Auguste Viktoria. Randy Fink. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Randy Fink
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783843806954
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desselben mit Deutschland zu erstreben. […] Das Land gehört aber jetzt völkerrechtlich anerkannt und in fester Verbindung zum deutschen Reiche, und die Macht seiner Majestät des Kaisers und Königs sichert diese Zusammengehörigkeit. Was ich darüber hinaus erstrebte, habe ich immer dem nationalen Gedanken untergeordnet. Umso weniger würde ich in Zukunft, wo uns, wie wir hoffen, noch ein innigeres Familienband als bisher verknüpfen wird, es vor meinem Gewissen rechtfertigen können, das damals nicht Erreichte unter Gefährdung des Wohles und der Ruhe Preußens und des Deutschen Reiches und in Gegnerschaft zu demselben zu erstreben.26

      Niemand konnte ahnen, dass sich diese Kontroverse am 14. Januar 1880 erübrigen sollte, als Friedrich VIII. in Wiesbaden plötzlich verstarb und am 22. Januar 1880 in Primkenau beerdigt wurde. Sein 16-jähriger Sohn Ernst Günther, nun das Oberhaupt der Familie, verzichtete sofort auf seine Erbansprüche und erhielt als Gegenleistung die Schlösser Augustenburg und Gravenstein. Der Kronprinz behielt seine Heiratsabsichten trotz der Umstände weiterhin im Auge und schrieb in seinem Beileidsbrief an die Herzoginwitwe, »daß wir im Sinne des Verklärten handeln«, wenn die »Frage, welche die Entscheidung über das Wohl und die Zukunft unserer Kinder bedeutet, selbst angesichts Deiner tiefen Trauer« weiterverfolgt werde.27

      Die Hartnäckigkeit, mit der das Kronprinzenpaar an der Vereinigung ihres Sohnes mit Dona festhielt, erklärt sich anhand familiärer Zwistigkeiten am kaiserlichen Hof. Die für Preußen übliche Spannung zwischen Vater und Sohn existierte auch zwischen Kronprinz Friedrich Wilhelm und Prinz Wilhelm, der sich der elterlichen Hörigkeit komplett entzog. Seine militärisch-konservative Ader entsprach wesentlich mehr dem Gemüt des alten Kaisers als dem seines Vaters und schon gar nicht seiner liberalen Mutter, welche die Nähe ihres Sprösslings zu seinem Großvater und seiner Großmutter mit Argwohn betrachtete. Ihre Hoffnung, den Prinzen im liberalen Sinne zu erziehen, war gescheitert und die Hochzeit mit der folgsamen Auguste Viktoria sollte ihr die Möglichkeit geben, Einfluss über ihren Sohn zu erlangen.28

      Nachdem Friedrich VIII. gestorben war, beriet sich Wilhelm I. mit dem preußischen Staatsminister über eine mögliche Hochzeit seines Enkels Prinz Wilhelm, der er schließlich am 28. Januar 1880 zustimmte. Da die Etikette eine solch rasche Verlobung nach dem Tod des Brautvaters nicht erlaubt hätte, hielt Wilhelm im Geheimen am 14. Februar im Holsteinischen Palais in Gotha um die Hand Auguste Viktorias an.29

      Trotz der Geheimhaltung berichtete im März die Neue Preußische Zeitung von einer Verlobung des Prinzen, allerdings mit Auguste Viktorias Schwester Karoline Mathilde, was der Kronprinz als »Frechheit« bezeichnete und als »doppelt peinlich für unsere beiden Häuser« empfand. Die »Taktlosigkeit«30 der Presse verbreitete sich im Laufe der Tage durch mehrere Gazetten, wobei das Verhalten von Wilhelm wenig hilfreich war. So verließ er am 22. März nicht nur die Stadt Berlin in Richtung England, um mit seiner Verlobten Ostern zu feiern, sondern fädelte während ihrer gemeinsamen Rückreise auch einen Besuch der noch geheimen Verlobten in Berlin ein. Dieser gelang, weil Auguste Viktoria und Karoline Mathilde bei Wilhelms Schwester übernachteten. Klatschmaterial lieferte der Prinz schließlich vollends selbst, als er mit Dona allein eine Spazierfahrt durch Berlin machte, was vom Kaiserhaus gerügt wurde.

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      Prinzessin Auguste Viktoria vor ihrer Verlobung. Zu der Zeit hieß sie noch Augusta Victoria, sie änderte ihren Namen offiziell ein Jahr nach ihrem Regierungsantritt.

      Das offene Geheimnis führte zunehmend zu Kritik an Auguste Viktoria. Große Teile der Hofgesellschaft hielten sie für eine schlechte Partie und störten sich an der Tatsache, dass ihre Tante mit einem bürgerlichen Doktor verheiratet war. Noch dazu war Dona drei Monate älter als Wilhelm. Dessen Schwester Charlotte fand Auguste Viktoria und ihr schlichtes Wesen im Vergleich zu Karoline Mathilde wenig anziehend und behandelte sie mit zunehmender Kühle. Prinz Carl, der Bruder des Kaisers, fand sie nicht standesgemäß und hielt ihren Vater für einen Parvenü. Probleme machten auch der Titel und die Anrede Auguste Viktorias. Kaiser, Hofmitarbeiter und Beamte fragten, ob die Braut Prinzessin zu oder von Schleswig-Holstein sei oder vielleicht doch lieber von oder zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg. Ebenso diskutierte man, ob sie nun als Hoheit oder Durchlaucht angesprochen werden sollte, wobei man sich hier auf ersteres einigte.31

      Nach Ablauf der Trauerzeit ließ Wilhelm I. am 2. Juni 1880 im Schloss Babelsberg offiziell den Minister des königlichen Hauses verlesen, dass im »Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs […] soeben die Verlobung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm mit Ihrer Hoheit der Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg in Gegenwart der Mitglieder der Königlich-preußischen Familie und des Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburgischen Hauses stattgefunden hat«. Beim anschließenden Abendessen saß Auguste Viktoria, in einem weißen Seidenkleid mit Maiglöckchen auf ihrer verschleierten Kopfbedeckung, plaudernd neben dem Kaiser, der einen zunehmend positiven Eindruck von ihr gewann. An seine Schwester Alexandrine schrieb er:

      Nach dem Vorhergegangenen bin ich nicht bezahlt, für sie eingenommen zu sein. Daher freut es mich, sagen zu müssen, daß sie nach allen Richtungen meine Erwartungen übertrifft; sie ist embelliert seit vorigem Jahr und würde in der Gesellschaft als eine sehr hübsche Erscheinung auffallen; schlank, blond, sehr angenehmer Ausdruck, natürlich und doch würdige Haltung ohne Steifheit, freundlich gegen jedermann.32

      Auguste Viktoria und Karoline Mathilde blieben noch einige Tage im Neuen Palais im Park Sanssouci, bevor sie nach Primkenau zurückkehrten, um von dort erneut nach Cumberland Lodge zu reisen. Die Briefe, die Auguste Viktoria dort ihrem Verlobten schrieb, waren ebenso abhängig wie exzessiv rührselig und teils naiv:

      Mein Herzens Schatz!

      So vielen Dank für das Telegramm welches ich diesen Nachmittag von Dir erhielt. Gott Lob daß es dir wirklich besser geht. Ich kann Dir nicht sagen, wie ich mich freue lieber Herzens Schatz. Könnte ich doch bei Dir sein, gewiß sorgen Alle gut für Dich, aber ich könnte fast eifersüchtig auf sie werden, da ich diese Sorgen nur zu gerne übernehmen würde. Ich drücke einen innigen Kuß in Gedanken auf Deinen lieben Mund u. Deine lieben Augen, derselbe sei der Ausdruck meiner Gefühle. Bitte versprich mir etwas vorsichtiger zu sein u. das Reiten nicht zu früh wieder anzufangen. Wir haben in diesen Tagen fortwährend ängstige Nachrichten, gestern von Dir, und heute von Ernst Günther aus Dresden, derselbe liegt an einer Magenverstimmung zu Bett, mit Fieber, doch geht es ihm Gott Lob heute etwas besser. Mama war natürlich auch gleich ängstlich. – Das Resultat der gestrigen Hühnerjagd waren 50 Hühner, d. arme Issendorff [Hofchef der Schleswig-Holsteiner] ist gar nicht zu Schuß gekommen. – Seit 2 Tagen läuft hier ein Photograph herum, um die verschiedenen Ansichten des Hauses u. Parks aufzunehmen, Issendorffs meinen, ich sollte mich für Dich im Reitkleid photographiren lassen, doch glaube ich, würde Dir das doch kein großes Vergnügen bereiten. Mama läßt Dir sagen, wie sehr sie sich über Deine Besserung freue.

      Mit 1000000 Küssen stets Deine Dich v. ganzem Herzen liebende Dona33

      Die Hochzeit des zukünftigen Kaisers war angesetzt für Sonntag, den 27. Februar 1881. Am Freitag zuvor ging es nach einem Abschiedsgottesdienst, bei dem auf Wunsch der Braut das Lied Jesu geh’ voran auf der Lebensbahn gesungen wurde, mit dem Zug von Niederschlesien Richtung Berlin. In ihrer Begleitung waren ihr Onkel Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg und Hofchef Baron Issendorf. Weibliche Verwandte waren laut Hofetikette bei dieser Reise nicht erlaubt. In Sagan/Żagań schlossen sich zwei von Auguste Viktorias neuen Hofdamen der Entourage an: Gräfin Mathilde Keller und Gräfin Brockdorff. Nach einem Stopp in Frankfurt (Oder) fuhr der Zug verspätet weiter Richtung Berlin, was dazu führte, dass Kronprinz Friedrich Wilhelm und sein Sohn auf dem Bahnsteig warten mussten, um sofort nach Ankunft Donas ins Schloss Bellevue zu fahren.

      Die traditionelle Einholung der Braut nach Berlin am 26. Februar hatte für die Berliner den Charakter eines Stadtfestes. Allein mehrere zehntausend Soldaten waren nur für Absperrungen entlang der Strecke aufgestellt, damit die Kutsche mit der Braut ohne Vorkommnisse von Bellevue durch den Tiergarten und das Brandenburger Tor auf den Pariser Platz fahren konnte. Nicht nur die Straßen, auch