Spieltraditionen, Personalstile und Signature-Licks der Rock and Roll-Gitarre. Dennis Schütze. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dennis Schütze
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783862870448
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      Die labelübergreifende Kompilierung von Tonträgerveröffentlichungen mit dem Anspruch der repräsentativen Darstellung einer abgeschlossenen Stilepoche begann Anfang der 1990er Jahre. Ähnlich wie bei der bereits vorgestellten Kategorie der Notenausgaben lässt sich ein merkliches Interesse an musikalischen Epochenüberblicken auf Seiten der Konsumenten vor dieser Zeit nicht aus entsprechenden kommerziellen Angeboten im Tonträgermarkt ableiten. Eventuell wurde dieses Interesse allerdings im privaten Rahmen mit selbst zusammengestellten Kompilationen in Form der damals verbreiteten Mix-Tapes (Songzusammenstellungen für den eigenen Gebrauch aufgenommen auf Leer-Kompaktkassetten) gedeckt. Das Tonträgergeschäft war bis Mitte der 1980er in erster Linie bestimmt vom Handel mit der jeweilig aktuellen Musik. Das änderte sich mit der Einführung der Compact Disk (CD) im Jahr 1983. Auf dem digitalen Tonträger wurden damals als klassisch empfundene musikalische Albumeinspielungen im neuen Format wiederveröffentlicht. Für den einzelnen Konsumenten bedeutende Alben älteren Datums wurden nach dem Formatwechsel in erstaunlich hoher Stückzahl zum zweiten Mal erworben. Abgesehen von der Art der Verpackung erschienen die Wiederveröffentlichungen der Albumveröffentlichungen der 1960er, 1970er und frühen 1980er Jahre formal meist unverändert, das heißt Coverdesign, Musiktitel, Reihenfolge, Klappentexte usw. wurden meist direkt von der Vorlage übernommen. Bei der Musik der 1950er Jahre verhält es sich dagegen anders, weil das vorherrschende Tonträgerformat nicht das Album, sondern die Single war. Da sich die CD-Single als Format nie richtig durchsetzt und die Lauflänge einer konventionellen CD (80 Min.) geradezu zu archivarisch angelegten Zusammenstellungen einlädt, wird ab Ende der 1980er Jahre besonders die Musik der 1950er Jahre mehr und mehr in thematisch geordneten Kompilationen veröffentlicht. Sie lassen sich unter anderem unterteilen in wertend angelegte Veröffentlichungen („Greatest hits“, „Best of“, „Essential“ usw.), umfassende Künstlerportraits („The complete“, „Early Years“) und Epochen- oder Labelüberblicke („The Swing Era“, „Best of Blues“, „Atlantic Box“).

      Um der quantitativen Ballung solcher stilistisch-musikalischer Retrospektiven ab ca. 1990 etwas entgegenzusetzen, wurden der vorliegenden Kategorie jeweils aus den 1960ern und den 1970ern eine Liste aus Quellen hinzugefügt, die einer kurzen Erläuterung bedürfen.

      Das Doppelalbum „The Beatles live at the BBC“ mit Radioaufnahmen aus den Jahren 1963/64 erscheint im Jahr 1994 und ermöglicht nachträglich einen guten Einblick in das gängige Repertoire der jungen und stark vom amerikanischen Rock and Roll beeinflussten britischen Band. Besonders interessant sind hierbei die nachgespielten Titel der amerikanischen Vorbilder, deren Songs/Einspielungen von den jungen Beatles offensichtlich als so herausragend empfunden wurden, dass sie von ihnen nicht nur live nachgespielt wurden und bei Radioeinspielungen Verwendung fanden, sondern zu Beginn ihrer Karriere zum Teil auf regulären Studioalben erscheinen (z.B. „Roll over Beethoven“, „Words of Love“, Honey don’t“, „Dizzy Miss Lizzy“).

      „American Graffiti“ (Lucas 1973) gilt als bedeutender amerikanischer Film, der die Rock and Roll-Kultur der 1950er Jahre im Rückblick nostalgisch verklärt und die Bilder mit einem bis heute bemerkenswerten Soundtrack, bestehend aus Originaleinspielungen der Ära unterlegt. (Gillett 1995, xii) Man kann davon ausgehen, dass die auf diesem Doppelalbum befindlichen Musiktitel von den Filmproduzenten ausgewählt wurden, weil sie in den 1970er Jahren als besonders typisch bzw. prägend für die Ära des Rock and Roll empfunden wurden.

      Mit pro Liste durchschnittlich 251 Songnennungen kann diese Kategorie als besonders breit angelegt, aus gitarristischer Sicht zum Teil als fachspezifisch relevant („guitar“, „instrumental“) angesehen werden. Die meisten der in dieser Kategorie befindlichen Listen haben den selbst gesetzten Anspruch, im weitesten Sinne klassische („classic“, „golden“, „greatest“, „legends“) musikalische Äußerungen einer relativ präzise eingegrenzten Ära („1950’s“, „50s“, „fifties“, „Rock’n’Roll“) zu kompilieren.

      Abschließend noch einige Worte zu der unter 2.1.1. erwähnten „kritischen Schwelle“ und dem damit verbundenen „Wunsch nach Fixierung und Weitergabe“ (Assmann 1997). Eine solche Schwelle müsste ca. 40 Jahre nach dem eigentlichen Ereignis, im vorliegenden Fall also rechnerisch um das Jahr 2000 zu beobachten sein. Wenn wir die Erscheinungsdaten der Quellen in den einzelnen Kategorien näher betrachten, so sind in der Kategorie a.) Hörempfehlungen/Auswahldiskographien keine besonderen quantitativen Verdichtungen zu erkennen. Anders verhält es sich in den anderen drei Kategorien b.) Populäre Bestenlisten, c.) Kompilierte Notenausgaben und d.) Kompilierte Tonträger.

      In Kategorie b.) sind immerhin sieben der zehn Quellen in dem Zeitraum zwischen dem Jahr 1998 bis 2009 entstanden. Die tendenzielle zeitliche Verschiebung der Schwelle bis zu ca. 10 Jahren könnte damit zusammenhängen, dass einige der betroffenen Listen nicht präzise die Ära des Rock and Roll umfassen, sondern auch die 1960er Jahre und nachfolgende Jahrzehnte („of all time“) in ihre Betrachtung mit einbeziehen und sich die Schwelle dadurch entsprechend nach hinten verschiebt.

      In Kategorie c.) sind acht der zehn Quellen im Zeitraum von 1999 bis 2005 entstanden.

      Die theoretische errechnete Schwelle (um das Jahr 2000) wird hier relativ präzise abgebildet. Ein Erklärung könnte sein, dass in dieser Kategorie der zeitliche Rahmen für die in den Listen befindlichen Musiktitel in der thematischen Vorgabe am präzisesten gefasst war („Rock and Roll“, „1950s“, „50s“).

      In Kategorie d.) sind sechs der zehn Quellen in den Jahren 1990 bis 1997 entstanden.

      Diese quantitative Verdichtung deckt sich nicht mit dem nach der Schwellentheorie zu erwartenden Wert. Das besonders große Angebot kompilierter Tonträger in diesem Zeitraum könnte mit der unter 2.2.4 erwähnten besonderen Situation in Folge des Formatwechsels von Vinyl-Schallplatte auf CD und den veränderten Vermarktungsstrategien der Tonträgerindustrie zusammenhängen. Die in den frühen 1990er Jahren auf den Markt gebrachten Kompilationen wurden in den darauffolgenden Jahren von den Plattenfirmen weiter im Programm behalten und sind zum Teil noch heute erhältlich. So gab es zum Zeitpunkt der errechneten Schwelle auch keinen Grund, die bereits vorhandenen Kompilationen durch neue zu ersetzen und somit auch keinen belegbaren Anstieg an Tonträgerkompilationen zum Thema. Er wäre interessant zu wissen, ob es um das Jahr 2000 einen messbaren Absatzanstieg der betreffenden Kompilationen gegeben hat, der ein steigendes Interesse von Seiten der Konsumenten belegen könnte. Entsprechende Zahlen stehen jedoch leider nicht zur Verfügung.

      Die 40 verschiedenen Listen aus den unter 2.2 angegebenen und kommentierten Quellen wurden im nächsten Arbeitsschritt als einzelne Text-Dokumente angelegt und in vier verschiedenen, den Kategorien entsprechenden Ordnern, gesichert. Die so entstandene digitale Datensammlung wurde mit der Apple-internen Suchfunktion Spotlight (ab Mac OS X Version 10.4) ausgewertet, die eine nutzerdefinierte Suche nach Stichwörtern inklusive booleschen Operationen (sogenannte Und-, Oder- und Nicht-Suchen) ermöglicht. Ausgehend von den 40 Listen der Datensammlung wurde mit Hilfe dieser speziellen Suchfunktion folgenden Fragestellungen nachgegangen.

      - Welches sind die meistgenannten Interpreten der 40 Listen?

      - Welches sind die meistgenannten gitarren-relevanten Interpreten der 40 Listen?

      - Welches sind die meistgenannten gitarren-relevanten Songtitel der 40 Listen?

      Die Ergebnisse der jeweiligen Suchen werden im Folgenden vorgestellt und kommentiert.

InterpretAnzahl der Nennungen (von 40)
01Chuck Berry31
02Bill Haley & His Comets30
03Elvis Presley29
04Buddy Holly28
05Little Richard25
06Gene Vincent & the Bluecaps25
07Carl Perkins23
08Bo Diddley23
09Eddie Cochran22
10The Everly Brothers22
11Jerry

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