Die Euro-Misere. Michael von Prollius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael von Prollius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783940431394
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Jahr wachsende Geldmenge ist lediglich Beiwerk. Gäbe es eine konstante Geldmenge, würde der Preisanstieg eines Gutes automatisch dazu führen, dass bei gleicher Nachfrage der Preis eines anderen Gutes sinken müsste. Im Falle einer veränderlichen Nachfrage könnten andere Güter weniger oder nicht mehr nachgefragt werden.

      Deutlich wird dies an dem derzeit wieder die Runde machenden Trugschluss der vermeintlichen „Lohn-Preis-Spirale“. Löhne können Preise nicht einfach so treiben. Vielmehr ist das Versagen der Zentralbank hierfür ursächlich. So würde ein Anstieg von Löhnen über ein „Gleichgewichtsniveau“ bei knappem Geld nicht zu Inflation, sondern zu Arbeitslosigkeit führen. Der Publizist der Österreichischen Schule Henry Hazlitt bringt es auf den Punkt, wenn er urteilt, umgekehrt würde ein Anstieg der Preise ohne einen parallelen Anstieg des in den Portemonnaies der Menschen verfügbaren Geldes lediglich zu sinkenden Absatzzahlen führen. Lohn- und Preissteigerungen sind also die Folge der Inflation, nicht ihre Ursache. Ihr Ausmaß wird entscheidend durch die Aufblähung der Geldmenge bestimmt.

      Inflation ist ein geldpolitisches Problem. Zentralbanken bekämpfen lediglich die von ihnen selbst durch eine Politik zu billigen Geldes verursachten Preisanstiege. Ludwig von Mises illustrierte dieses Phänomen mit dem Bild eines Diebes, der ruft: „Haltet den Dieb!“

      Berücksichtigt man dies, so bleiben verheerende Fehlschlüsse aus, wie der von Nobuo Tanaka, dem Generalsekretär der Internationalen Energie-Agentur: „Die Rekordpreise am Erdölmarkt bedrohen die globale Wirtschaft und die soziale Wohlfahrt von Millionen von Menschen.“ Auch wenn der aktuelle Ölpreis nicht auf triviale Weise zustande kommt, ist es angesichts der jahrelangen unverantwortlichen Niedrigzinspolitik des Fed keine Ausdruck von Polemik, die Zentralbanken als Bedrohung der Wohlfahrt von Millionen von Menschen verantwortlich zu machen.

      Zentralbanken sind Inflationsbehörden. Die EZB ist der europäische Anwalt der Inflation, deren größter Profiteur der Staat ist. Die Alternative ist die natürliche, freie Geldproduktion, die nachgewiesen funktioniert. Der Staat ist dabei auf den Schutz von Eigentum(srechten) begrenzt. Erforderlich ist lediglich ein Schritt, die Abschaffung der gesetzlichen Privilegien der Zentralbank und anderer Währungsbehörden. Wie Jörg Guido Hülsmann nachgewiesen hat, ist dies aus rechtlichen, wirtschaftlichen und moralischen Gründen geboten.

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      6 Erstmals erschienen am 8. 7. 2008.

      Inflationskosten werden drastisch unterschätzt7

      Die Auffassung, Inflation habe zumindest eine positive Seite, ist immer noch verbreitet. Inflation schmiert angeblich das Wirtschaftswachstum oder sei immer noch besser als Arbeitslosigkeit. Beides ist ökonomischer Unfug. Tatsächlich hat Inflation keine positiven, sondern nur negative Folgen. Ungeachtet dessen tendiert auch die herkömmliche Wissenschaftssicht zur Unterschätzung der Inflationskosten. Steven Horwitz, VWL-Professor an der St. Lawrence University in New York, kommt der Verdienst zu, in seinem Beitrag „The Cost of Inflation Revisited“ auf die gravierenden – teilweise versteckten – Kosten von Inflation systematisch hingewiesen zu haben.

      Die neoklassische Standardbetrachtung hebt hervor, dass Inflation den Wert des Geldes mindert und wie eine Steuer wirkt. Hinzu kommen sogenannte „Schuhlederkosten“, bedingt durch die Notwendigkeit, häufiger zur Bank gehen zu müssen, um Geld abzuheben. Inflation verteilt anerkanntermaßen zudem den Wohlstand von Gläubigern zu Schuldnern um, was eine Verringerung oder gar Verweigerung der Kreditvergabe zur Folge haben kann. Schließlich bindet Inflation zusätzliche Ressourcen durch häufige Preiswechsel (sogenannte „Menükartenkosten“).

      Während diese Kosten allesamt auf Änderungen des Preisniveaus insgesamt beschränkt sind, verweist Horwitz auf die inflationsbedingten, mit relativen Preisänderungen einhergehenden Kosten. Im Mittelpunkt stehen die Fehlallokation von Ressourcen und damit ein beträchtlicher Wohlfahrtsverlust. Inflation verzerrt das Preisgefüge im Verhältnis zu den Wünschen und Bedürfnissen der Marktteilnehmer und führt zu Fehlinterpretationen, zumal zunächst unklar ist, ob die Preisänderungen permanenter oder kurzfristiger Natur sind und welcher Anteil der Änderung inflationsbedingt ist. Hinzu kommt, dass Inflation nicht über Nacht alle Preise steigen lässt – als hätte man Geld über das ganze Land mit dem Helikopter verstreut.

      Tatsächlich trennt Inflation Preise von den ihnen zugrunde liegenden Einflussfaktoren wie Geschmack, Technologie und Ressourcen. Inflation stört die ex-ante-, ex-post- und Entdeckungsfunktion der Preise. Sie werden weniger verlässlich, gerade als Indikatoren für vergangene und zukünftige Handlungen. Damit zersetzt Inflation die monetäre Kalkulation – das Herzstück der Marktwirtschaft – als Voraussetzung unternehmerischer Aktivitäten und Entdeckungen.

      Damit sind aber immer noch nicht alle Kosten benannt. Hinzu kommt ein anderer Gütereinsatz von End- und Vorprodukten als ohne Inflation. Unternehmer werden zu Aktivitäten verleitet, die nur durch Inflation rentabel erscheinen, sprich: zur (risikoreichen) Spekulation, etwa im Immobilienmarkt. Kapital und Arbeit können aber nicht einfach über Nacht in neue Verwendungen transferiert werden, da beide verwendungsspezifische Merkmale besitzen. Kapital ist nicht einfach „K“ wie in keynesianischen Modellen, sondern branchen- und projektgebundenes, spezifisches Kapital. Hinzu kommen Kosten für Schutzmaßnahmen gegen Inflation, darunter Ausgaben für Berater und die Sicherung des Vermögens.

      Schließlich wird es zunehmend attraktiver, anstelle des steinigen Weges auf dem Markt, den billigeren politischen Weg zu Erreichung persönlicher Ziele zu benutzen. Das aber führt zu einem kumulativen Interventionismus mit immer mehr Eingriffen in den Markt und extremen Konjunkturzyklen wie der aktuellen Weltwirtschaftskrise.

      Die Ursache von Inflation ist die Ausweitung der Geld- und Kreditmenge. Die Heilung besteht darin, die Ausweitung der Geld- und Kreditmenge zu stoppen. Auch wenn es so einfach ist, werden wir sogar an den offiziellen Konsumentenpreisindices sehen, wie schwer es Politikern und Zentralbanken fällt, dieser Erkenntnis auch die notwendigen Taten folgen zu lassen.

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      7 Erstmals erschienen am 4. 3. 2010.

      Inflation trifft die (kleinen) Verbraucher besonders hart8

      Wider alle Erfahrung gilt Inflation manchen Menschen immer noch als probates Mittel, der Staatsverschuldung Herr zu werden und einen Ausweg aus der selbst gestellten Schuldenfalle zu beschreiten. „Mich trifft es ja nicht“, lautet die Parole. Leider beruht diese Vorstellung auf Unwissen. Inflationsapologeten sei zugerufen: „Schießt nicht ins eigene Knie und schon gar nicht in das Eurer Nachbarn!“

      Inflation ist die Ausweitung der Geldmenge. Dieses monetäre Phänomen wird heute vielfach mit der Teuerung (auch Preisinflation) verwechselt, also mit Preissteigerungen auf breiter Front, die aber erst Folge einer notwendigerweise vorangegangenen Geldmengenerhöhung sein können. Im Fall einer festen Geldmenge können Preise nur dann steigen, wenn andere fallen.

      Von herausragender Bedeutung sind die nach einer Geldmengenausweitung ablaufenden Prozesse: Wird die Geldmenge ausgeweitet, steigen die Güterpreise nämlich nicht auf einen Schlag. Nach einer Verdoppelung der Geldmenge über Nacht wachen wir am Morgen nicht auf und haben alle am doppelt so viel Geld wie am Abend zuvor im Portemonnaie und auf unserem Konto. Und auch die Güterpreise verdoppeln sich nicht gleichmäßig. Zunächst steigen nämlich die Preise in den Branchen, in denen das zusätzliche Geld zuerst ankommt und zum Kaufen verwendet wird.

      Bereits der irische Bankier Richard Cantillon (1680 – 1734) erkannte die bedeutsame Wirkung der Geldmengenausweitung. Das Ausweiten der Geldmenge trifft tatsächlich verschiedene Menschen in sehr unterschiedlichem Maße (Cantillon-Effekt).

      Demnach können Finanzinstitute und alle anderen, die das neu geschaffene Geld zuerst in die Hände bekommen, mit dem frischen Geld arbeiten und zu unveränderten Preisen kaufen. Sie sind die Gewinner. Als Profiteure des Systems werden sie