Heimat-Heidi Staffel 4 – Heimatroman. Stefanie Valentin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Valentin
Издательство: Bookwire
Серия: Heimat-Heidi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980597
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verstrickt und je mehr das wurde, desto aggressiver wurde ich.«

      Rainer lächelte. »Damit hatte ich die meisten Probleme.«

      Biggi sah ihn um Verzeihung bittend an. »Ich hab’s gemerkt und trotzdem weitergemacht.«

      »Laß uns aufhören«, schlug Rainer vor, »das bringt nichts. Laß uns darüber reden, wie wir am besten auseinanderkommen.«

      »Das ist das Gescheiteste«, sagte Biggi. »Jetzt kann jeder noch mal von vorn beginnen.« Dann lächelte sie. »Wobei mir scheint, daß du schon weißt, wohin es dich zieht, oder?«

      Rainer zog die Augenbrauen hoch. »Was meinst du konkret damit?«

      »Frag lieber wen«, erwiderte Biggi. »Ich meine dieses Mädchen vom Lohhof. Die ist derart attraktiv, daß es verboten sein müßte, so gut auszusehen.«

      Rainer runzelte die Stirn. »Da bist du ein wenig voreilig.«

      »Voreilig? Wie meinst du das?«

      »Mizzi hat mir, bevor ich auch nur kleinste Anstalten in ihre Richtung machte, bereits einen Korb gegeben.« Rainer lächelte unglücklich. »Wie du siehst, ist es also nichts mit dem raschen neuen Glück bei mir.«

      Danach überquerten sie das Autobahnkreuz Ulm, und als sie in Stuttgart ankamen, brachte Biggi Rainer zuerst zu seiner Wohnung und fragte, wann er seine Sachen abhole?

      »In den nächsten Tagen«, antwortete er.

      »Ich komm’ auch in den nächsten Tagen vorbei«, erwiderte Biggi, »und hol’ meine. Gar so viel ist’s ja nicht.«

      Rainer nickte. Bevor er ausstieg, zögerte er. Biggi lachte, beugte sich vor und küßte ihn auf die Wange.

      »Also soviel ist wohl noch drin«, sagte sie. »Und noch was…!«

      »Ja?«

      »Daß Mizzi dir so früh abgesagt hat, heißt nicht, daß sie nichts von dir wissen will.«

      »Aha, und wieso nicht?«

      »Sie hat wohl gespürt, daß sich in ihrem Leben was verändern wird«, antwortete Biggi. »Und davor hat sie sich gefürchtet und versucht, dich aus ihrem Leben zu nehmen. Das wäre die einfachste Art, wenn es denn funktionieren würde.«

      Rainer stand da und es sah aus, als habe er nicht verstanden.

      »Was wolltest du mir damit sagen?« fragte er dann auch prompt.

      »Daß Mizzi in dich verliebt ist«, antwortete Biggi, »da wett’ ich was.«

      Rainer schüttelte den Kopf

      und stieg endgültig aus. »Theoretisch warst du schon immer schwach. Was du da gesagt

      hast, glaubst du doch selbst nicht.«

      »Und ob ich es glaube«, erwiderte Biggi, »und es wäre klug von dir, wenn du es auch tun würdest.« Gleich darauf fuhr sie davon.

      *

      Sebastian hatte in der vergangenen Nacht jede Menge Skizzen angefertigt. Bis in die frühen Morgenstunden hatte er gearbeitet, der Boden seines Dachstudios lag voller Skizzenblätter.

      Auf manchen waren nur wenige Striche, einige zeigten die Umrisse eines Gesichtes, andere waren noch konkreter, und drei Blätter hatte er jetzt auf dem Schreibtisch vor sich liegen.

      Es dauerte einen Moment, dann legte er zwei beiseite, nahm das dritte Blatt und ging damit zu einer Lampe, schaltete sie ein, sah sich die Zeichnung genau an, dann schaltete er die Lampe

      wieder aus und ging zurück zum Skizzentisch, der so stand, daß er möglichst viel Tageslicht mitbekam.

      Ein Lächeln umspielte Sebastians Mundwinkel, als er die Zeichnung noch mal eine Weile angesehen hatte, schließlich atmete er tief durch.

      Dann ging er nach unten, wo ihn seine Mutter erschrocken ansah.

      »Bist du schon oder noch auf?« fragte sie.

      »Noch«, antwortete Sebastian. Dann goß er sich eine Tasse Kaffee ein, seine Mutter hatte grade den Frühstückstisch gedeckt, und nahm am Tisch Platz.

      »Was hast du heute nacht gemacht?« wollte seine Mutter wissen. »Dabei siehst du gar nicht aus, als wenn du nicht geschlafen hättest.«

      »Du weißt doch, wenn mir was gelingt, kann ich unendlich lange arbeiten, ohne daß ich nur eine Spur müde werde…!«

      Seine Mutter nickte. »Das ist wohl wahr. Was ist dir denn gelungen?«

      »Ich glaub, ich bin meine Sperre los«, antwortete Sebastian.

      Johanna Heller goß sich grade Kaffee ein und hielt mitten in der Bewegung inne.

      »Meinst du deine Sperre, andere Gesichter als das von Hanna zeichnen zu können?« Mit großen Augen sah sie ihren Sohn an.

      Der nickte. »So ist es…!«

      Da schloß seine Mutter einen Moment lang die Augen und atmete tief durch.

      »Ich hab’s mir so sehr für dich gewünscht«, sagte sie, »und als ich Josie das erste Mal gesehen hab’, da hab’ ich schon gemeint, daß sie den Knoten lösen könne. Es muß halt ein Madel kommen, das dich mehr beschäftigt als die Erinnerung an Hanna.«

      »Ich werd’ gleich zu Josie fahren«, sagte Sebastian. »Wir sollen ihren Bruder besuchen. Das… das werden wir vielleicht am Wochenende tun.«

      »Ach, Junge…!« Johanna fuhr ihrem Sohn mit einer zärtlichen Geste über den Kopf. »Ich hab’ gewußt, daß es wieder gut wird, auch wenn es mal eine Zeit gab, wo ich nimmer dran geglaubt hab’. Ich freu’ mich so sehr für dich.«

      Sebastian brachte sein Frühstück schnell zu Ende, dann stand er auf.

      »Ich dusch’ rasch«, sagte er, »dann fahr’ ich hinauf zum Bergerhof. Irgendwann heut’ komm’ ich dann mit Josie wieder herunter.«

      Als er zwei Stunden später am Bergerhof ankam, begrüßte ihn Luise mit einem freundlichen Lächeln.

      »Servus, Sebastian«, sagte sie, »dir scheint’s gut zu gehen, oder irr’ ich mich?«

      Sebastian lachte. »Nein, du irrst dich net, mir geht’s gut.«

      »Und das hat was mit Josie zu tun, oder?« Die Seniorchefin des Bergerhofs sah den jungen Burschen fragend an.

      Der nickte. »Es hat sogar entscheidend mit Josie zu tun.«

      »Sie ist ein ausnehmend nettes Madel«, sagte Luise, dann zeigte sie zum Steig, der hinauf zur Barbara-Kapelle führte. »Ich mein’, ich hätt’ sie eben dort hinaufgehen sehen.«

      Sebastian bedankte sich, und wenig später ging auch er den Weg in Richtung Barbara-Kapelle.

      Josie saß auf der neu installierten Bank reichlich hundert Meter unterhalb der Kapelle, von dort hatte man ungehinderte Sicht nach Südosten, wo Nebelhorn, die beiden Seeköpfe und an der Grenze zu Tirol der Hochvogel zum Greifen nah schienen.

      Josie begrüßte Sebastian mit einem zärtlichen Kuß, dann zeigte sie neben sich.

      »Früher hab’ ich immer gelächelt, wenn wer gesagt hat, daß man in den Bergen dem Herrgott näher ist«, sagte sie, »grad’ jetzt in dem Moment spür’ ich ihn um mich herum, wie ich ihn nie gespürt hab’.«

      Dann nahm sie Sebastians Hand, und schweigend saßen sie eine Weile nebeneinander.

      »Josie…?«

      »Ja?«

      »Ich hab’ drüber nachgedacht, was du gesagt hast.«

      »Was hab’ ich denn gesagt?« Josie sah Sebastian aufmerksam an.

      »Daß man möglicherweise nur die Heilige Barbara als Heiligenfigur an die Wand der Kapelle malen sollt’«, antwortete der.

      »Aha…!«