Auguste Viktoria. Randy Fink. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Randy Fink
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783843806954
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in das von Österreich verwaltete Holstein einmarschierten, entzündete sich aus dem Konflikt der Deutsche Krieg, der nach nur sieben Wochen in der Schlacht von Königgrätz zugunsten der Preußen entschieden wurde. Die beim Prager Frieden vom 23. August 1866 beschlossenen Veränderungen waren massiv. Der Auflösung des Deutschen Bundes folgte die Gründung des von Preußen dominierten Norddeutschen Bundes mit 22 Mitgliedstaaten, aus dem im Folgenden das Deutsche Reich hervorging.

      Dabei war der Norddeutsche Bund nur eine Zwischenlösung auf dem Weg zur Formierung eines deutschen Gesamtstaates im Sinne einer kleindeutschen Lösung. Preußens Machterweiterung und der Ausschluss Österreichs wurden durch den Deutsch-Dänischen-Krieg und den Deutschen Krieg essenziell vorangetrieben. Die Lunte zur nationalen Geschlossenheit und dem Anschluss der süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt an den Norddeutschen Bund legte 1870 eine diplomatische Krise um den spanischen Thron. Dieser wurde dem Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen angetragen, was in Frankreich zur Befürchtung führte, man wäre bald von Hohenzollern in Preußen und Spanien eingekreist. Zwar zog Prinz Leopold seine Kandidatur zurück, doch wollte der preußische König Wilhelm I. bei einem Gespräch mit dem französischen Diplomaten de Benedetti in Bad Ems von einem endgültigen Verzicht eines Hohenzollern auf den spanischen Thron nichts wissen. Das Gespräch wurde von einem Mitarbeiter des norddeutschen Kanzlers und preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck an eben diesen telegrafiert. Der Kanzler kürzte die Nachricht seines Mitarbeiters so, dass die Veröffentlichung dieser Emser Depesche in Deutschland als auch in Frankreich für Empörung sorgte. Für die Franzosen war die – laut gekürzter Depesche und einem Übersetzungsfehler der französischen Presse – brüske Ablehnung ihres Diplomaten durch den preußischen König ein Affront und bedrängte den Nationalstolz. Frankreich erklärte dem Norddeutschen Bund am 19. Juli 1870 den Krieg, was exakt der Funke war, der die Zündschnur zur Deutschen Reichsgründung entfachte. Nachdem sich die vier süddeutschen Staaten auf der Seite ihrer norddeutschen Nachbarn in den Krieg einschalteten und die deutschen Truppen ab September 1870 Paris belagerten, waren Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt bereit, sich dem Norddeutschen Bund anzuschließen. Am 10. Dezember stimmte der norddeutsche Reichstag zu, dem preußischen König die Kaiserkrone anzutragen und die Verfassung des Deutschen Kaiserreiches ab dem 1. Januar 1871 in Kraft treten zu lassen. Noch während der Belagerung von Paris wurde am 18. Januar im Spiegelsaal von Versailles der preußische König Wilhelm I. in einer Proklamation zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Zehn Tage später endeten die Kriegshandlungen, während der Friedensschluss formal am 10. Mai 1871 im Vertrag von Frankfurt unterzeichnet wurde.18

      Die Anwesenheit Friedrichs VIII. von Schleswig-Holstein bei der Proklamation des deutschen Kaisers in Versailles und bei der Siegesparade in Berlin war nur ein kurzer Glanzmoment im Leben des Herzogs, der sich anschließend nach Primkenau zurückzog. Das neugotische Schloss seines verstorbenen Vaters bot seiner Familie genügend Annehmlichkeiten. Der weitläufige Park mit seinen Teichen und der Roseninsel boten, abgesehen von den im Park herumlaufenden Pfauen, die gerne die Besucher anbrüllten, eine idyllische Umgebung für die Familie. Die Hofhaltung in Primkenau war gänzlich glanzlos, ohne Zeremoniell und spiegelte sich in der bieder-gemütlichen Einrichtung wieder. Zwar gab es Personal, allen voran den Chef der Hausverwaltung und die respektierte alte Hofdame Fräulein von Krogh, dennoch war Friedrich VIII. der Mittelpunkt seiner Familie. Er überwachte die Ausbildung seiner Kinder und führte ab 1870 einen mit den eingestellten Lehrern und Erziehern vorher abgesprochenen Unterricht ein. Für Dona bedeutete dies die Erziehung zur künftigen Ehefrau mit zeitgemäßer und provinzieller Wertevermittlung von Repräsentation, Häuslichkeit und Konversation. Daneben lernte sie Englisch, Französisch, Literatur und Geschichte, später noch Schwedisch und Dänisch. Auf die Rolle der Frau eines hohen Würdenträgers wurde sie allerdings nicht vorbereitet. Daher ist der Ausspruch Wilhelms II. über seine Frau rückblickend nicht verwunderlich: »Man merkt ihr immer wieder an, […] daß sie nicht in Windsor aufgewachsen ist, sondern in Primkenau.«19 Eine galante und weltoffene Frau im Sinne des Hochadels wurde Auguste Viktoria nie. Stattdessen war Patriotismus für ihren Vater unabdingbar, was sich in Donas Nationalstolz zeigte. Als seine beiden ältesten Töchter zu seiner Schwester Karoline Amalie nach Südfrankreich fuhren, instruierte Friedrich VIII. seine Schwester, sie sollte auf keinen Fall mit seinen Töchtern über Politik reden »und immer im Auge behalten, daß sie Deutsche seien«20.

      Der durchgetaktete Tagesablauf in Primkenau begann um 8 Uhr mit einem Morgenkaffee und einem Spaziergang, gefolgt vom Unterrichtsbeginn um 9.30 Uhr. Friedrich und Adelheid nahmen vereinzelt am Unterricht teil, wobei die Herzogin besonders dem Religionsunterricht beiwohnte, was Auguste Viktoria später bei ihren eigenen Kindern ebenfalls tat. Nach einer Frühstückspause um 13 Uhr ging der Unterricht weiter, bis der Tag mit einem Spaziergang und dem anschließenden Abendessen um 18 Uhr beendet wurde. Sofern das Wetter es zuließ, spielten die Kinder im Garten, wobei Auguste Viktoria einmal dem Präsidenten der Generalkommission von Schlesien einen Ball auf seinen Kaffeeteller schoss, als sie damit in der Nähe spielte. Jahrzehnte später traf sie dann als Kaiserin auf den Enkel besagten Gastes und erzählte ihm die Geschichte.21

      Ausfahrten mit dem Kahn oder der Kutsche brachten ebenso Abwechslung in den Alltag wie Reisen zu Verwandten oder Aufenthalte in Gotha. Im Frühjahr 1868 traf die herzogliche Familie in Rheinsberg auf das preußische Kronprinzenpaar Friedrich Wilhelm und Victoria und deren Kinder. Augustenburger und Hohenzollern trafen sich in den 1870er-Jahren vermehrt, aber weder der junge Prinz Wilhelm, noch Auguste Viktoria schienen sich anfangs füreinander zu interessieren. Stattdessen warf die Prinzessin ein Auge auf Ernst von Sachsen-Meiningen. Wilhelm seinerseits verguckte sich in Ella, die Tochter seiner englischen Tante Alice. Auf Drängen des Kronprinzenpaares wurde der Kontakt zwischen ihrem Sohn und der ältesten Augustenburger Tochter forciert, sodass der 20-jährige Wilhelm nach einem Jagdausflug im April 1879 in Primkenau in überschwänglicher Manier an Friedrich VIII. schrieb:

      Deine von mir so innig verehrte Tochter Dona, in ihrem ganzen Wesen und ihrer ganzen Erscheinung mich so entzückt und hingerissen hat, daß mein Entschluß, alles daranzusetzen um sie mir zu erkämpfen sofort klar und fest war. Ich kann Dir gar nicht beschreiben wie lieb sie mir in den letzten Tagen geworden ist, und schwer ward es mir als ich von ihr Abschied nehmen mußte, ihr nur die Hand drücken zu dürfen.22

      Auguste Viktoria war nach den zahlreichen Begegnungen so vernarrt in »ihren« Wilhelm, dass sie sein Foto unter ihr Kissen legte. An eine Verlobung war zunächst nicht zu denken, denn die unscheinbare und schüchterne Dona wurde weder von Otto von Bismarck, der Friedrich VIII. und seine Tochter nicht mochte, noch von Wilhelm I., ohne dessen Zustimmung eine Hochzeit nicht stattfinden konnte, als ideale Partie angesehen. Für den Kaiser war die Tochter des holsteinischen Herzogpaares nicht bedeutend genug, um die Frau des künftigen Deutschen Kaisers zu werden. Gleichzeitig hielt er die Einfädlung dieser Beziehung für eine Intrige seiner ungeliebten Schwiegertochter, der Kronprinzessin Victoria. Neben der »Stellung und des Ranges der Augustenburgischen Familie im Allgemeinen« hielt man die umstrittene Stellung des Herzogs nach seiner Ausrufung und seinem Exil für einen Grund, dass »der Eindruck der beabsichtigten Vermählung im Lande ein befriedigender nicht überall sein wird«.23

      Diesen Eindruck versuchten der Kronprinz und der Herzog zu verbessern, indem Auguste Viktoria und ihre Schwester Karoline Mathilde im Juli 1879 nach Bad Ems geschickt wurden, wo Wilhelm I. und Augusta zur Kur weilten. Während Auguste Viktoria bei der Kaiserin »einen außerordentlich guten angenehmen Eindruck« gemacht hatte, war der Kaiser immer noch wenig angetan: »Wir haben gewisse junge Damen gesehen und sie sehr nett gefunden, doch fände ich die 2. [Karoline Mathilde] fast hübscher. Von inneren Eigenschaften kann man bei solchen Entrevuen natürlich nichts errathen.«24 Um eine mögliche Hochzeit voranzubringen, übte sich der Kronprinz in zunehmender Lobpreisung der Prinzessin, deren »lieblicher Ausdruck […] nach meinem Geschmack die Schwester verdrängt« und deren »Gang u. Haltung […] vornehm u. graziös« sind, sodass ihr sympathisches Auftreten »bald Propaganda machen wird«25. Gleichzeitig plante Friedrich VIII. den Verzicht auf seine umstrittenen Ansprüche auf Schleswig und Holstein und schrieb an den Kronprinzen:

      Würde Schleswig-Holstein wie vor 16 Jahren unter fremder Herrschaft stehen und nicht im Laufe der Ereignisse an Preußen