermöglichten Ersten Weltkrieg ein verheerender Irrtum mit desaströsen Folgen.

      Die Alternative zum schlechten Geld des Zentralbankmonopols ist der Währungswettbewerb.

      Die Überraschung des Jahres ist das mit zahlreichen comicähnlichen Illustrationen versehene Buch des Ökonomen und Bestsellerautors Peter Schiff, der bereits 2002 und 2006 die heutige Finanzkrise vorhersagte. Das von seiner Aufmachung her ungewöhnliche Buch ist eine exzellente Einführung in die Ökonomie und zugleich eine allgemein verständliche Erklärung der Weltwirtschaftskrise.

      Wie der Titel treffend verspricht, werden Entstehung und Wachstum einer Wirtschaft sowie ihr Niedergang erläutert. Im Mittelpunkt steht eine Fabel, die das berühmte Robinson-Beispiel zum Ausgangspunkt einer immer arbeitsteiligeren Inselgesellschaft nimmt. Als Zahlungsmittel dient ein Gut mit intrinsischem Wert: Fisch. Auf bestechend klare Weise erläutern die Brüder Schiff, wie natürliches Wirtschaften funktioniert, darunter Sparen und Investieren, Kredite und Konsum, Arbeitsteilung und Wirtschaftswachstum. „Underconsumption“ wird zum Schlüssel für Prosperität. Konsum steigt, weil die Wirtschaft wächst und nicht anders herum. Deflation ist eine natürliche Entwicklung, ermutigt durch Sparen die Kapitalbildung und ermöglicht so weiteren Wohlstand. Später kommen die Entstehung von Banken, Infrastrukturprojekte und Außenhandel hinzu.

      Der methodische Fisch-Kniff ermöglicht es den Schiff-Brüdern der Realität einen Spiegel vorzuhalten. Amüsante Sprachspiele deuten das Fortgeschrittenen an: „Closing the fish window“, „Watersnake scandal“ und „The fish hit the fan“. Entlarvend sind die Ausführungen zur „Fish inflation“. Einfach nachzuvollziehen ist zudem, wie Regierungen die natürliche Ordnung zerstören können, nachdem sie sich mehr Aufgaben angemaßt haben als erforderlich, und insbesondere das Geld zerstören.

      Durch die große Schrift und zahlreiche Illustrationen sowie Text-Boxen mit „Reality checks“ für Übertragungen der Fisch-Fabel auf die Realität und „Take aways“ für grundlegende Einsichten ist die kurzweilige Lektüre innerhalb weniger Stunden zu schaffen. Auch deshalb gehört das von den Erkenntnissen der Österreichischen Schule durchdrungene libertäre Überraschungsbuch des Jahres 2010 in jeden Haushalt.

      Peter D. Schiff, Andrew J. Schiff: How an Economy Grows and Why it Crashes, Hoboken 2010.

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      11 Erstmals erscheinen am 22. 3. 2010.

      Die Störung des Preissystems hat die „Krise“ verursacht

      Preise sagen uns, was wir zu tun haben – und häufig ist das etwas anderes, als wir beabsichtigt haben. So lautet Friedrich August von Hayeks Erkenntnis über das Herzstück der Marktwirtschaft. In seinem auch als Gegenentwurf zum Keynesianismus wegweisenden Vortrag „Der Strom der Güter und Leistungen“ brachte Hayek zum Ausdruck, dass die Analyse der Preise bei der Lenkung der Produktion in den Mittelpunkt der ökonomischen Theorie gehöre: „Hierfür ist die Behauptung von entscheidender Bedeutung, daß die Koordination der wirtschaftlichen Tätigkeiten, der wir unsere Fähigkeit zur Erhaltung der gegenwärtigen Weltbevölkerung verdanken, unserem Vertrauen auf die Führung durch Preise zuzuschreiben ist, die auf wettbewerblichen Märkten bestimmt werden und die die unentbehrlichen Signale erzeugen, die uns sagen, was wir zu tun haben.“

      Diese weitreichende Feststellung sollte bei der Analyse der sogenannten „Finanzkrise“ stärker im Vordergrund stehen, das gilt besonders für den deutschsprachigen Raum. Traditionell gehört das Preissystem zum Kanon der Determinanten, die die Österreichische Schule der Volkswirtschaftslehre von anderen Schulen unterscheidet. Ludwig von Mises hatte als Kopf der dritten Generation vielleicht die bedeutsamste ökonomische Entdeckung des 20. Jahrhunderts gemacht: Die Unmöglichkeit des Sozialismus, rational zu kalkulieren – mangels marktwirtschaftlicher Preise. Hayek fügte dem die Vermittlung von Wissen über Preise hinzu. Tatsächlich bildet das Preissystem, besser die Störung des Preissystems, einen Schlüssel zur Erklärung der vergangenen Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre („Great Depression“) wie der aktuellen („Great Recession“). Aus „Österreichischer“ Sicht gilt: Die Folgen dieser Störungen halten an, die Störungen werden durch Interventionen noch verschärft und die damit verbundenen Kosten unterschätzt.

      Im einzelnen: Zunächst lässt sich die „Finanzkrise“ als „Inflationskrise“ charakterisieren. Ohne das Zentralbankmonopol und das damit verbundene Mindestreservesystem für die Geschäftsbanken hätte es keine derartige Ausdehnung der Geldproduktion, also eine Mehrung der Geldmenge, geben können. Das gilt für die Zeit vor und nach dem Sichtbarwerden der Kalamitäten in den USA im Sommer 2007 durch einen drastischen Einbruch des Dow-Jones-Indexes und sprunghafte Aufschläge für Interbankenkredite.

      Die (Niedrig-)Zinspolitik der Zentralbanken ist dabei ein wesentlicher Bestandteil des größeren Problems: Die Geldproduktion im staatlichen Währungsmonopol ist weder dem Wettbewerbsmarkt als Entdeckungsverfahren der „richtigen“ Geldmenge unterworfen, noch existiert eine Einhundertprozentdeckung. Zu den Folgen gehören ein Aufblähen der Geldmenge (Verdopplung in den USA und im Euroraum von 1999 bis 2009) und infolgedessen eine massive Geldentwertung (in den USA und im Euroraum mehr als 80 Prozent Kaufkraftverlust seit Anfang der 1960er Jahre, gemessen anhand der Konsumentenpreise).

      Ein behördlich festgesetzter Zinssatz hat aus Österreichischer Sicht zudem weitreichende Folgen für die Koordination der wirtschaftlichen Aktivitäten: Der Zins kann als Preis für die intertemporale Ressourcenkoordination verstanden werden. Wird dieser Preis durch andere als marktwirtschaftliche Aktivitäten gebildet, führt das zu einer Störung des Preisgefüges. Die Marktteilnehmer werden durch das falsche Signal irregeführt. Ihnen wird suggeriert, dass ausreichend Kapital für Investitionen vorhanden ist. Tatsächlich sind die Investitionen aber nicht durch Sparen gedeckt, sondern Ergebnis einer Aufblähung der Geldmenge durch Kreditschöpfung – noch dazu bei gleichbleibendem Konsumverhalten. Letztlich gibt es keine Alternative, als die eigentlich unrentablen Projekte durch fortgesetztes Inflationieren aufrecht zu erhalten oder sie durch eine Verringerung der Geldmenge zu liquidieren.

      Hinzu kommen die bereits genannten „Helikopter-“ und Cantillon-Effekte. Das gleichsam top-down einsickernde Geld verändert das Preisgefüge, weil frisches Geld nun für diejenigen Projekte verfügbar ist, die bisher mangels Geld (und Ressourcen) nicht realisiert werden konnten. Der monetäre Stimulus verändert die Investitions- und Konsumfähigkeit sowie die Wünsche und Bedürfnisse der Marktteilnehmer im Verhältnis zur ursprünglich knapperen Geldmenge, was in veränderten Preisen zum Ausdruck kommt. Denn Preise werden durch den existierenden Bestand an Gütern und (!) Geld sowie die Wertmaßstäbe der Anbieter und Nachfrager gebildet.

      Joseph